Gemeinschaftswerk, das auf wahren Ereignissen basiert
Der Grund für die Entstehung dieses Werkes war ein durchaus tragischer: Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009, welcher zur Zerstörung oder Beschädigung zahlreicher historischer Texte von unschätzbarem ...
Der Grund für die Entstehung dieses Werkes war ein durchaus tragischer: Der Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009, welcher zur Zerstörung oder Beschädigung zahlreicher historischer Texte von unschätzbarem Wert führte. Der Autorenkreis Quo Vadis sah sich veranlasst, ebenfalls einen Beitrag zu den Restaurierungsarbeiten zu leisten und übernahm schließlich die Patenschaft für die Gerichtsdokumente zum Fall der Agnes Imhoff. Folgerichtig wurde auch der vorliegende Roman, an dem insgesamt zwölf Autorinnen und Autoren beteiligt waren, von diesen wahren Ereignissen inspiriert:
Im Köln des Jahres 1534 erregt ein Gerichtsverfahren die Gemüter. Die Witwe Agnes Imhoff soll für Schulden haftbar gemacht werden, die ihr verstorbener Mann eingegangen war. Nach damaliger Rechtslage eigentlich nicht möglich, doch gerade das macht den Fall so brisant. Dazu kommt noch, dass es sich bei Agnes um eine schillernde Persönlichkeit handelt, bezüglich deren Eigenschaften die Meinungen stark auseinander gehen.
Doch nur wenige wissen, dass der Ausgang des Prozesses eigentlich von vornherein feststeht, da unter anderem der Richter und selbst Agnes Anwalt von mächtigen Personen beeinflusst werden.
Der(rechts)geschichtliche Hintergrund dieses Romans ist sehr interessant. Dass eine Frau früher nicht für die Schulden ihres Mannes verantwortlich gemacht werden konnte, wusste ich noch nicht. Zumindest ein Punkt, bei dem es auch Vorteile hatte, dass Frauen nicht als geschäftsfähig angesehen wurden, wenngleich dies auch Gaunern ihre Tätigkeit erleichtert haben dürfte…
Natürlich haben sich die Autoren bei der Darstellung der historischen Fakten einige Freiheiten genommen, teilweise werden diese aber zumindest im Nachwort erklärt.
Generell ist ein solches Gemeinschaftswerk ja eine gewisse Herausforderung und ich bin da meistens auch etwas skeptisch. Hier ist die Umsetzung aber alles in allem ganz gut gelungen.
Die Geschichte wird nacheinander aus der Sicht vieler verschiedener Personen erzählt, wobei eben jeder Autor eine davon übernommen hat. Dies hat den Nachteil, dass man jede Figur nur kurz kennen lernt, obwohl viele es verdient hätten, genauer ausgeleuchtet zu werden, und dass nicht alle eine gleich große Bedeutung für die Handlung haben. Auch bleiben ein paar Ungereimtheiten und Widersprüche.
Alles in allem stellen sich aber sämtliche Autoren in den Dienst des „größeren Ganzen“, sodass der Roman insgesamt eine runde Sache ist. Selbst die unterschiedlichen Schreibstile machen sich relativ wenig bemerkbar.
Wirklich viel Spannung will jedoch nicht aufkommen, die wesentlichen Ereignisse und Entwicklungen sind ziemlich vorhersehbar.
Nichtsdestotrotz ein lesenswertes Buch. Ich kann es Fans historischer Romane, die mal ein „Experiment“ wagen wollen, durchaus weiterempfehlen.