Cover-Bild Dshamilja
5,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Belletristik - Liebesroman: Zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 12.12.2017
  • ISBN: 9783518750643
Tschingis Aitmatow

Dshamilja

Erzählung
Gisela Drohla (Übersetzer)

Im zentralasiatischen nordöstlichen Kirgisien, irgendwo im Tal des Kukureuflusses, im Sommer des dritten Kriegsjahres 1943, hat sie sich abgespielt, »die schönste Liebesgeschichte der Welt« (Aragon). Said, der damals Fünfzehnjährige, der nicht wußte, wie Liebe sich zuträgt, erzählt sie mit großem Erstaunen.
»Hier, in diesem hochmütigen Paris, das alles gesehen, alles gelesen, alles erlebt hat, merke ich plötzlich, daß mir Werther, Bérénice, Antonius und Kleopatra, Manon Lescaut, die Education sentimentale oder Dominique nichts bedeuten, weil ich Dshamilja gelesen habe«, schreibt Louis Aragon in seinem Vorwort.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.07.2019

Ein lesenswerter Klassiker der Weltliteratur: Melancholisch, authentisch und voll träumerischer Süße!

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Dieses Buch sei "die schönste Liebesgeschichte der Welt", versichert Louis Aragon in seinem leidenschaftlichen Nachwort. Wenn das kein Grund ist, zur knapp 80seitigen Novelle des russischen Autors Tschingis ...

Dieses Buch sei "die schönste Liebesgeschichte der Welt", versichert Louis Aragon in seinem leidenschaftlichen Nachwort. Wenn das kein Grund ist, zur knapp 80seitigen Novelle des russischen Autors Tschingis Aitmatow zu greifen, welche der Unionsverlag so wundervoll mit Worterklärungen, Vorwort und Nachwort ausgerüstet hat... Und wirklich: diese Geschichte regt zum Träumen an und erzählt melancholisch und voll träumerischer Süße von der Kraft der Liebe, die sich über alles hinwegsetzt.


Erster Satz: "Da stehe ich nun wieder vor dem kleinen Bild mit dem schlichten Rahmen."


Seït, der Ich-Erzähler der Novelle, erinnert sich angesichts eines von ihm gemalten Bildes an die Geschichte seiner ersten Liebe Dshamilja, welche den scheuen Soldaten Danijar beim täglichen Getreidetransport zum Bahnhof kennenlernt. Da ihr Mann an der Front des Zweiten Weltkriegs kämpft, wie alle anderen Männer ihres Dorfes, des Ails, muss die junge, kräftige Frau ordentlich schuften, um für Verpflegung an der Front zu sorgen. Für den hinkenden, träumerischen Frontheimkehrer, welcher von allen gemieden wird, hat sie nur Spott übrig - bis er in einer magischen Augustnacht während der Heimfahrt zu singen beginnt: von der Steppe, der Sehnsucht nach seiner Heimat und seiner Liebe...


"Als der letzte Nachhall des Liedes schon zu verklingen schien, weckte ein neuer, schwingend aufsteigender Einsatz die schlummernde Steppe. Und sie hörte dem Sänger dankbar zu, dessen ihr vertraute Melodie sie liebkoste.“


So werden wir Zeuge einer jungen, verbotenen Liebe, die sich über die Schranken der Gesellschaft hinwegsetzt. Besonders mitreißend macht dies der Fakt, dass der Roman auf einer wahren Begebenheit basiert und aufgrund des Entschlusses des Autors, die Liebe über moralische Konventionen zu stellen, harsche Kritik eingefahren hat. Da der Erzähler noch ein Kind ist, kann man die unschuldige Sicht der Liebe nicht verurteilen und bekommt beiläufig ein wunderbares Bild seiner kirgisischen Heimat vermittelt. Die weite Steppe, wehende Gräser, ein tosender Fluss, hohe Berge, wilde Pferdeherden, weidendes Vieh, einfache Nomadenjurten - die Landschaft ersteht lebendig vor dem Auge des Lesers auf und so wird die kurze Geschichte durch aussagekräftige Bildern untermauert. Auch wenn die Novelle schon einige Jahre auf dem Buckel hat, schreibt Tschingis Aitmatow zeitlos und seine sanften Worte treffen immer noch ins Herz des Lesers.


