Cover-Bild Aus ihrer Sicht
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28,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Insel Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 637
  • Ersterscheinung: 13.02.2023
  • ISBN: 9783458643661
Alba de Céspedes

Aus ihrer Sicht

Roman | Das hochpolitische Schicksal einer Frau im von Faschismus und Patriarchat beherrschten Italien
Karin Krieger (Übersetzer)

Rom, 1939. Alessandra wächst in bescheidenen Verhältnissen auf. Ihre Mutter – ein außergewöhnliches Klaviertalent – wird vom Ehemann ständig in ihre Schranken verwiesen, und so wird Alessandra früh eingebläut, welche Rolle für Frauen vorgesehen ist. Nach dem plötzlichen Tod der Mutter wird sie vom Vater in ein Dorf in den Abruzzen geschickt, wo sie lernen soll, sich zu fügen. Doch Alessandra ist ein freier Geist, sie politisiert sich und fordert nichts weniger als die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Als sie zurück in Rom den antifaschistischen Philosophen Francesco kennenlernt, scheint sie endlich am richtigen Ort angelangt zu sein. Doch es wird ihr viel zu spät klar, was ihr für die ersehnte Freiheit abverlangt werden wird.

Dieser radikal »aus ihrer Sicht« erzählte Roman ist die Geschichte einer großen Liebe und eines Verbrechens. In einem von Faschismus und dem Patriarchat beherrschten Italien entspinnt sich das intime und hochpolitische Schicksal einer Frau, die das Unmögliche möglich macht: Resignation in Rebellion zu verwandeln.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.03.2023

Liebe als Illusion

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Alessandra wächst im Rom der 1920er Jahre in einer kleinbürgerlichen Familie auf. Der Vater, Beamter im Ministerium, bestimmt als Familienoberhaupt das Leben der Mutter, die leidenschaftlich Klavier spielt. ...

Alessandra wächst im Rom der 1920er Jahre in einer kleinbürgerlichen Familie auf. Der Vater, Beamter im Ministerium, bestimmt als Familienoberhaupt das Leben der Mutter, die leidenschaftlich Klavier spielt. Mit der Erziehung der Tochter ist er nach dem Tod seiner Frau überfordert und schickt Alessandra daher zu seinen Verwandten in ein Dorf in den Abruzzen. Dort soll sie lernen sich unterzuordnen, was nicht gelingt. Zurück in Rom lernt sie Francesco kennen, der im Widerstand gegen die Faschisten kämpft. Die beiden heiraten, doch Alessandra findet auch an Francescos Seite nicht die Zufriedenheit und Freiheit, die sie erhofft hatte. Der Roman beschreibt die Geschichte einer Liebe, und schließlich sogar eines Verbrechens.
Das Cover zeigt das Portrait einer jungen Frau, die selbstbewusst in die Kamera blickt. Das Bild soll auf die Protagonistin Alessandra verweisen, deren Charakter allerdings nicht in nur einem Foto erfasst werden kann. Kapiteleinteilungen gibt es nicht, dafür eine grobe Unterteilung je nach Lebensabschnitt der jungen Frau. Der Roman ist mit seinen mehr als 600 Seiten sehr umfangreich; dennoch scheint kein einziges Wort der Ich-Erzählerin Alessandra überflüssig. Der Schreibstil, teils mit sehr bildhaften, dann wieder sehr direkten Aussagen, entwickelt eine Sogwirkung, die den Leser fesselt und immer tiefer ins Leben der Protagonistin eintauchen lässt. Mit entwaffnender Ehrlichkeit erzählt sie aus ihrem Leben. Ausführlich gibt sie ihre Gedanken wieder und in einer Rückschau auf die Kindheit gibt sie die Geheimnisse des Mietshauses preis, in dem sie aufwächst und zeichnet das zermürbende Leben der Frauen zwischen Haushalt und Kindererziehung. Ganz im Gegensatz dazu steht das ländliche Leben in den Abruzzen. Auch dort erfährt Alessandra, dass Frauen für Haushalt und Kinder zuständig sind, erkennt in ihrer Großmutter allerdings eine sehr starke Persönlichkeit, die sich ihrer Macht sicher ist. In der Ehe mit Francesco stellt Alessandra fest, dass die ursprüngliche Liebe einer oberflächlichen Aufmerksamkeit gewichen ist, die sie nicht länger hinnehmen will. Sie will erreichen, dass Liebe und Ehe nicht unvereinbar, sondern durchaus gleichzeitig bestehen können. Die Charaktere sind alle sehr glaubwürdig dargestellt. Die Autorin geht dabei nicht einseitig vor, denn sie beschreibt nicht nur die „Fehler“ der Männer, sondern geht auch recht offen mit jenen der Frauen um.
Gäbe es nicht Anspielungen auf Faschismus, Besatzung und schließlich das Ende des Kriegs, könnte die Geschichte auch zu einer anderen Zeit spielen. Denn ganz verschwunden ist die untergeordnete Rolle der Frau, die die Gesellschaft ihr zuordnet, auch heute noch nicht.
Interessant ist vor allem auch das Vorwort der Neuausgabe von 1994, in dem die Autorin ihren speziellen Blick auf die italienische Innen- und Außenpolitik darlegt.
Die Originalfassung ist von 1949. Einerseits ist es schade, dass die deutschsprachige Ausgabe erst 2023 erschienen ist, andererseits ist für ein wertvolles Werk wie diesen Roman nie zu spät.

