Roman | Eine der stärksten Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur
Eine Frau zwischen alten Rollenverhältnissen und neuen Rollenansprüchen
Eine Frau – Mutter, Partnerin, Versorgerin – fährt eines Morgens nicht zur Arbeit, sondern in die Psychiatrie. Am Abend hat sie sich mit ihrem Partner gestritten, vielleicht ist etwas zerbrochen, jetzt muss sie den Tag beginnen, sie muss die Tochter anziehen, an alles denken, in der Wohnung und ihrem Leben aufräumen. Doch sie hat Angst: das Geld, die Deadline, die Beziehung, nichts ist unter Kontrolle, und vor allem ist da die Angst um ihren Stiefvater, der früher die Welt für sie geordnet und ihr einen Platz darin zugewiesen hat. In der Psychiatrie, denkt sie, wird jemand sein, der ihr sagt, wie ihr Problem heißt. Dort darf sie sich ausruhen.
Siegfried
ist ein Roman über alte Ordnungen und neue Ansprüche, über Gewalt und das Schweigen darüber, über eine Generation, deren Eltern nach dem Krieg geboren wurden und deshalb glaubten, er sei vorbei.
„Wie schlecht ist man im Vergleich zu dem, was gut wäre – und wie soll man mit diesem Terror fertigwerden?“
Und plötzlich bricht die Welt zusammen. Aber nicht mit einem lauten Knall oder viel Lärm, sondern ...
„Wie schlecht ist man im Vergleich zu dem, was gut wäre – und wie soll man mit diesem Terror fertigwerden?“
Und plötzlich bricht die Welt zusammen. Aber nicht mit einem lauten Knall oder viel Lärm, sondern weil alles zu viel wird und aus dem Gleichgewicht gerät. So geht es der Protagonistin in Antonia Baums neuem Roman ‚Siegfried‘.
Sie streitet sich mit ihrem Partner. Er zeigt ihr die kalte Schulter. Nebenbei gilt es den Anforderungen des Alltags als junge Mutter wie immer gerecht zu werden… Nach und nach lässt sie ihre Familiengeschichte Revue passieren und es wird deutlich, dass es nicht nur die konkreten Herausforderungen im Alltag sind, die ihren Zusammenbruch gefordert haben. Auch in ihrer Geschichte und der ihrer Eltern und Großeltern liegen Probleme verborgen, die bis heute nachwirken.
Antonia Baum spricht eine aktuelle und sehr wichtige Thematik an. Sie analysiert Zusammenhänge, die bis in unsere Herkunftsfamilien reichen. Ein durchaus gelungenes, unterhaltendes Buch. Es ist auch ein sehr junges Buch, modern und urban. Manchmal fand ich die Vielschichtigkeit und gleichzeitige Strukturlosigkeit etwas anstrengend. Es ist auch kein Buch, das besonders lange nachhallt. Zumindest für mich nicht. Dennoch empfehlenswert.
„Die Dunkelheit dort war so unerträglich gewesen, dass ich das Licht wieder angemacht und auf den Tag gewartet hatte. Jetzt war er da, und ich wusste nicht, wie ich ihn überstehen sollte. Mir war heiß, ich hatte das Gefühl, schlecht Luft zu bekommen, und vielleicht kam mir da das erste Mal der Gedanke, in die Psychiatrie zu fahren.“
Dieses Büchlein fand ich sehr interessant aufgrund des Covers. Die Farben und auch das Überbelichtete hat mich beeindruckt und mein Interesse geweckt.
Danach habe ich natürlich sofort die Leseprobe gelesen, ...
Dieses Büchlein fand ich sehr interessant aufgrund des Covers. Die Farben und auch das Überbelichtete hat mich beeindruckt und mein Interesse geweckt.
Danach habe ich natürlich sofort die Leseprobe gelesen, die ich sehr ansprechend fand.
Doch dann kam irgendwie alles anders..
Wir lernen eine Frau kennen, die sichtlich überfordert ist mit ihrem Leben. Sie denkt darüber nach eine Psychiatrie aufzusuchen. Im Warteraum dieser Psychiatrie tauchen wir in ihr Leben, als auch in ihre Vergangenheit ein. Zu Hilde, zu ihrer Mutter und natürlich zu Siegfried.
Im Buch werden viele wichtige Themen angeschnitten, aber meiner Meinung nach einfach nicht weiter ausgeführt. bzw. vertieft, was ziemlich schade ist.
Leider plätschert die Geschichte am Anfang etwas vor sich hin und wirkte einwenig ziellos. Doch so ungefähr ab der Mitte wird es für mein persönliches Empfinden ein wenig interessanter. An da an habe ich die Geschichte gern verfolgt, aber hatte immer im Hinterkopf das ich gerne hier und da mehr Informationen gehabt hätte.