„Wozu auch reden, mit Worten kann man nicht alles sagen.“



Der Höhepunkt des Sommers 1943 ist die strahlende Augustnacht, in der der verschlossene Träumer zu singen beginnt und damit nicht nur Dshamilja das Herz öffnet und Seït zur Kunst inspiriert sondern auch den Leser tief berührt. So ist diese Geschichte auch ein wenig ein poetischer Ausdruck der Liebe zu einer für den Autor verlorenen Heimat.


"Das war ein Mensch, der eine tiefe Liebe in sich trug. Keine Liebe, das fühlte ich, wie man sie für einen anderen empfindet, sondern eine weit größere, die Liebe zum Leben, zur Erde. Ja, er verwahrte diese Liebe in sich, in seiner Musik, er lebte durch sie. Ein gleichgültiger Mensch hätte niemals so singen können."


Spannend ist auch, dass nebenbei die Gesellschaft der Kirgisen porträtiert wird, die es heute so nicht mehr gibt. Unter der Sowjetherrschaft zwangsläufig sesshaft gewordenen stehen sie zwischen den Welten, zwischen Tradition und Neuerung, Glauben und Mythen, Jurten und Häusern, Ehre und Freiheit. Wir erfahren hier ein stolzes Volk, das sich der Kollektivierung zwar beugt, alte Bräuche aber noch im Privaten aufrechterhält. "Dshamilja" ist also nicht nur eine schöne Liebesgeschichte (ob es wirklich die schönste ist, will ich mich nicht festlegen), sondern auch eine Liebeserklärung an die Heimat des Autors und ein Porträt einer Gesellschaft im Umbruch.


Fazit:


Eine wundervoll zeitlose Novelle, die zum Träumen anregt und mit aussagekräftigen Bildern untermauert von der Kraft der Liebe erzählt, die sich über alles hinwegsetzt.
Ein lesenswerter Klassiker der Weltliteratur: Melancholisch, authentisch und voll träumerischer Süße!

Veröffentlicht am 28.11.2017

Eine leise Novelle über die große Liebe

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Dshamilja erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die eine Entscheidung fürs Leben trifft.
Sie ist bereits verheiratet, kann mit ihrem Ehemann, der als Soldat an Front ist, aber wenig anfangen. Erst ...

Dshamilja erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die eine Entscheidung fürs Leben trifft.
Sie ist bereits verheiratet, kann mit ihrem Ehemann, der als Soldat an Front ist, aber wenig anfangen. Erst der schüchterne Danijar erobert Stück für Stück ihr Herz und zeigt ihr, wie die Liebe sein kann.

Erzählt wird dieser kurze Roman von dem 15-jährigen Said, ihrem Schwager. Er ist für sein Alter noch recht unbedarft was die Liebe angeht und beschreibt aus einer staunenden, kindlichen Perspektive von den Entwicklungen, die er beobachtet.
Dabei kommt die Liebesgeschichte eher unterschwellig daher. Hauptsächlich lernen wir etwas über die Lebensumstände der damaligen Zeit in Kirgisistan und die Liebe zu diesem hier wenig beachteten Land.

Der Roman ist leise und gefühlvoll, obwohl er die meiste Zeit eher nüchtern von der täglichen Plackerei erzählt. Die größte Liebesgeschichte aller Zeiten, sowie es im Vorwort angepriesen wird, ist es für mich nicht. Trotzdem ist es ein Buch was mit wenigen Worten überzeugt.

Fazit:
Ein kleiner Einblick in ein Land und eine Liebe die viel Mut erfordert.