Im kleinen Ort Niederwiek, an der deutschen Ostseeküste, wird die Leiche brutal ermordeten Galeristin Dana Wolff aufgefunden. Erste Spuren führen den Polizisten Bert Mulsow zu Kunsthistoriker Professor Richard Gruben, dessen Visitenkarte mit persönlicher Nachricht versehen, bei der Toten gefunden wird. Mulsow kontaktiert Gruben, doch dieser ist sich sicher, dass er die Tote nicht kennt. Da Mulsow und Gruben ein Jahr zuvor bereits gemeinsam einen Kriminalfall gelöst haben, bittet ihn Mulsow an die Küste, um die Bilder der Ermordeten zu begutachten. Professor Richard Gruben ahnt nicht, welch dramatische und unmenschliche Intrigen ihn erwarten.
Die Autorin:
Anja Behn, geboren 1972 in Rostock, studierte Bauingenieurwesen und arbeitet in einer Rostocker Baufirma. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in Mecklenburg. Küstenbrut ist ihr zweiter Kriminalroman.
Neugierig auf mehr? Auf meinem Blog Nisnis's Bücherliebe findet ihr ein Interview mit der Autorin aus Januar 2016.
Reflektionen:
Mit großer Freude habe ich den zweiten Kriminalroman der Autorin Anja Behn erwartet. Ihr Krimi-Debüt „Stumme Wasser“ hat mir sehr gut gefallen und deshalb war meine Erwartungshaltung gegenüber ihrem neuen Werk sehr hoch.
So viel vorweg:
Anja Behn hat es mit Leichtigkeit geschafft, mich erneut zu begeistern.
Den sympathischen Kunsthistoriker Richard Gruben und den Polizisten Bert Muslow kannte ich bereits aus „Stumme Wasser“. Die beiden Figuren verloren kein Tröpfchen ihrer sympathischen Charaktereigenschaften. Die Figur Richard Gruben kam mir nun aber noch viel näher, da anfangs auch sein Privatleben maßvoll, aber noch intensiver, in die Geschichte einfloss. Nach der Geburt seines Sohnes kam es zur Trennung von seiner Frau Charlotte, die mit dem Baby in eine andere Stadt zog. Um als Vater für sein Kind da zu sein, pendelt Gruben. Doch der ständige Streit und zusätzlich der Alltagsstress lösen einen Hörsturz aus und folglich leidet er an einem Tinnitus.
Im Verlauf der Handlung wundert man sich schon, dass Professor Gruben als Kunsthistoriker fast gänzlich ohne polizeiliche Unterstützung auskommt, als er einen Mord und weitere Verbrechen aufzuklären versucht, aber ich kann diese etwas unrealistische Vorgehensweise augenzwinkernd und mit Leichtigkeit akzeptieren. Meine Akzeptanz basiert auf eine rundherum harmonische Geschichte. Von Polizist Bert Mulsow hätte ich gern noch mehr gelesen, denn er erscheint ebenso sympathisch und kompetent wie Richard Gruben, aber er bleibt als Figur doch noch etwas blass.
Die Geschichte spielt an der Ostseeküste Deutschlands in einem kleinen Ort. Entsprechend dramatisch wird die Ermordung der Galeristin Dana Wolff empfunden. Die Polizei vermutet zunächst einen brutalen Serienvergewaltiger, der die Menschen im Ort in Angst und Schrecken versetzt. Merkwürdig nur, dass die Visitenkarte Richard Grubens bei der Toten aufgefunden wird, auf der Gruben die Nachricht: „Du schuldest mir eine Nacht. Ruf mich an R.“ notiert hatte. Gruben kennt Dana nicht, aber es handelt sich definitiv um seine Handschrift. Zunächst tappen Mulsow und Gruben im Dunkeln, und dann tun sich im Umfeld der Toten Abgründe auf, die nur nach und nach ans Licht kommen. Einige der involvierten Figuren besitzen nachweislich ein Mordmotiv, doch die Handlung ist so verstrickt, dass sehr lange unklar bleibt, wer den Mord an Dana begangen hat. Meine eigenen Überlegungen, wer der Täter sein könnte, werden von der Autorin immer wieder mit geschickten Wendungen außer Betrieb gesetzt. Weitere Verbrechen Geschehen. Die Spannung knistert kontinuierlich.
Außer dem Schein meiner Leselampe ist es dunkel. Ich höre plötzlich merkwürdige Geräusche, unsere Hündin hebt den Kopf, ich halte den Atem an und es läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Nein, es ist nichts. Aber, es hätte ja etwas sein können…! Danke Anja Behn, für dieses gruselige Gefühl!
Ich mag die Schauplätze dieses Kriminalromans, die mir Anja Behn mit einem Hauch eines wunderbaren Ostsee Flairs näher bringt.
Die Hauptprotagonisten sind intensiv und ausdrucksstark gezeichnet, aber sie bleiben trotzdem beabsichtigt undurchsichtig und geheimnisvoll. Nur häppchenweise gibt die Autorin die Charakterzüge der Figuren preis und so erscheinen deren Legenden rätselhaft, kriminell bis hin mysteriös. Als Leser kann ich mich kaum festlegen, welche Figur welches Verbrechen begangen haben könnte und dieser Umstand beschert mir sehr spannende Lesestunden im Krimi-Rätsel-Modus.
Besonders gut dargestellt fand ich Danas hinterbliebene Tochter Lena. Das Mädchen im Teenageralter verschweigt etwas sehr gravierendes. Etwas abscheuliches und frevelhaftes hat Dana ihrer Tochter hinterlassen, doch diese schweigt auf Biegen und Brechen, auch noch als sie längst ernsthaft in Gefahr schwebt. Die inneren Konflikte des Mädchens haben mich mitunter auch sehr berührt und am liebsten hätte ich sie geschüttelt, damit sie endlich erzählt welche grausamen Geschehnisse ihr Leben so sehr belasten.
In diesem Kriminalroman begeistern mich nicht nur die spannende Story oder die sorgfältig erschaffenen Figuren, sondern auch der gefestigte Schreibstil und der Ausdruck der Autorin. Vergleiche ich den Stil vom Debüt-Krimi „Stumme Wasser“ mit „Küstenbrut“, kann ich an dieser Stelle nur ein „Wow!“ von mir geben, denn man erkennt deutlich die angenehme, literarische Entwicklung der Autorin. Anja Behn geht noch mehr ins Detail, sie geht bis ins Kleine und sie verwebt die Perspektiven geschickt durch ihren anspruchsvollen Ausdruck. Dadurch erlebe ich den Krimi äußerst intensiv, so dass ich bis zur letzten Seite sehr gefesselt bin.
Allen Lesern die sich nun fragen ob sie eventuell erst „Stumme Wasser“ lesen sollten, kann ich beruhigend versichern, dass man „Küstenbrut“ genießen kann, ohne den Vorgänger gelesen zu haben.
Fazit und Bewertung:
Küstenbrut ist ein sehr spannender und anspruchsvoll geschriebener Kriminalroman, den ich sehr gern empfehle. Man darf interessante Figuren und eine rundherum runde Geschichte erwarten, die fesselnd unterhält.