Ein Page-Turner mit unerwartetem Ende - für mich ein Highlight 2018!
Ich bin ohne große Erwartungen an diesen Thriller herangegangen – das ist meiner Meinung nach auch das Beste, was man bei einem Buch machen kann. Nur so kann man wirklich überrascht werden. Und in Bezug ...
Ich bin ohne große Erwartungen an diesen Thriller herangegangen – das ist meiner Meinung nach auch das Beste, was man bei einem Buch machen kann. Nur so kann man wirklich überrascht werden. Und in Bezug auf „The Woman in the Window“ ist „überrascht“ völlig untertrieben. Ich glaube, ich werde leider nie wieder ohne große Erwartungen an ein Buch von A. J. Finn herangehen können.
Denn: WOW. Dieser Thriller ist für mich bisher die größte Überraschung 2018. Ein wahres Highlight, ein neues Lieblingsbuch!
A. J. Finn hat sich von dem Hitchcock-Thriller „Das Fenster zum Hof“ inspirieren lassen. Er erzählt die Handlung aus der Sicht der Kinderpsychologin Anna Fox, die nach einem traumatischen Erlebnis unter Agoraphobie, der Angst vor weiten Räumen, und Depressionen leidet. Sie kann seit Monaten nicht ihr Haus verlassen und beobachtet aus Langeweile ihre Nachbarn, bis sie eines Tages mitansieht, wie ihre Nachbarin erstochen wird. Sie versucht, ihre Angst zu überwinden und der Frau zu Hilfe zu kommen, erleidet aber auf halbem Weg einen durch ihre Angst verursachten Ohnmachtsanfall. Am nächsten Tag heißt es, der Mord hätte nie stattgefunden, sie würde sich das ausdenken oder gar fantasieren, bei den Pillen, die sie schlucken muss, und dem vielen Alkohol, den sie konsumiert. Niemand glaubt ihr … und bald weiß sie selbst nicht mehr, ob sie ihrem eigenen Verstand noch trauen kann.
Und genauso ergeht es auch dem Leser. Wir begleiten Anna auf ihrer Suche nach der Wahrheit, leiden mit ihr, weil sie dabei nicht das Haus verlassen kann, und auch wir haben Momente des Zweifels. Es werden immer wieder neue Fährten ausgelegt, bei denen der Leser reichlich Gelegenheiten hat, mitzurätseln und Verdächtigungen anzustellen. Es ist kein Thriller, der mit viel Action aufwartet (außer im großen Showdown), trotzdem ist die Handlung die ganze Zeit fesselnd und spannend, gerade auch deshalb, weil man nicht weiß, inwieweit man Annas Wahrnehmung trauen kann. Noch dazu gibt es unglaublich viele Wendungen – einige, die man erwartet, und andere wiederum, die einen völlig kalt erwischen. Vor allem das Ende, dieses fantastische Ende, habe ich nicht ansatzweise kommen sehen. So erschreckend, so überraschend, so durchdacht!
Zum Schreiben dieses Buches entschloss sich der Autor, nachdem ihm selbst eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. Sicher gelingt es ihm auch deshalb so gut, Annas Innenleben zu beschreiben. Er hat ein Händchen dafür, uns Annas Gefühlswelt näherzubringen und sie authentisch darzustellen. Dadurch gibt es nicht nur viele spannungsgeladene, sondern auch zahlreiche bedrückende und berührende Momente, die uns helfen, Annas Situation besser zu verstehen.
Es fiel mir zunächst schwer, Anna vollkommen sympathisch zu finden, weil sie auf mich zu Anfang eher merkwürdig wirkte. Sie trinkt wirklich viel und verhält sich nicht immer nachvollziehbar. Je mehr wir jedoch von den Umständen erfahren, die sie diese Phobie entwickeln ließen, und je mehr Szenen es gibt, in denen sie mit den Menschen in ihrem Umfeld interagiert, desto mehr habe ich sie ins Herz geschlossen. Sie ist ein Mensch, der helfen möchte, sei es der Frau, deren Tod sie glaubt, mitangesehen zu haben, oder anderen unter Agoraphobie leidenden Menschen, mit denen sie in einem Chatroom kommuniziert. Sie ist eine Protagonistin, mit der man richtig mitfiebern kann, mit der man leidet, mit der man sich über andere Charaktere ärgert und die sich auch völlig auf sich allein gestellt behaupten kann. Sie ist ein richtig starker Charakter. Auch wegen ihr hat mir das Buch so unglaublich viel Spaß gemacht.
Fazit
„The Woman in the Window“ ist ein absoluter Page-Turner, den man wirklich gelesen haben sollte. Handlungstechnisch ist er eher ruhig, verliert aber zu keinem Zeitpunkt an Spannung. Man rätselt und fiebert die ganze Zeit mit – und dieses Ende! Ich bin immer noch völlig geplättet. Die nächsten Bücher, die ich lese, werden es schwerhaben, das zu toppen.
Selbstverständlich gibt es hier die volle Punktzahl und eine hundertprozentige Leseempfehlung. Ich freue mich auf die Verfilmung!