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Veröffentlicht am 15.03.2023

Die Sehnsucht einer Frau

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Alessandra wächst in Rom in bescheidenen Verhältnissen auf. Bei ihrer Mutter wie auch bei allen Frauen um sie herum erlebt sie, wie die Ehefrauen in ihre Schranken verwiesen werden, die Ehemänner nehmen ...

Alessandra wächst in Rom in bescheidenen Verhältnissen auf. Bei ihrer Mutter wie auch bei allen Frauen um sie herum erlebt sie, wie die Ehefrauen in ihre Schranken verwiesen werden, die Ehemänner nehmen sie nach der Eheschließung gar nicht mehr in ihrer Persönlichkeit wahr. Nach dem Tod ihrer Mutter schickt Alessandras Vater die Jugendliche in sein Heimatdorf in die Abruzzen, doch statt sich unterzuordnen bleibt Alessandra ein freier Geist, sie fordert die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Zurück in Rom lernt sie den antifaschistischen Philosophen Francesco kennen und scheint in ihm den Mann gefunden zu haben, mit dem sie ihre Liebe leben kann. Doch zu stark sind die Fesseln der patriarchalischen Gesellschaft…

Die Geschichte spielt in Rom vor, während und zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Autorin Alba de Céspedes veröffentlichte den Roman bereits 1949, er wurde neu aufgelegt in Italien 2021. Der feministische Leitgedanke des Buches bleibt auch 2023 noch hochaktuell, selbst wenn Frauen seither einige Freiheiten mehr für sich verbuchen dürfen als vor 70 Jahren. Alessandra erzählt ihre Geschichte selbst, so gelingt es dem Leser, ihre Gedanken, ihre Sehnsüchte umso besser nachzuvollziehen. Es ist nichts weniger als die ideale Liebe, die sie zu finden hofft. Alessandras Geschichte ist eingebettet in die historischen Gegebenheiten ihrer Zeit, manchmal explizit wie in der antifaschistischen Aktivität ihres Mannes wie auch ihrer selbst, manchmal eher implizit. Vor allem anfangs geraten Alessandras Gedanken allerdings sehr ausführlich, was die Lektüre des öfteren etwas langatmig geraten lässt. Und doch sind diese ausführlichen Gedanken letztendlich nichts anderes als die Erklärungen dafür, wie sehnsüchtig Alessandra nach der wahren Liebe sucht, um dem bisherigen Schicksal aller Frauen zu entgehen, nämlich der strukturellen Gewalt der Frauen in der Ehe.