Das Ende dann.. hab ich mit gerechnet.. hat mir nicht so ganz gefallen. Aber es sollte glaub ich einfach die Wirklichkeit widerspiegeln.
Ich glaub es ist nicht für jedermann was, aber ein gutes Buch für zwischendurch.
Eine namenlose Ich-Erzählerin erkennt an einem Morgen, dass ihr alles über den Kopf wächst und sie einfach nicht mehr weiter kann. Also lässt sie alles stehen und liegen – sogar Schuhe und Handtasche – ...
Eine namenlose Ich-Erzählerin erkennt an einem Morgen, dass ihr alles über den Kopf wächst und sie einfach nicht mehr weiter kann. Also lässt sie alles stehen und liegen – sogar Schuhe und Handtasche – und fährt in die Psychiatrie, um sich dort helfen zu lassen. Auf dem Weg und im Wartezimmer zieht quasi ihr ganzes Leben an ihr vorbei. Ein Leben, das sehr freudlos und vor allem lieblos war.
Der Anfang war sehr vielversprechend. Nicht einfach, nicht locker, nicht so leicht zu lesen, aber enorm interessant, vielsagend, man spürte die Verzweiflung, Angst, Sorge und konnte nachempfinden, dass es der Ich-Erzählerin einfach zu viel wurde. Man wünschte sich, dass sie Hilfe findet, wollte sie begleiten.
Doch im Laufe der Erzählung wurde es für mich immer schwieriger, allem zu folgen. Ich konnte nicht mehr sehen, wohin es führt. Siegfried wurde kaum erwähnt, dafür war Hilde, Siegfrieds Mutter, fast immer irgendwie anwesend und überlagert alles. An der Art der Sätze konnte man die Gefühlswelt der Erzählerin erkennen. Mal sehr kurz, fast stakkatoartig. Dann unfassbar lang und verschachtelt, sodass man gar nicht mehr wusste, um was es gerade eigentlich ging. Das Lesen zog sich deshalb irgendwann in die Länge, weil ich ab einem gewissen Punkt nur noch ein paar Seiten am Stück ertragen konnte. Das wurde durch die wenigen Absätze und ewig langen Kapitel nicht besser.
Achtung, Spoilergefahr! Ganz schlimm ist für mich aber das Ende. Das Buch hört einfach auf. Nichts ist geregelt, nichts ist geklärt, erklärt ist auch nichts und ich bleibe als Leser mit Angst und Fragen zurück und auch die Erzählerin ist noch immer da, wo sie von Anfang an war. Warum sie nicht einfach zu Siegfried gefahren ist, sondern in die Psychiatrie, bleibt mir ein Rätsel. Wie so vieles.
Vielleicht liegt es ja an mir und ich habe die Aussage des Buches schlicht nicht verstanden. Vertrauen in die Psychiatrie weckt es jedenfalls schon mal nicht. Ich gebe drei Sterne.
Ich ging an dieses Buch mit einer Erwartungshaltung, dass die Geschichte viel mehr auf ihren Besuch in der Psychiatrie fokussieren würde, dies war nicht der Fall. Größtenteils ging es um die Vergangenheit ...
Ich ging an dieses Buch mit einer Erwartungshaltung, dass die Geschichte viel mehr auf ihren Besuch in der Psychiatrie fokussieren würde, dies war nicht der Fall. Größtenteils ging es um die Vergangenheit der Ich-Erzählerin.
Die Geschichte wechselt zwischen Kindheit und Erwachsensein, wir erfahren die unterschiedlichen Probleme der Ich-Erzählerin, doch eine Sache ist immer da, Siegfried ihr Stiefvater. Durch ihr ganzes Leben spielt Siegfried eine entscheidende Rolle in ihrem Leben, damals ordnete er noch ihr Leben und nun versucht sie sich davon zu lösen. Es wird der Zwiespalt zwischen alt und neu dargestellt
Es geht in diesem Buch um mehr als nur die neuen Rollenansprüche der Ich-Erzählerin, es geht ums Schweigen, Gewalt und frühere Generationen.
Ich hätte mir gewünscht, dass noch tiefer auf den Aspekt der Gewalt eingegangen wird. Trotz dessen ein sehr lesenswertes Buch.
Bis Seite 150 ein ständiger Abbruchkandidat, danach etwas schlüssiger. Nein, Antonia Baum konnte mich mit dieser Befindlichkeitsprosa nicht so richtig erreichen.
Die Ich-Erzählerin des vorliegenden Romans ...
Bis Seite 150 ein ständiger Abbruchkandidat, danach etwas schlüssiger. Nein, Antonia Baum konnte mich mit dieser Befindlichkeitsprosa nicht so richtig erreichen.
