Ich bereits "In diesem Sommer"gelesen und weil es mir - trotz einer gewissen Ereignisarmut - gut gefallen hat, wollte ich auch dieses Buch von Veronique Olmi lesen, das mit seinem Titel "Das Glück, wie es hätte sein können" einiges an dieser typisch französischen Stimmung zu vermitteln verspricht. In der Tat ist der neue Roman von Olmi durchtränkt von der "tristesse" oder Melancholie, wie wir sie aus französischen Filmen und der literarischen Tradition Frankreichs kennen: das Leben wird immer mit einer gewissen Bitterkeit gesehen und wo Fröhlichkeit, Liebe und Fülle ist denkt man doch auch immer kurzzeitig an deren Vergänglichkeit. In "Das Glück, wie es hätte sein können" wird eine kurzzeitige Liaison zum reinigenden Gewitter, zur Explosion, die das Leben von drei - eigentlich sogar mehr - Menschen für immer verändert. Suzanne, die bodenständige Klavierstimmerin, lernt über ihren Beruf den alternden Immobilienjongleur Serge kennen. Zunächst eigentlich das teure Klavier, das für seinen untalentierten Sohn von seiner Frau Lucie angeschafft wurde. Zunächst beschreibt Olmi in kurzen, momentaristisch geprägten Kapiteln, wie das Leben von Serge und Suzanne abläuft, wie sie im Alltag sind...dann läuft es langsam auf die Begegnung der beiden zu, die die Initialzündung zu ihrer Affäre sein wird. Aus dem "menage a quatre"-Roman wird aber immer mehr die Selbstfindungsgeschichte des 60jährigen Serge, der Suzanne mit seinen Lebenslügen konfronitiert...
Das Buch ist literarisch hervorragend, von der Thematik her aber eher schwer und zuweilen beliebig. Tausendmal schon gehört man man eine solche Geschichte zu haben, die Vorgeschichte von Serge wirkt stellenweise sehr konstruiert und man wähnt sie einem Groschenroman entnommen zu haben. Trotz der etwas seichten Story ist das Buch aber von einer besonderen Intensität, die vor allem durch die Beschreibung kleiner Details und eindrücklicher Szenereien zustande kommt. Man wähnt sich wirklich an einem Herbsttag in Paris, dieses spezielle Licht, der Geruch, die Atmosphäre in den Straßen - man meint sie wirklich zu spüren. Veronique Olmi ist eine hervorragende Autorin und diese Geschichte, die das Leben spielt, ist eigentlich auch genau ihre Thematik, wenn die theatralisch-pathetische Vorgeschichte wenig abgeschwächter wäre, würde ich volle 5 Sterne geben.
Eine Anmerkung noch zum Titel: Interessant ist, dass der französische Titel "Nous étions faits pour être hereux" übersetzt eigentlich "Wir sind dazu gemacht, glücklich zu sein" und nicht "Das Glück, wie es hätte sein können." Was sagt uns die freie Übersetzung? Dass die Franzosen vielleicht bei aller tristesse doch optimistisch(er) sind?