Dieses Buch ist zwar nicht immer einfach zu lesen, seine Aussage ist aber nach wie vor sehr wichtig, so dass ich es unbedingt weiter empfehle. Ich vergebe alle 5 möglichen Sterne.

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Veröffentlicht am 13.03.2023

Ein literarisches Tagebuch

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Obwohl das Werk bereits 1949 erschien, hat es leider noch nichts an Aktualität verloren. Es handelt von weiblicher Selbstbestimmung, Gleichberechtigung auf allen Ebenen und dem oft dominierenden Patriarchat. ...

Obwohl das Werk bereits 1949 erschien, hat es leider noch nichts an Aktualität verloren. Es handelt von weiblicher Selbstbestimmung, Gleichberechtigung auf allen Ebenen und dem oft dominierenden Patriarchat. Die Erzählweise ist aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Alessandra erzählt und gleicht dadurch in gewisser Weise einem lebendigen Tagebuch. Der Schreibstil ist durch die Form des Tagebuchs sehr eindrücklich und man ist als Leser:in Teil des Alltags, erlebt, und sieht mit den Augen der Protagonistin. Die Dominanz, die der Vater ausübt ist zu Teilen sehr bedrückend und das Erlebte von Alessandra dadurch um so realer.

Ein tolles Buch, das mit seinen 637 Seiten auf jeden Fall keine schnelle Lektüre ist, aber sie ist es wert, gelesen zu werden.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.

Anmerkung: Der Roman erschien erstmals 1949. Alba de Cespedes war eine kubanisch italienische Schriftstellerin (1911-1997).

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Veröffentlicht am 21.03.2023

nicht allein aus ihrer Sicht

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Alessandra ist das Mädchen, aus dessen Sicht dieses Buch geschrieben wurde.
Sie wächst in einem ärmlichen römischen Haushalt auf, zusammen mit ihren Eltern und der Hausdienerin.
Die Mutter, eine feinsinnige ...

Alessandra ist das Mädchen, aus dessen Sicht dieses Buch geschrieben wurde.
Sie wächst in einem ärmlichen römischen Haushalt auf, zusammen mit ihren Eltern und der Hausdienerin.
Die Mutter, eine feinsinnige Pianistin, die als Klavierlehrerin Geld verdienen muss ist ihre absolute Bezugsperson, der sie in jeder Hinsicht ähnlich ist.
Sie öffnet ihr die Augen und schärft ihre Sinne für die Umwelt, die Natur, das Leben der Frauen des Südens, wo man heiratet um Kinder zu bekommen, das Leben der Männer des Südens, die erst spät nach Hause kommen, erwarten, dass das Essen auf dem Tisch steht und die Hemden gebügelt sind. Die Männer, die ihr Leben getrennt von den Frauen führen, geschuldet der Tradition, der Erziehung, der Religion und der Armut, sind das ewige Thema.
Alessandras Eltern leben so.
Der Vater ist innerlich und äußerlich fern von den Frauen der Familie, ein kleiner Beamter, der keinerlei Interesse oder gar Verständnis hat für die Sensibilität und Feinsinnigkeit von Frau und Tochter, im Gegenteil, er verhöhnt, verlacht und verbietet sogar.
So sieht das Männerbild von Alessandra aus, bis sie jemanden heiratet, von dem sie will, dass er ganz anders sein soll.
Alessandra hat eine naive Vorstellung von der idealen Liebe, ähnlich der, wie man sie in den englischen Romanen des 19. Jahrhunderts findet, romantisch, mädchenhaft, märchenhaft, ewiges Verliebtsein, niemals sich ändernd. Sie soll nicht den Zwängen des alltäglichen Lebens unterworfen sein.
Alessandras Leben ist völlig verschieden von dem typischen Leben der damaligen italienischen Frau und doch ist es ihr nicht genug, sie will den Freiraum, den sie hat nicht selbst füllen. Sie will wahrgenommen werden, unbedingt reflektiert werden, in der Person ihres Geliebten. Sie ist übersensibel, sie steigert sich hinein in diese nicht zu stillende Sehnsucht nach dem absoluten Aufgehen in der Person des Geliebten. Bis zu einer tiefen Verzweiflung.
Ihr Mann lebt in seiner Männerwelt und kann ihr das was sie braucht nicht geben. Kein erfahrener Mensch ist um sie, der ihr das Leben erklären könnte.
Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.