Die Ich-Erzählerin des vorliegenden Romans ist eine Mitte 30jährige Schriftstellerin in einer Schaffens-, Finanz- und Beziehungskrise. Wobei hier alles sich gegenseitig bedingt und auch noch stark von der Kindheit der Erzählerin geprägt ist. Aber noch einmal einen Schritt zurück. Die Erzählerin begibt sich, nachdem sie ihrem Partner/Vater der gemeinsamen Tochter einen Seitensprung mit ihrem Lektor gebeichtet hat, in die ambulante Sprechstunde der Psychiatrie. Dort solle ein ganz sympathischer Oberarzt tätig sein und auf diesen wartet sie nun im Wartezimmer. Während der Wartezeit reminisziert sie nun über ihre Kindheit, die sie mit den Streitigkeiten der Mutter mit dem Stiefvater (Siegfried) und - wenn diese zusammen verreist waren - in der Obhut der Großmutter Hilde (Mutter von Siegfried) verbracht hat. Sie lebte in finanzieller Sicherheit, um nicht zu sagen in gut situierten Verhältnissen, in Lehre, Niedersachsen. Mit den Jahren ist Siegfried - immer adrett gekleidet, Firmeninhaber, Bauleiter, der vorwiegend in ostdeutschen Städten baut - scheinbar zum Nonplusultra der Lebensführung für sie geworden. Dieses kindliche Vorbild kollidiert nun mit ihrem Leben als mittellose Schriftstellerin mit einem Partner, der nicht nach den Konventionen lebt, also ab in die Psychiatrie.
Dieser Roman war wirklich ein anstrengendes Stück Arbeit. Aber nicht im Sinne von der lohnenswerten Arbeit, die darin steckt, z.B. einen anspruchsvollen Text zu lesen und zu verstehen, sondern die Arbeit lag eher darin, bei der Sache zu bleiben und nicht entnervt vorab abzubrechen. Die Autorin hat nämlich ein Problem, welches die Erzählerin - wir erinnern uns, ebenso Schriftstellerin - auch im Roman mit ihrem ewig unvollendetem Roman hat: das Plot-Problem.
Auf Seite 152 des Buches heißt es: „Und dann tranken wir schnell etwas, Benjamin [der besagte Lektor] lehnte sich wieder zurück, sprach über […], aber ich hörte nur mit halbem Ohr zu, denn mich beschäftigte seine Kritik an meiner Schwachstelle, das Plot-Problem. Die starke Erzählung, die fehlte, die im Nebel lag. Ich war traurig, wütend, ich wollte aus der Stelle verschwinden, aber ich lächelte, nickte.“
Exakt an diesem Problem leidet auch der Roman „Siegfried“. Es fehlt der ziehende Plot, die starke Erzählung. Zumindest auf den ersten 150 Seiten wirkt es einfach nur wie das Gefühlschaos einer überforderten Schriftstellerin, Partnerin, Mutter. Ohne, dass Zusammenhänge hergestellt werden zu den Ursachen, verhalten sich die Figuren zueinander nicht nachvollziehbar. Es wird mal hier mal dort eine Andeutung gemacht, die absolut nichts erklärt. Es wird ausschweifend u.a. über Hilde schwadroniert und Siegfried, die titelgebende Figur, bleibt nur am Rande erwähnt. Man fragt sich die ganze Zeit, was das denn soll, warum hier einfach nur behauptet wird, Siegfried sei der scheinbare Retter - oder besser: Ritter in schillernder Rüstung - für die Erzählerin. Da der Text über weite Strecken zusammenhangslos wirkt, war ich mehrfach kurz davor, das Buch anzubrechen, habe aber dann doch noch bis zum Ende durchgehalten. Und hier muss man zugeben: Das Buch wird nach diesen ersten 150 Seiten stärker, wenn vielleicht auch nicht gleich „stark“. Erst danach wird hergeleitet, warum die Protagonistin so tickt, wie sie tickt. Das ist dann durchaus im Sinne einer Reinszenierung ihrer Kindheitserfahrungen psychologisch nachvollziehbar. Insgesamt bleibt aber zu viel in diesem Roman blass. Der Ost-West-Konflikt wird immer mal wieder angeschnitten, hat aber auch irgendwie keinen Halt in der Geschichte und sagt wenig aus. Dieser eine Tag, den die Protagonistin im Wartezimmer in der Psychiatrischen Institutsambulanz verbringt, ist nur ganz, ganz dünn gestrickte Rahmenhandlung und könnte ebenso wegfallen. Mal davon abgesehen, dass das vollkommen unrealistisch dargestellt wird.
Insgesamt bin ich froh, noch die letzten 100 Seiten des Buches gelesen zu haben, so erschienen nachträglich die durchgequälten ersten 150 Steinen nicht mehr ganz so sinnlos verschwendete Lesezeit. Trotzdem gibt es durchaus bessere, zeitgenössische Roman, die das Thema der Erforschung eigener Befindlichkeiten in einer Beziehungskrise mit dem Hintergrund einer nicht ganz so blendend weißen Kindheit literarisch ansprechender bearbeiten.