Cover-Bild Hotel Iris
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Aufbau TB
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 18.07.2016
  • ISBN: 9783746632216
Yoko Ogawa

Hotel Iris

Roman
Ursula Gräfe (Übersetzer), Kimiko Nakayama-Ziegler (Übersetzer)

Die dunkle Welt des Begehrens Die junge Mari macht eines Tages die Bekanntschaft eines deutlich älteren, faszinierenden Mannes. Sie folgt ihm auf eine einsame Insel, wo er an der Übersetzung eines Romans arbeitet, dessen Heldin ein grausames Ende findet – genau wie seine eigene Frau Jahre zuvor. Mari verstrickt sich immer tiefer in eine dunkle Beziehung mit ihm, voller Schmerz, aber auch voller Lust. Doch dann droht die Situation zu eskalieren. “Ogawa ist originell, elegant – und sehr beunruhigend.” Hilary Mantel „Ogawa spielt mit der Kraft der Sprache.“ Publishers Weekly

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.03.2023

Für mich eines der besten Werke Yoko Ogawas!

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Die jugendliche Mari arbeitet im Hotel ihrer Mutter am Meer. Eines Abends macht eine Prostituierte einen großen Aufstand und schreit vulgär durch die Gänge. Aus dem Zimmer, aus dem die Prostituierte geflohen ...

Die jugendliche Mari arbeitet im Hotel ihrer Mutter am Meer. Eines Abends macht eine Prostituierte einen großen Aufstand und schreit vulgär durch die Gänge. Aus dem Zimmer, aus dem die Prostituierte geflohen ist, ertönt die durchdringende Stimme eines Mannes mit den Worten:“Schweig, Hure!“
Mit diesen Worten beginnt die Faszination Maris für den deutlich älteren Mann. Als sie ihn in der Stadt zufällig wiedersieht, entschließt sie sich ihm heimlich zu folgen, was ihm aber nicht verborgen bleibt. Er spricht sie an, und aus Interesse aneinander verbringen sie Zeit zusammen. Sie verabreden sich an einem folgenden Tag. Mari erfährt, dass der alte Mann Übersetzer ist und Texte aus dem Russischen ins Japanische übersetzt. Maris Faszination für den Mann lässt sie ihn auf die kleine Insel folgen, auf der er wohnt.
Sonst ein sehr zugewandter, behutsamer, höflicher und freundlicher Mann ist das Haus auf der Insel sein Reich, in dem Mari sich ihm komplett unterordnet und beherrschen lässt. Anders als bei ihrer Mutter, deren Herumkommandieren sie als notwendiges Übel erträgt, empfindet sie in den Befehlen des Übersetzers eine sexuelle Lust. Was die beiden abgeschieden im Haus auf der Insel ausleben, könnte auch die Seiten einer BDSM-Novelle füllen. Das Besondere an Yoko Ogawas „Hotel Iris“ empfinde ich in der Vereinigung ihrer sonst üblichen unscheinbaren und bisweilen stillen Beschreibungen der Dinge in einem harten Kontrast mit dem intensiven vulgären Szenario dieser Geschichte.

Der ältere Mann, der Übersetzer, wird nie mit Namen erwähnt; er bleibt ein namenloser Herr. Der Gescichte ist dies sehr zuträglich, verstärkt es doch die ungleiche Rollenverteilung zwischen ihm und dem jungen Mädchen, das unvergleichliche Lust dabei empfindet sexuell von dem Mann erniedrigt und benutzt zu werden. Mit einigen Werken Ogawas bin ich bereits vertraut, es war jedoch äußerst erfrischend ihre eleganten, wohl platzierten Worte in dieser anrüchigen Konstellation eines dominant-devoten-Verhältnisses zu erleben. Dabei sind die Attribute auf ihre Weise bunt gemischt: Unschuld sowie Lust, davon haben beide ein wenig; Mari ist unerfahren und unschuldig in allen sexuellen Belangen, während der ältere Mann sich unerfahren und unbeholfen in der Welt bewegt.
Für mich neben „Der Herr der kleinen Vögel“ bisher eines der besten Werke Yoko Ogawas!

Veröffentlicht am 13.04.2018

Sprachlich fast teilnahmslos erzählt, fesselt die Geschichte mit Dramatik und verstörender Abhängigkeit Maris.

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Dieses Buch zog mich magisch in einen Lesesog. Auch wenn ich Maris Gefühle für den alten Übersetzter nicht verstehen kann und einige Szenen mir ekelhaft und abschreckend erscheinen, wollte ich dennoch ...

Dieses Buch zog mich magisch in einen Lesesog. Auch wenn ich Maris Gefühle für den alten Übersetzter nicht verstehen kann und einige Szenen mir ekelhaft und abschreckend erscheinen, wollte ich dennoch wissen, wie die Geschichte ausgeht.

