Bülent Rambichler, seines Zeichens glücklicher Innendienstler bei der Nürnberger Mordkommission, Anfang 40 und türkisch-fränkischer Abstammung, wird mit seiner größten Angst konfrontiert: Er soll selbst einen Mordfall lösen. Also nicht in seinem Büro, sondern draußen, wo man mit echten Leichen konfrontiert wird. Und, als wäre das nicht schon schlimm genug, ist die Leich auch noch in der tiefsten fränkischen Provinz, seinem Heimatdorf Strunzheim, gefunden worden. Bülents Chef ist der Meinung, dass der Heimvorteil unbedingt genutzt werden muss, Bülent ist sich da nicht so sicher...
Im Vorfeld hatte ich schon die Meinung einiger Leser zum Buch mitbekommen, die zum größten Teil nicht gerade aus Begeisterungsstürmen bestanden. Am Ende hatte ich dann gar nicht mehr so richtig Lust auf den Bülent (ein Grund, warum ich mich meistens im Vorfeld nicht über ein Buch informiere). Aber da der Krimi nun mal hier lag, und mir dauernd gefühlt vorwurfsvolle Blicke zugeworfen hat, hab ich ihn am Sonntagnachmittag dann einfach mal mit in den Garten genommen. Und, was soll ich sagen? Tatsächlich auch in einem Rutsch durchgelesen. Wobei es natürlich mit knapp 290 Seiten auch kein dicker Wälzer ist.
Es ist schon so, dass die Strunzheimer Dorfbevölkerung recht stereotyp daherkommt, da gibt's einen Suffkopf (Franz, genannt Suff); zwei neugierige alte Dorfratschen (die Walder-Zwillinge), eine maulfaule Bauernfamilie (die Rummslers), sowie die Neureichen mit der schicken Villa (die Fromms). Die katholische Jugend und die Landfrauen dürfen in seinem solchen Roman natürlich auch nicht fehlen. Andererseits muss ich sagen, dass ich auch kaum einen Regionalkrimi nennen könnte, der ohne diese Stereotype auskommt - auf jeden Fall keinen, der in Bayern angesiedelt ist. Und es gibt eben - quasi als Ausgleich - ein paar Figuren, die aus diesem Muster fallen, allen voran natürlich Bülent selbst, aber auch seinen Vater Erkan, der ambitioniert an seinem Wahlkampf für den Gemeinderat arbeitet, oder den durchtrainierten Ralph-de-Bricassart-mäßigen Pfarrer Winter, der mit seinen Schäfchen Senioren-Aerobic-Stunden durchturnt.
Was mir hier richtig gut gefallen hat: Das Duo, bestehend aus Bülent und seiner Assistentin Astrid, ermittelt tatsächlich. Da wird nach und nach der Hintergrund des Opfers durchleuchtet, Beziehungen aufgedeckt, von denen noch nicht mal die Walder-Zwillinge etwas ahnten, und so der Wahrheit immer näher gerückt. Das Verhältnis zwischen Mordermittlung und Lokalkolorit liegt meiner Meinung nach in etwa bei 70:30 - bei anderen Genrevertretern ist das Verhältnis leider oft umgekehrt, was mir dann immer zu viel des Guten ist. Denn auch wenn "Regional" davorsteht, will ich eigentlich hauptsächlich einen Krimi lesen, und das war bei diesem Auftaktband um Bülent Rambichler auch gegeben, womit Anja Bogner bei mir auf jeden Fall Pluspunkte sammeln konnte.
"Bülent Rambichler und die fliegende Sau" hat mir fast schon wider Erwarten einige unterhaltsame Lesestunden beschert, und ich hab mich in der fränkischen Provinz gut amüsiert - wer das Genre mag und mal keinen Oberbayern- oder Niederbayern-Krimi lesen mag, kann sich mit diesem Titel auf jeden Fall nebenbei über saure Zipfel und Schäufele informieren ;) Ich bleib auf jeden Fall dran und bin schon gespannt auf den zweiten Fall dieser ungewöhnlichen "Spezialeinheit".