Der Himmel hat jetzt eine Stimme
Der Himmel hat jetzt eine Stimme
„Keine bekannte Ursache. Keine bekannte Heilmethode. Lebenslang“
Die Diagnose Autismus ist für die Familie Cullen ein schwerer Schlag. Ihr fröhliches, aufgewecktes und ...
Der Himmel hat jetzt eine Stimme
„Keine bekannte Ursache. Keine bekannte Heilmethode. Lebenslang“
Die Diagnose Autismus ist für die Familie Cullen ein schwerer Schlag. Ihr fröhliches, aufgewecktes und an allem interessiertes Kind entwickelt Verhaltensweisen, die seine Großeltern argwöhnisch machen. Bald bemerken auch Tahni und Joe Cullen, dass ihr knapp zweijähriger Sohn sich anders zu verhalten beginnt und zu alledem auch noch seine Sprache verliert. Die ärztlichen Untersuchungen und Therapien kosten dem jungen Ehepaar nicht nur eine Menge Geld, sondern auch sehr viel Kraft. Ihre Ehe und Joes Glaube, werden auf eine harte Probe gestellt. Mit einem Intensiv-Programm der Rapid-Prompting-Methode offenbart sich erstmals die Möglichkeit, zu ihrem Sohn durchzudringen. Und plötzlich offenbart Josiah Fähigkeiten, die seine Eltern und sein gesamtes Umfeld sprachlos machen. Durch die Kommunikation über ein Tablet erfahren sie vom scharfen Verstand ihres Sohnes und dessen geistlichen Begegnungen. Josiah berichtet nämlich von seinen Erlebnissen mit Jesus und hat Kenntnis von Dingen, die er im Grunde unmöglich wissen kann. Josiah übermittelt Botschaften aus dem Himmel und bezeichnet sich selbst als „brillantes Sprachrohr Gottes“, das von dessen Feuer erleuchtet wird. Der Name Josiah bedeutet schließlich auch „Gottes Feuer“. Tahni ist Diakonin und glaubt fest daran, dass die Worte ihres Sohnes eine klare Botschaft von Gott darstellen.
Die Entwicklungsstörung „Autismus“ und die ganz besonderen Fähigkeiten der Betroffenen haben mich seit jeher fasziniert und auch bei dem vorliegenden Buch sofort mein Interesse geweckt. Leider hatte diese Lektüre jedoch einen etwas eigenartigen Beigeschmack für mich.
Achtung – Spoiler!
Da es mir nicht möglich ist, meine Bewertung zu begründen, ohne diese Gründe auch zu konkretisieren, möchte ich hiermit ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich nachfolgend relevante „störende“ Aspekte dieses Buches anführe, dadurch jedoch jemandem den Lesegenuss trüben könnte.
Was bei mir allergrößte Skepsis hervorrief waren die ganz konkreten Beschreibungen, in denen Josiah beispielsweise auf die äußere Erscheinung von Jesus Christus eingeht („er ist Bartträger, hat die Statur von Männern, die schwer trainieren, blaue Augen, trägt eine Krone und teure Königskleidung“). Zudem berichtet der Junge, dass er jede Nacht im Himmel ist, in einer Schulklasse von Jesus Christus persönlich unterrichtet wird, Renoir beim Malen zusieht und Abraham Lincoln „da oben trifft“. Er sagt, dass alle Verstorbenen eine Villa im Himmel bekommen und von ihren riesigen Terrassen aus die Erde betrachten. Er spricht von geliebten Tieren und Dingen wie Puppen, Möbel, Schuhen, Klaviere, Klettergerüste, die man auf Erden geliebt hat und auch im Himmel haben wird. Er erzählt von der „Apfel-Mutproben-Fabrik“ und den Positionen, die seine verstorbenen Familienmitglieder und Vorfahren dort inne haben.
Besonders in der zweiten Hälfte des Buches werden zunehmend längere Passagen von Josiahs Worten wiedergegeben. Angesichts des Inhalts und der Wortwahl kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Aussagen von einem kleinen, autistischen Jungen kommen, der nicht sprechen kann und dem keine schulischen (oder gar theologischen) Lerninhalte vermittelt werden konnten.
Fazit: Dieses Buch zu beurteilen ist mir nicht leicht gefallen. Einerseits würde ich sehr gerne glauben, was dieser kleine Junge schreibt. Ich bin auch tief beeindruckt von dem Kampfgeist der Mutter, die ihr autistisches Kind nicht aufgegeben hat, sondern es mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt. Ich war – und bin – ehrlich gesagt ein wenig verunsichert aufgrund der Tatsache, dass Autisten manchmal tatsächlich nachweislich außergewöhnliche Fähigkeiten entwickeln. Ich möchte mir auch nicht anmaßen zu beurteilen, ob dies bei Josiah Cullen zutrifft. Faszinierend fand ich jene Passagen, in denen Josiah Dinge erzählte, von denen er nichts wissen konnte. Angesichts der oben angeführten detaillierten Beschreibungen war es für mich dennoch äußerst schwer, dieser Geschichte Glauben zu schenken.