Alba de Céspedes hat ein Buch geschrieben vom Erwachsenwerden, vom Erwachsensein, ein Buch von Männern und Frauen, ein Buch von grundverschiedenen Arten zu leben, von früher und von heute und vor allem ein Buch von der Liebe, die, nicht richtig verstanden, zu einer großen Qual werden kann.
Ihr Buch erfüllt die Kriterien der guten Literatur: prodesse et delectare, nützen und erfreuen, belehrend und unterhaltend.

Unbedingt lesenswert ist im Nachwort die Analyse von Barbara Vinken.

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Veröffentlicht am 19.03.2023

Interessante, ehrliche Frauengeschichte

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Ich liebe historische Romane, besonders, wenn in ihrem Zentrum Geschichten von Frauen stehen. Es ist sehr inspirierend für mich ihre Lebensgeschichte mitzuverfolgen, aus ihren Fehlern lernen zu dürfen ...

Ich liebe historische Romane, besonders, wenn in ihrem Zentrum Geschichten von Frauen stehen. Es ist sehr inspirierend für mich ihre Lebensgeschichte mitzuverfolgen, aus ihren Fehlern lernen zu dürfen und ich fühle mich immer inspiriert etwas mehr zu mir selbst zu stehen.

Alessandra wächst in der Nähe von Rom, in einem kleinen, dunklen Mehrfamilienhaus auf. Die Männer sind die meiste Zeit auf der Arbeit, weshalb sie hauptsächlich von Frauen umgeben ist: den Nonnen im Hof, der Hausdame Sista, den anderen Mädchen im Haus, ihrer Mutter...
Als Leser steigt man genau an dieser Stelle ein. Man begleitet Alessandras eher tristen und doch sehr eindringlich geschilderten Alltag, lernt mit ihr langsam die Welt der Erwachsenen kennen und die Rolle, in welche die Frau von der Gesellschaft täglich gepresst wird. Gleichzeitig erlebt man durch ihre Augen, das doch sehr tragische Schicksal ihrer Mutter mit und darf die feine, liebevolle Bindung der Beiden miterleben.
Trotzdem fiel es mir am Anfang fiel es mir etwas schwer in das Buch zu finden. Der Schreibstil ist wunderschön, poetisch, auf den Punkt und sehr ehrlich. Ich habe das Buch oft kurz zur Seite gelegt um über kleine Impulse zum Nachdenken zu reflektieren.

Es dauert eine ganze Weile, bis Alessandra älter wird, bis sie beginnt ihren eigenen Weg zu gehen, der für mich auf der einen Seite natürlich sehr feministisch war, auf der anderen Seite aber auch von sehr traumatischen Erlebnissen und vielen inneren Kämpfen geprägt war. Insgesamt hat es mir sehr große Freude gemacht Alessandra zu begleiten und schon bald habe ich auch die kleinsten Detaills in mich aufgesogen. In meinen Augen muss man das Buch langsam lesen, Alessandra wirklich begleiten und nicht erwarten, dass jeder Tag ihres Lebens der prägenste und abwechlungsreichenste ist. Auch die Spaziergänge und generell Szenen aus Rom habe ich als großer Fan der Stadt sehr geliebt und gleichzeitig ziemlich viel Fernweh gehabt.

FAZIT:
Ein sehr interessantes, mit überraschendem Feingefühl, roher Ehrlichkeit und viel Feminismus geschriebenes Buch, dass auch vor dem Erscheinungsjahr 1949 spannend zu lesen ist. Ich habe mich jedoch etwas schwer getan in die Geschichte zu finden und es gab einige Längen. Trotzdem eine große Empfehlung!

4 von 5 Sternen

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