Cover-Bild Marylin
18,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Edition Atelier
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 25.01.2017
  • ISBN: 9783903005280
Arthur Rundt

Marylin

Primus-Heinz Kucher (Herausgeber)

Gesellschaftsdrama im New York der 1920er-Jahre: Obwohl sich Marylin den Avancen Philips zu entziehen versucht, folgt er ihr nach New York. Dort kommen die beiden schließlich zusammen und beginnen ein glückliches, scheinbar sorgenfreies Leben im Jazz Age der Großstadt. Doch als Marylin ein Kind mit dunkler Hautfarbe zur Welt bringt, zerbricht Philips heile Welt in tausend Scherben ...
Arthur Rundt schildert in seinem Roman von 1928, der nun erstmals als Buch erscheint, nicht nur ein Amerika im Aufbruch, sondern auch den schwelenden (Alltags-)Rassismus, der von allen hingenommen wurde.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.02.2018

Eine Leidenschaft

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ist es, das da aus Seattle kommend in der Toskana, die ihre neue Heimat werden soll, landet: Lina hat nach kurzer und schwerer Krankheit ihre Mutter verloren und soll nun bei ihrem Vater in Italien leben, ...

ist es, das da aus Seattle kommend in der Toskana, die ihre neue Heimat werden soll, landet: Lina hat nach kurzer und schwerer Krankheit ihre Mutter verloren und soll nun bei ihrem Vater in Italien leben, von dem sie bis vor Kurzem noch überhaupt nichts wusste.

Und zunächst mag sie dort auch überhaupt nicht bleiben, ist ihr neuer Wohnort doch - gerade in ihrer aktuellen Situation - ein äußerst morbider: sie lebt auf einem amerikanischen Soldatenfriedhof, einer Gedenkstätte also. Außerdem ist ihre beste Freundin tausende von Kilometern entfernt, überhaupt alle Menschen, die sie kennt, auch ihre Großeltern.

Doch langsam freundet sie sich mit ihrer Umgebung an und lernt nicht nur ihren Vater zu schätzen, sondern auch das Umfeld - es zeigt sich, dass es sehr attraktive Jungs in der Toskana gibt, die auch gar nicht abgeneigt sind, mit Lina Zeit zu verbringen.

Wenn sie mal dazu kommt, denn sie ist an das Tagebuch ihrer Mutter aus deren Italienzeit gekommen und an deren Geschichte ist so einiges ziemlich fragwürdig. Allmählich tastet sich Lina vor, nicht ohne Hilfe der neuen Bekannten.

Ein schönes Jugendbuch, das auch sehr eindringlich die Stimmung in der Toskana spiegelt und nur gelegentlich zu sehr an der Oberfläche bleibt.

Sommerlektüre fürs Gemüt nicht nur für junge Italienurlauberinnen!

Veröffentlicht am 15.06.2017

Marylins Dilemma

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Vorab:
Das Buch ist hochwertig aufgemacht, mit Lesebändchen und mit einem interessanten Nachwort mit Endnoten versehen. Auch gibt es ein Foto des Schriftstellers. Ich mag es, wenn eine Ausgabe so liebevoll ...

Vorab:
Das Buch ist hochwertig aufgemacht, mit Lesebändchen und mit einem interessanten Nachwort mit Endnoten versehen. Auch gibt es ein Foto des Schriftstellers. Ich mag es, wenn eine Ausgabe so liebevoll gestaltet wurde & wenn man als Rezipient zum Weiterlesen animiert wird.

