Ein spannender, erster Fall und gelungener Auftakt zur Reihe um die „Pathologin“ Adelia
Nachdem innerhalb kürzester Zeit mehrere Kinder auf grausame Art und Weise getötet werden, ist die Stadt Cambridge in heller Aufruhr! Nachdem sich das Gerücht herumspricht, eines der Kinder wäre gekreuzigt ...
Nachdem innerhalb kürzester Zeit mehrere Kinder auf grausame Art und Weise getötet werden, ist die Stadt Cambridge in heller Aufruhr! Nachdem sich das Gerücht herumspricht, eines der Kinder wäre gekreuzigt worden, steht für die englischen Bürger der Mörder schnell fest- sie sind überzeugt davon, dass die jüdische Gemeinde etwas damit zu tun haben muss und so entwickeln sich die Einwohner der Stadt zu einem grausamen Mob, der zwei jüdische Mitbürger in Stücke reißt.
Als der König von der Aufruhr gegen die Juden in Cambridge erfährt, ist er ebenfalls alarmiert, doch im Gegensatz zu den Einwohnern von Cambridge glaubt er nicht an die Schuld der Juden und schickt nach einem fähigen fortschrittlichen „Totenarzt“, nicht ahnend, dass der fähigste Arzt seiner Zunft; sich als Frau entpuppt.
Adelia , ist eine Pathologin aus dem fernen Salerno. Ihre großen Fähigkeiten haben sie in ihrer Stadt und über ihre Grenzen hinaus bekannt gemacht, jedoch muss sie, nach einer langen, beschwerlichen Reise, endlich in England angekommen, ihren Berufsstand vor den Menschen verheimlichen, da weibliche Ärzte in diesem Land nicht existieren und Fähigkeiten wie die ihrigen von der Kirche kurzum als „Hexentum“, angesehen werden.
Und so „befördert“ sie kurzerhand ihren Leibwächter und Freund, den Araber und Eunuchen Mansur, an ihrer statt, zu einem Leibarzt. Außerdem steht ihr bei den Recherchen der Jude Simon zur Seite. Ein, zwar auf den ersten Blick, Mann von schlichtem Gemüt; in Wahrheit jedoch ein gewitzter und intelligenter Ermittler bei den vorliegenden Todesfällen, der zusammen mit Adelia und Mansur entscheidende Schritte zur Überführung des Mörders machen kann.
Aber auch ein weiterer Mann, der eine zunächst undurchsichtige Rolle inne hat, beteiligt sich an der Aufklärung der Morde- der Steuereintreiber Sir Roland Picot, ein ehemaliger Kreuzritter. Sehr zum Verdruss von Adelia, die sich trotz aller Zweifel, die sie an seiner Unschuld hegt, nach einer Weile zu ihm hingezogen fühlt.
Bei ihren Ermittlungen stoßen sie auf grauenvolle Einzelheiten und es scheint, als ob der Mörder der Kinder eine wahre Bestie in Menschengestalt sei. Da die Einwohner von Cambridge immer noch die Juden für schuldig halten, werden sie zum Schutz evakuiert und leben auf der hiesigen Burg in ärmlichen Verhältnissen. Die Zeit drängt, denn nicht nur die Lage für die Juden ist mehr als bedrohlich, außerdem wird der Mörder sich bald sein nächstes Opfer suchen.
Als sie dem Täter fast auf der Spur sind, geschieht jedoch ein Mord, der Adelia weit zurück wirft. Der Mörder ist sich mittlerweile bewusst, wie nah sie ihm auf den Versen ist und spielt mit ihr „Katz und Maus“.
Als ein weiteres Kind entführt wird, das ihr nahe steht, geht sie jedoch aufs Ganze um den Jungen zu finden und den Mörder endlich zu überführen. Dabei gerät Adelia jedoch in Lebensgefahr...
„Die Totenleserin“ von Ariana Franklin alias Diana Norman ist der erste Teil einer neuen Krimireihe über die „Pathologin“ Adelia aus Salerno, die im Mittelalter angesiedelt ist.
Der Schreibstil der Autorin ist unglaublich fesselnd, die Ausdrucksweise ihrer Romanfiguren, die typisch für ihre Zeit ist, verlieht dem Buch ein gewisses Flair und die Beschreibungen des mittelalterlichen Cambridges sind so bildhaft, dass man als Leser auf Anhieb in die Story hineingesogen wird und das Gefühl bekommt, man schaue der Protagonistin selbst bei ihrer Arbeit über die Schulter.
Seit der grandiosen „Bruder Cadfael“ Reihe von Ellis Peters hat mich kein historischer Krimi in der letzten Zeit so begeistern können, wie der erste Teil dieser neuen Reihe.
Die Romanidee, eine aufgeklärte Pathologin aus Salerno, zur Aufklärung einer Mordserie nach England zu versetzen- wir sprechen hier von einem Land, das in dieser Zeit noch unter großem Einfluss der Kirche stand und in dem Frauen mit einem medizinischen Hintergrundwissen sogleich als Hexe verurteilt wurden, ist erfrischend anders und sorgt immer wieder für viel Konfliktsituationen und Reibungspunkte zwischen der Heldin des Romans und dem Klerus.
Ein weiterer Reibungspunkt ist da auch Adelias männliche Begleitung- der Jude Simon und der Araber Mansur, die zunächst ebenfalls gegen die Vorurteile der englischen Bevölkerung ankämpfen müssen.
Die präzisen Angaben über die verschiedenen Todesursachen der Kinder, die Adelia akribisch aufschreiben lässt, sind zwar nichts für eher zartbesaitete Leser, da Adelias Obduktionen sehr realistisch geschildert sind, jedoch sorgen sie für eine leicht beklemmende Atmosphäre und lassen den Leser nicht unberührt.
Abgesehen von der eher düsteren Atmosphäre die das Buch ausstrahlt, sind die Dialoge der Romanfiguren durchaus amüsant und intelligent. Obwohl die Heldin Adelia auf den ersten Blick ein wenig verschlossen und „kauzig“ wirkt, schließt man sie schnell in sein Leser-Herz. Das gleiche gilt auch für die Nebenfiguren wie zum Beispiel dem Prior, dem die Heldin auf unkonventionelle Art und Weise das Leben retten kann, dem liebeswürdigen aber scharfsinnigen Juden Simon, Adelias Leibwächter Mansur und seinen Schimpftiraden, oder auch für die Haushälterin Gyltha, ihren frechen aber schlauen Enkel Ulf und Sir Rowley, der eine besondere Rolle für die Heldin in dem Roman spielt.
Der Kriminalplot selbst ist sehr gut durchdacht und obwohl man als Leser immer wieder einige Anhaltspunkte von der Autorin vermittelt bekommt, tappt man bis zum Schluss im Dunkeln.
Fazit: Ein spannender, erster Fall und gelungener Auftakt zur Reihe um die „Pathologin“ Adelia.