Inhalt:
Eigentlich ist Lisa ganz glücklich. Ihre Freizeit verbringt sie gerne auf dem Pferdehof ihres besten Freundes Tom, gemeinsam mit ihrem Kaltbluthengst Heinrich. Hier findet sie Ruhe und Erholung. Ein kleiner Klönschnack mit Toms Opa, ein wenig Abschalten von der Arbeit als Physiotherapeutin mit Stallarbeit. Das ist alles, was Lisa braucht.
Mit Beziehungen hingegen hat Lisa nicht viel im Sinn. Wenn sie Sorgen hat, so vertraut sie die gerne Heinrich an. Denn Heinrich und Lisa sind sich, was Stolz und Sturheit angeht, sehr ähnlich. Nur die Familie und die beste Freundin, „Tantra-Anke“, die gerne mal das Universum um Rat fragt, sind da ganz anderer Meinung. Sie finden, dass Lisa, sich endlich mal einen Mann suchen sollte.
Beim Familienessen trifft Lisa dann auch auf einen Schotten namens Joe. Lisa interessiert sich mehr für den Titel des englischen Ebooks, welches der junge Mann liest, als für den Besitzer selbst. Mit ihrer tolpatschigen Art gelingt es ihr dann allerdings bald ungewollt Kontakt zu knüpfen. Bald fühlt sich Lisa an Joe, einen alten Klassenkameraden, erinnert. Der Fremde ähnelt dem Jungen, der ihr einst die Haare verbrannte. Dem Außenseiter mit Schulproblemen.
Ab diesem Zusammentreffen geht Lisa Joe einfach nicht mehr aus dem Kopf. Und auch Anke hat sich vorgenommen, gemeinsam mit dem Universum einen Plan zu schmieden, der dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge helfen soll.
Wichtigste Charaktere:
Der stoische und sture Kaltblüter Heinrich sorgt auf dem Pferdehof für allerhand Trubel. Kein Hindernis ist ihm zu groß, um an das teure Spezialfutter der Nachbarbox zu gelangen. Toms Hustenbonbons liebt er über alles, auch wenn er danach ständig mit Blähungen zu kämpfen hat. Aber was stört es den Hengst mit den Hufen so groß wie Suppenterinen, dem Hintern so breit wie ein Sofa und dem Gemüt eines störrischen Esels, wenn seine Besitzerin die Nase rümpft oder mal wieder etwas reparieren muss, was „versehentlich“ kaputt gegangen ist?
Selbst Tom, der eigentlich die Ruhe in Person und unglaublich harmoniesüchtig ist, verliert bei Heinrichs Allüren gelegentlich mal die Fassung. Die Streitereien zwischen seiner langjährigen Freundin Sandy, die eigentlich nichts mit Pferden am Hut hat und auch nicht gerade pfiffig ist und Lisa, die Sandy gerne mal die Stirn bietet, erträgt er mit Fassung.
Lisa wird nicht selten mit einer Walküre verglichen. Ihre Statur, ihre bissigen Kommentare und ihr robustes Auftreten sorgen dafür, dass Männer ihr mit Skepsis begegnen. Bei Familienfeiern ist es Tradition, dass Lisa am Kindertisch sitzt. Doch Lisa sagt auch klar, was Sache ist, wenn ihr etwas nicht passt.
Lisas beste Freundin Anke arbeitet in einer Beschwerdestelle. Ein Job, der schon viele ihrer Kolleginnen in den Burn-Out getrieben hat. Nicht so Anke, die mit einer absolut naiven Art, ihrem Verständnis für alles Gute und Böse, dass das Universum zu bieten hat und ihrem offenen Ohr für jeden, stets ihre gute Laune bewahrt. Ihren Frieden findet sie in meditativem Singsang und im Gesprächskreis der Tantra-Gruppe.
Schreibstil:
Durch einen Poetryslamwettbewerb bin ich auf die Autorin Tina Wolff aufmerksam geworden. Zu einem Pferderoman hätte ich vermutlich sonst nicht gegriffen. Doch der Humor und die sympathische Ausstrahlung der Autorin weckten meine Neugier. Pferdefrauen ticken anders ist ein Buch, das ohne große Konflikte sehr gut auskommt. Liebevoll gestaltete Charaktere und ein Leben auf dem platten Lande bieten genügend Potential für diese humorvolle Geschichte.