Außerdem fasziniert mich die Ausdruckskraft der Erzählweise Ogawas. Die knappe, einfache und doch voller Sinnlichkeit fesselnde Sprache ist ein einziger Lesegenuss.

Dabei beschreibt dieses Buch echte Tabuthemen - Sado-Masochismus und Sexualität zwischen Partnern mit hohem Altersunterschied.
Hier erkennt man die beiden verlorenen Seelen. Da sind die zwei Seiten des alten Mannes und Maris Sehnsucht nach Liebe, die sie ihm entgegen bringt. Denn in seinen Briefen zeigt er sich voll verzehrender Liebe nach ihr, besucht sie ihn in seinem Haus, ist er der Bestrafer. Er will sich vergewissern, ob es ihn noch gibt. Sie geniesst die neu erweckte Lust und ein Leben neben ihrer Rolle als Tochter und Arbeitskraft.

Die perversen sexuelle Neigungen drücken den Schmerz beider Figuren aus, es wird aber niemals anzüglich oder obszön. Hier schafft Yoko Ogawa es, die unverständliche Zuneigung Maris auszudrücken.

Der Erzählstil in einer zurückgenommenen, knappen, fast kargen Sprache wirkt wie eine Beobachterrolle. Das erweckt einen kargen traurigen Eindruck, die Aussicht auf die herrische Mutter oder den kranken Alten, wo ist hier Hoffnung?
Ist es wirklich eine Liebesbeziehung oder fliehen hier zwei verlorene Seelen vor ihrem tristen Alltag?


Ein Roman, der abschreckt und dennoch fesselt, weil man lesen möchte, wie die Figuren enden.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schockierend, beklemmend und doch genial erzählt

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Mari ist 17. Die Mutter ist herrschsüchtig, dominant, gängelt Mari jede Minute. Lässt ihr keinen Freiraum. Maris Vater erging es ähnlich, er flüchtete in den Alkohol und kam ums Leben als Mari 8 Jahre ...

Mari ist 17. Die Mutter ist herrschsüchtig, dominant, gängelt Mari jede Minute. Lässt ihr keinen Freiraum. Maris Vater erging es ähnlich, er flüchtete in den Alkohol und kam ums Leben als Mari 8 Jahre war. Dennoch sind Maris besten Kindheitserinnerungen diejenigen, in denen ihr Vater und ihr Großvater eine Rolle spielten. Als ein wesentlich älterer Mann, der ihr Großvater hätte sein können, im Hotel Iris, dem Hotel ihrer Familie, nachts einen lautstarken Streit mit einer Prostituierten bekommt, der eskaliert, ist Mari nicht abgeschreckt, sondern fasziniert. Als sie ihm kurze Zeit später zufällig wiederbegegnet, entwickelt sich zwischen diesen beiden ungleichen Personen eine Beziehung der ganz besonderen Art. Mari lässt sich von ihm demütigen, sado-maso Spiele beflügeln ihre Lust. Immer weiter hinein gerät sie in den Strudel der fast unerklärlichen Anziehung zu diesem alten Mann........

223 Seiten, die durch die ganz besondere Erzählweise der japanischen Autorin Yoko Ogawa schnell gelesen sind. Faszinierend, wie sich das Geschehen langsam aufbaut, der Strudel, in den sich Mari verfängt, sie immer mehr an den Abgrund treibt. Erzählt wird in der Rückblende aus der Sicht von Mari, nüchtern berichtet sie, schonungslos und der Autorin gelingt es in die Haut der jungen, unbedarften, unerfahrenen und von der Dominanz der Mutter geprägten Protagonistin zu schlüpfen. Auch wenn man sich nicht mit ihr identifizieren kann, ja teilweise abgeschreckt von ihr ist, hat mich die Geschichte gefesselt. Die weiteren Protagonisten bleiben in ihrer Art weitgehend im Dunkel - was ihre Beweggründe waren, was ihre Vergangenheit, ihre Gefühle betrifft. Dies zeichnet sich schon an ihren fehlenden Namen ab - die Mutter, der Übersetzer, der Neffe, die Zugehfrau, namenlos, schattenlos und nur durch die Wahrnehumung von Mari dargestellt.

Viele Szenen dunkler Begierde gehen unter die Haut, schrecken ab, beunruhigen, sind aber dennoch irgendwie nüchtern und gefühllos beschrieben, so dass sie bizarr und mit der ausdrucksstarken Schreibweise der Autorin dennoch lesbar und ertragbar sind.

Fazit:
Ein gut gezeichnetes Psychogramm eines jungen Mädchens, das in einen dunklen Strudel aus Lust, Begierde und Schmerz gerät.
Schockierend, beklemmend und doch genial erzählt.