„Ich glaube ich werde wirklich irre, wenn du mich jetzt nicht endlich küsst.“
(Samira zu Louis in Nachtleuchten)
Worum geht’s?
Samira hat keine Zeit für die Liebe: Neben ihrem Job auf der Kinder-Palliativstation des Berliner St.-Alex-Krankenhauses hat sie alle Hände voll damit zu tun, sich um ihre drei jüngeren Brüder zu kümmern. Ihre Mutter ist dazu offenbar nicht in der Lage. Deshalb übernimmt Sami auch so oft wie möglich Nachtschichten, um tagsüber für ihre Familie da zu sein. Der junge Arzt Louis hingegen zieht nach einem späten Feierabend gern noch durch die Berliner Clubs. Jemand wie er passt überhaupt nicht in Samis Leben, findet sie. Aber dann kommen die beiden bei einer gemeinsamen Nachtschicht dem seltsamen Fall einer jungen Patientin auf die Spur – und einander näher …
Nachtleuchten ist Band 1 der St. Alex-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen, die Charaktere des Folgebandes kommen am Rande bereits vor.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive durch Samira erzählt. Im Buch ist sexuell expliziter Content enthalten.
Meine Meinung
Ich möchte gleich vorweg schicken, dass ich eigentlich kein Fan von Krankenhausbüchern oder Arztserien bin. Deswegen habe ich auch lange mit mir gehadert, ob ich das Buch wirklich lesen möchte. Am Ende waren des die Worte einer Freundin, dass sie sich sicher ist, ich werde es trotzdem mögen, weshalb ich dazu gegriffen habe. Und sie hatte recht: Dieses Buch kann man auch mögen, wenn man eigentlich kein Fan vom Setting ist.
Im Buch begleitet man die Krankenschwester Samira, die ihre Nachtdienste auf der Kinderpalliativstation verbringt. Wenn man denkt, dass ein Großteil im Krankenhaus spielt, liegt man falsch. Zwar begleitet der Leser Samira immer wieder zur Arbeit, man lernt Patienten kennen und erfährt von den Herausforderungen der Arbeit, das meiste Leben spielt aber außerhalb. Jedenfalls kommen im Buch einige Handlungssträngen zusammen: Wir haben Love Interest Louis, mit dem Samira gelegentlich zusammenarbeitet und wodurch eine Nebenhandlung um eine kranke Patientin entsteht. Wir haben Samira und ihre Probleme, quasi alleinerziehend für ihre drei Brüder zu sorgen, zudem noch die Nebenhandlung mit dem Zwist mit ihrer Mutter. Und alles zusammen ist ein liebevolles Chaos, was absolut mitreißend ist.
Absolutes Highlight am Buch war für mich tatsächlich Samira mit ihren Brüdern. Die Jungs sind so unterschiedlich, der älteste Fynn hat Geheimnisse und man leidet mit, der jüngste Max ist noch recht unbeholfen und versteht nicht so ganz, wieso sie die Mutter so selten sehen und der mittlere Jannis muss mit seiner Diabetes-Erkrankung leben. Zwischen Beinahe-Wohnungsbränden, Geburtstagsfeiern und Truecrime-Sofatagen versucht Samira, alles zu jonglieren, Schlafmangel, Stress und Verzweiflung inklusive. Die Handlung um die Familie, es war alles so toll und liebevoll geschrieben. Wirklich, die Jungs haben mich um ihren Finger gewickelt und ich habe so oft lachen müssen. Einfach nur unglaublich toll und ich war echt traurig, als das Buch vorbei war und ich mich von ihnen verabschieden musste. Durch die Mutter hat man immer wieder Wutmomente und würde gern jemanden schütteln, durch Fynn macht man sich oft Sorgen und Max und Jannis sind so unschuldig und erfrischend, so frech und liebevoll. Eine absolut perfekte Mischung.
Dann ist da natürlich das Leben im Krankenhaus. Wie bereits gesagt, das Thema ist nicht überpräsent, aber man merkt, dass hier Erfahrungswerte der Autorin hinterstecken. Der Umgang mit den Patienten, die täglichen Herausforderungen und auch die Atmosphäre werden sehr liebevoll und auch sehr ehrlich geschildert, etwa das Gefühl, wenn Samira zur Schicht kommt und sehen muss, dass an einer Tür der Name abgewischt wurde. Durch das gesamte Buch zieht sich die Storyline um eine Patientin und ich muss gestehen, dass ich relativ früh einen – später auch zutreffenden – Verdacht hatte, kann mir aber auch denken, das dies nicht für jeden so offensichtlich ist. Gut hat mir aber auch gefallen, dass Samira sich gelegentlich außerhalb mit ihren Kolleginnen trifft, denn dadurch wirkt alles persönlicher und umfassender, was dem Buch sehr gut tut.
Was mich dafür leider nur mittelmäßig abholen konnte, war dafür die Liebesgeschichte. Ich mochte Samira von Anfang an wirklich sehr, aber als Louis auftaucht, ist sie ihm gegenüber sehr vorurteilsbehaftet – einige Vorurteile davon treffen allerdings auch zu. Mit Louis bin ich leider nicht warm geworden, vielleicht auch, weil er selbst keine Erzählperspektive hat. Er wirkt auf mich nicht wirklich erwachsen, es mangelt ein wenig an Verantwortungsbewusstsein und seine Lebensgeschichte mit der Erwartungshaltung der Familie kam mir etwas zu kurz. Meine Vorbehalte Louis gegenüber führten auch dazu, dass für mich die Verbindung von Samira und Louis nicht wirklich gevibed hat. Ich konnte nicht verstehen, wieso sie sich in ihn verliebt hat, er war mir teils zu schleimig und fast schon aufdringlich. Entsprechend genervt war ich leider auch, als Louis dann Samiras gut gehütetes Geheimnis mit ihren Brüdern erfährt – und genauso reagiert, wie es ein Klischeecharakter machen würde. Da der Rest des Buches aber so mitreißend war, konnte ich über den leichten Hänger der Lovestory hinweggucken.
Mein Fazit
Nachtleuchten ist mehr als ein typisches „In love with the doctor“-Buch. Zwar konnte mich ausgerechnet die Liebesgeschichte nicht wirklich abholen, aber Samira und vor allem ihre tollen Brüder bringen so viel Energie und Liebe in das Buch, dass es mich nicht gestört hat. Toller Auftakt, der Lust auf mehr macht.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]