Und plötzlich ....
Ich wollte mich an einer historischen Roman herantrauen und da mir das Cover gefallen hat und Nähen ein interessantes Thema ist, habe ich es gelesen. Leider war der Erzählstil nicht meins.
Das Buch erschien ...
Ich wollte mich an einer historischen Roman herantrauen und da mir das Cover gefallen hat und Nähen ein interessantes Thema ist, habe ich es gelesen. Leider war der Erzählstil nicht meins.
Das Buch erschien 2015 unter dem Titel "Metropolis Berlin - Champagner, Charleston und Chiffon"
Worum geht es?
Elly kommt aus einer Kleinstadt nach Berlin und arbeitet dort beim Kleider-An-und Verkauf Rosenstern. Als der Eigentümer stirbt, wird der Laden zum Modeatelier. Parallel dazu arbeitet sie im renomierten Modekaufhaus "Goldstein & Lange". Außerdem lernt sie den Ex-Kameramann und Firmenchef Joachim kennen. Aber was ist mit dem Personalchef Armin? Für wen entscheidet sie sich?
Die Charaktere
Die Figuren bilden ein buntes Pottpurri: Ellys Bruder Viktor, der keinen Job halten kann, das Pärchen Henriette (ruppig und frech) und Olga (ruhiger), die resolut-mütterliche Ruth Perlmann, die die Vorführdamen im Kaufhaus betreut. Dazwischen Journalistin Martha (mit Geheimnis) und eine mysteriöse Fotografin. Und Filou Armin und der schüchterne Joachim.
Alle Figuren sind einprägsam und haben Auftritte, aber leider keine Geschichten, abgesehen von Viktor. Außerdem habe ich Joachim/Achim und Armin manchmal verwechselt, weil sich die Namen ähneln.
Elenore ist schüchtern und naiv, sie denkt sehr, sehr viel. Sie begeistert sich für Mode - manchmal mehr als ihr Umfeld Komisch fand ich, dass sie sich sehr schnell zum Akt überrumpeln lässt.
Das Flair
Die Schilderung der Historie hat mir sehr gut gefallen - Markennamen und Persönlichkeiten werden genannt, aber nicht betont, sodass man mehr in der Handlung denn als Beobachter wirkt. Das ist sehr gut gelungen!
Berlin wirkt offen, aber der Kontrast zur "Spießigkeit" wird besonders am Ende deutlich. Das war spannend! Außerdem wird die aufkommene NSDAP kurz aufgegriffen bzw. Politisches diskutiert. Gut fand ich, dass das "Sündige" nur an wenigen Stellen erwähnt wird, der Text ist nicht zu düster.
Dramaturgie / Erzählstil / Schreibstil
Der Roman ist interessant geschrieben und nimmt im letzten Drittel Fahrt auf. Das passt, aber ich hätte mir gewünscht, dass manche Ereignisse noch besser geplant sind. Vieles hat sich überschlagen. Außerdem wünsche ich mir mehr Schwerpunkte z.B. die Reimann-Schule und das Leben im Laden. Das Buch wirkt nicht gehetzt, aber es gibt wenig, an dem man sich festhalten kann.
Was mich sehr gestört hat ist, dass viele Absätze abgeschnitten wirken - die Szene wird nicht ausgeleitet, sondern nach dem Wichtigsten wird zur nächsten Szene geblendet. Erinnerte mich an einen alten Film. Außerdem gibt es plötzliche Szenenwechsel und Zeitsprünge.
S. 79/80: [Dialog zwischen Martha und Joachim] "'Nur hilft dir das im Moment wohl kaum weiter.' [Leerzeile] Zurück in seinem Büro, fand Lange eine handgeschriebene Notiz auf seinem Schreibtisch vor:"
S. 207: [Dialog zwischen Elly und einer Kundin] "'Ja. Sie haben genau die richtige Figur dafür!' Während Elly, Olga und Henriette sich gemeinschaftlich über 'Jabuschs gute Wurst' hermachten, saß Martha Goldstein mit knurrendem Magen im Adlon und studierte zum x-ten Mal die Speisekarte."
Schwierigkeiten hatte ich bei einer Szene am Anfang, als Elly das erste Mal mit Armin spricht und sich der Dialog in rascher Folge mit Beschreibungen und ihren Gedanken wechselt. Es war schwer, dem zu folgen.
Und das Ende wirkt plump.
Mir fehlt im Text oftmals Rhythmus. Es fehlt Ruhe, es fehlt Genießen.
Gut gefallen hat mir, dass alte Wörter verwendet werden, aber der Text nicht "alt" wirkt, sondern gut lesbar ist. Die Sprache ist sanft.
Außerdem mochte ich, dass Henriette im ganzen Roman Berliner Dialekt spricht. Ich habe das bisher kaum in Texten gelesen und ich fand das sympatisch. Ich hatte kein Problem damit, das Gesagte zu verstehen. Wer mit Dialekten Probleme hat, für den könnte das aber anstrengend werden.
Fazit
"Rosenstern" hat einen interessanten Ausgangspunkt und viel Liebe zur Materie. Ich fand den Schreibstil angenehm und nicht überladen. Erzählerisch fehlt mir einiges, ich bin bei Szenenenden oft aus dem Takt gekommen. Und es fehlen manchmal Details. Ich denke, mit doppelt sovielen Seiten hätte man mehr erzählen können.