Arthur Rundts Roman erschien 1928.
„Marylin“ ist zeitlich in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts angesiedelt. Die Goldenen Zwanziger stehen für ausschweifende Feste, neue Freiheiten, sexuelle Experimente und Drogenkonsum in Europa und insbesondere Berlin, aber auch für Prohibition und Rassentrennung in den USA.
Rundts Roman beginnt zunächst im amerikanischen Mittleren Westen und führt den Leser dann in die eigentlich liberale Großstadt New York.
In Chicago trifft ein junger Mann eines Tages auf ein wunderschönes Mädchen, insbesondere ihre dünnen, hellen Arme haben es ihm angetan. Der naive Philip verfolgt die junge Frau, erkennt ihre tägliche Routine, und obwohl sie sich ihm entzieht und sogar umzieht, gelingt es ihm, obwohl es zunächst dagegen ist, das Objekt seiner Begierde zu heiraten und eine Familie in New York zu gründen. Doch als der Nachwuchs zur Welt kommt, ist Philip außer sich vor Wut, und das eigentlich allgegenwärtige Unheil nimmt seinen Lauf…
Ein so gutes Buch wie „Marylin“ habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Sachlich und nüchtern prangert der Autor soziale Ungerechtigkeit und Diskriminierung an, er legt den Rassismus in den damaligen USA schonungslos offen.
Sein Roman hat eine ganz klare Botschaft; trotz der linearen und konventionellen Erzählweise gelingt es Rundt ausgezeichnet, die Gefühle und Gedanken der Protagonisten transparent zu machen. Insbesondere Marylins Qualen werden eindrücklich beschrieben.
Der Autor zeigt in „Marylin“ auch auf, dass man andernorts liberaler und aufgeklärter war ( obschon die scheinbar Aufgeklärten auch Vorurteile haben, wie die vordergründig unvoreingenommene Französin Odette).
Der Roman endet tragisch, aber bei aller Dramatik gleitet Rundt meines Erachtens nie ins Kitschige ab.
„Marylin“ hat mich nachdenklich und betroffen gemacht.
Daher vergebe ich fünf Sterne für den Roman & ich spreche eine ganz klare Leseempfehlung aus!

Veröffentlicht am 15.06.2017

Ein Spiegel für uns alle

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„Marylin“ ist im Jahr 1928 als Fortsetzungsroman in der „Neuen Freien Presse“ erschienen und liegt jetzt erstmals als Buch vor. Es ist gut, dass der Verlag „Edition Atelier“ diese Perle entdeckt und der ...

„Marylin“ ist im Jahr 1928 als Fortsetzungsroman in der „Neuen Freien Presse“ erschienen und liegt jetzt erstmals als Buch vor. Es ist gut, dass der Verlag „Edition Atelier“ diese Perle entdeckt und der Allgemeinheit zugänglich gemacht hat, denn es ist ein wundervolles Stück Geschichte.

Was dieses Buch so herausragend macht, ist für mich vor allem der Schreibstil. Schon zu Beginn werden uns Beobachtungen geschildert in einer simplen, naiven Art, die an ein Kind erinnert, das vollkommen unreflektiert seine Umwelt wahrnimmt. Gleichzeitig bemerkt man als Leser jedoch beim Fortschreiten der Handlung, dass gewisse eingestreute Wörter wie „selbstverständlich“ und „natürlich“ zeigen, dass der Autor eine große Distanz zu dem hat, was er beobachtend beschreibt. So selbstverständlich er also Handlungen und Normen der Zeit dem Leser auch präsentiert, so deutlich wird doch, dass ein negatives Werturteil darüber gefällt wird. Durch die klare, schlichte Sprache, die ganz selten nur auf Emotionen schließen lässt, wirkt das Werturteil nur umso stärker.

Natürlich wissen wir heutzutage, dass Rassismus schlecht ist. Und natürlich ist uns bewusst, dass das Amerika in seinen „goldenen zwanziger Jahren“ ein sehr, sehr großes Problem mit Rassismus hatte. Doch gerade durch die Sprache des Romans wird deutlich, dass Amerika sich seines Problems gar nicht bewusst ist. Man ist eben rassistisch. Jeder ist es. Menschen dunkler Hautfarbe sind „Zeug“, welches als Liftboy dienen kann oder als Boxer oder Sänger der Unterhaltung dient. Eine Freundschaft mit ihnen zu führen, ist ein sehr liberaler Zug, wie Philip, unser Protagonist, stolz feststellt, aber damit hausieren geht er dennoch nicht. Man ist lieber angepasst und macht mit beim Weg nach oben, beim sozialen Aufstieg, beim Gefühl, dass wir alles schaffen können, wenn wir nur wollen.