Die Autorin selbst kommt aus Niedersachsen, irgendwo zwischen Moor und Heide, und weiß wovon sie spricht, wenn sie von einer Protagonistin erzählt, deren Liebe einem dicken Halbbluthengst namens Heinrich gehört oder wenn der Opa mit seinem Gehwägelchen vorbeischlurft und auf Plattdeutsch kurz und knapp seine weisen Ratschläge unters Volk bringt.
Überhaupt sind es die Charaktere, die in diesem Buch für humorvolle Situationen sorgen. Während Tantra-Anke stets die Ruhe in Person ist und mit ihrem Singsang Kontakt zum und Hilfe vom Universum sucht, schimpft Lisa schon eher mal über die Probleme des Lebens. Gemeinsam fliegen die beiden Freundinnen jedes Jahr nach Gran Canaria, um dort ein wenig vom Alltag abzuschalten, ein gutes Buch zu lesen und die Sonne zu genießen. Doch in diesem Jahr ist alles etwas anders. Denn Miguel, der Ankes geerbtes Ferienhaus über das Jahr hinweg hütet, verkündet bei der Ankunft, dass weder die Toilette, noch der Strom funktionieren. Anke nimmt diese Tatsache gelassen hin, doch Lisa wundert sich. Das Licht im Kühlschrank geht sehr wohl und Miguel fährt ein teures Auto, welches er sich nach seiner finanziellen Selbstauskunft doch gar nicht leisten könnte. Etwas ist faul und Lisa ist bereit Nachforschungen anzustellen. Und dann taucht auch noch der Schotte Joe mit seiner Familie am Urlaubsort auf. Ein Zufall oder doch ein abgekartertes Spiel? Währenddessen hat Tom allerhand mit Heinrich zu tun, denn der geht, wie immer seinen eigenen Weg und strapaziert die Nerven seines neuen Stallburschen mit kleinen Schikanen so gut er kann.
Fazit:
Pferdefrauen ticken anders, ist ein norddeutscher Roman. Lisa ist eine Heldin nach norddeutschem Herzen, etwas tollpatschig, etwas liebenswert, etwas reserviert: So ganz wie wir hier oben. Der Roman ist durchaus originell geschrieben. Ebenso macht das mitgelieferte Lokalkolorit die Lektüre unterhaltsam und authentisch.
Wörter wie Klönschnack oder tüddeln kennt man hier. Zu Beerdigungen wird Butterkuchen serviert. Es wird nicht viel drumrumgeredet, sondern angepackt. Gemeinsam mit Lisa der Walküre, Heinrich dem stoisch sturem Halbbluthengst, dem harmoniesüchtigen Tom und Tantra-Anke, begibt sich der Leser in diesem Roman auf ein Abenteuer der besonderen Art. Es gilt einen Freund für Lisa zu finden, die eigentlich mit Heinrich an ihrer Seite bislang immer sehr glücklich war. Darüber hinaus ist ein Trickbetrüger dingfest zu machen und dem Universum ist die Stirn zu bieten.
Ich hatte ein paar sehr humorvolle Stunden mit diesem Roman und möchte nun ein Pferd haben. Und zwar genauso eines wie Heinrich, den Kaltbluthengst mit den Hufen so groß wie Suppenterinen, dem Hintern so breit wie ein Sofa und dem Gemüt eines störrischen Esels, der ständig pupst und gerne bockt, wenn man auf ihm reitet, der Hustenbonbons liebt und einfach der perfekte Mann fürs Leben ist.
Buchzitate:
Heinrich, das war ein stoffeliges Kaltblutpferd mit einer unterirdischen Arbeitsauffassung. Sein braunes Fell glänzte in der Spätsommersonne, die lange Wuschelmähne ließ er gekonnt im Wind wehen, er pupste unverdrossen und bockte durch die Reitbahn, weil er davon ausging, dass seine Herrin auf seinem Rücken das genauso toll fand wie er.
„Anki“, setzte Lisa an, „ich bin heute Abend zu nix zu gebrauchen. Ich habe vielleicht einen doofen Tag hinter mir.“ „Mmmmh-mmmmhhmmm, lass es raus Lisa. Mmmmhhmm“, summte Anke.