Und zunächst schafft Philip alles, was er will: Er will Marylin für sich gewinnen, das gelingt. Er will eine gut bezahlte Anstellung, das gelingt. Er will Marylin heiraten – auch das gelingt, wenn auch nur nach Mühen. Doch die Fassade des liberalen Mannes, dem gelingt, was immer er anfasst, bröckelt schon früh. Lange will Marylin nicht mir ihm zusammen ziehen, geschweige denn ihn heiraten. Dass sie einige Zeit ebenso viel verdient wie er, bereitet ihm Bauchschmerzen. Als ihr eine leitende Position angeboten wird, in der sie mehr verdienen würde als er, bricht er beinahe weinend zusammen. Und dann kommt der große Tag, an dem für ihn tatsächlich alles zusammenbricht.

An jenem Tag zeigen auch seine Freunde, wer sie wirklich sind. Der Rassismus ist so stark verwurzelt, dass die Freunde nicht einmal merken, dass ihre Gedanken und Aussagen von Rassismus geleitet werden. Sie sind so erfüllt von Hass und Abscheu, dass sie ohne zu zögern das Schlechteste von einem vormals geliebten Menschen denken. Und der liberale Philip ist zu schwach, um diesen Einflüsterungen zu widerstehen. Auch wenn er sich am Ende stärker und mutiger zeigt, als man es ihm zuvor zugetraut hat, bleibt er doch über lange Strecken schwach.

Und das ist auch das eine, einzige Problem, welches ich mit diesem Roman habe: Philip will Marylin, aber warum will sie ihn? Auch wenn wir manchmal in ihre Perspektive schlüpfen, so verstehe ich doch nie, was sie in ihm sieht. Er ist sturköpfig und trotzdem schwach, er gibt sich liberal, aber ist nicht mutig genug, das auch öffentlich zu tun. Er ist das perfekte Produkt der Zeit: Immer nach vorne, immer weiter, nie zurückblicken, keinen Gedanken verschwenden an Konflikte. Er kann bedenkenlos umziehen, ist nirgends gebunden, solange es nur immer weiter und weiter geht in seinem Leben, auswärts. Sein Ehrgeiz stammt daher nicht einmal aus dem Wunsch, reich zu werden. Nein, es ist das Ziel, mehr zu verdienen als die Ehefrau, um als Versorger der Familie gelten zu können. Eine Ansicht, die in dieser Zeit eigentlich schon überholt war und erst nach den beiden großen Kriegen zurückkehrte. Er ist liberal und stolz darauf, aber im Herzen ist er zugleich sehr konservativ. Was also sieht eine Frau wie Marylin in ihm? Wieso lässt sie sich mit ihrem Hintergrund auf ihn ein?

Trotz dieser Kritik ist das Buch sehr gut – und sehr wichtig. Auch wenn der offensichtliche Rassismus der Zeit überwunden ist, so hält uns das Buch doch auch heute noch einen Spiegel vor. Wie liberal sind wir wirklich, wenn wir gezwungen wären, für diese Werte einzustehen? Wie oft nehmen wir Dinge als selbstverständlich hin, die eigentlich grausam sind? Das Buch ist so nüchtern und sachlich geschrieben und genau deswegen gelingt es dem Autor, den Finger direkt in die Wunde zu legen.


FAZIT:

Mit „Marylin“ ist es Arthur Rundt gelungen, ein offensichtliches Problem in eine Sprache zu verpacken, durch welche es normalisiert und emotionslos wird. Genau dadurch aber schauen wir überhaupt erst hin, genau dadurch, dass uns ein Spiegel vorgehalten wird, dass uns gezeigt wird, wie gerne wir offensichtliche Probleme ignorieren, weil sie offensichtlich sind, bekommt der Roman ein scharfes Schwert. Das Buch verlangt Aufmerksamkeit und meine hat es mühelos erhalten. Es ist anspruchsvoll zu lesen und gewiss keine Unterhaltungslektüre, doch wenn man sich darauf einlässt, ist es aufweckender als jeder Kaffee. Über einige inhaltliche Mängel kann man da leicht hinwegsehen.