Das Sachbuch „Ordnung für immer“ wurde von der Stiftung Warentest publiziert und von den Autorinnen Gunda Borgeest (studierte Philologin & Ordnungscoach) & Petra Thorbrietz (Wissenschaftsjournalistin) ...
Das Sachbuch „Ordnung für immer“ wurde von der Stiftung Warentest publiziert und von den Autorinnen Gunda Borgeest (studierte Philologin & Ordnungscoach) & Petra Thorbrietz (Wissenschaftsjournalistin) verfasst. Die Haptik und die Größe des Buches sind perfekt; da es nicht zu groß ist, nimmt man es gerne zur Hand, um darin zu blättern. Die Schriftgröße ist definitiv nicht zu klein. Das Layout ist stimmig, die Gliederung gelungen. Der Leser arbeitet sich durch drei Teile, es ist ein klassisches Workbook (teils zum Ausfüllen), das mit Sonderseiten, die auch ausdruckbare pdf-Dateien enthalten, punkten kann, man muss aber nicht umständlich erst QR-Codes scannen, um beginnen zu können. Natürlich steht „die Psychologie der Ordnung“ im Mittelpunkt. Es gibt sinnvolle Tipps. Auch Tricks zur Entwicklung von wiederkehrenden Ritualen sind enthalten. Nicht umsonst prangt auf dem Cover der Slogan „Aufräumroutinen, die glücklich machen.“ Es gibt insgesamt fünf Kapitel, wobei das letzte Kapitel zum Anhang gehört.
Dem Leser soll „der einfache Weg zu einem aufgeräumten Leben“ aufgezeigt werden. Daher erfinden die Autorinnen das Rad nicht neu, aber sie geben durchaus sinnvolle Hilfestellung. Man möge „keine toten Dinge“ (vertrocknete Blumen etc.) horten – das versteht sich wohl von selbst. Die Forderung „mit weniger leben lernen“ sehe ich indes kritisch, da hier automatisch vom Überfluss ausgegangen wird (ich bin aber auch kein Fan von Tiny Houses & Co.). Achtsamkeitsübungen können sinnvoll sein; klar ist auch, dass im Buch die Konzepte der extrinsischen und intrinsischen Motivation erläutert werden; nie gleiten die Autorinnen in esoterisches Blabla ab. Das Buch ist für Anfänger (und Fortgeschrittene?) gut geeignet, manche Anregungen finde ich jedoch überflüssig (soll man Bücher alphabetisch oder farblich im Regal sortieren?) und von der Pomodoro – Methode für‘s Zeitmanagement hat wohl jeder schon einmal gehört (es werden diverse Techniken vorgestellt). Insgesamt gefällt mir das Sachbuch aber gut, da man nicht vom Inhalt „erschlagen“ wird. Auch der Ton ist freundlich und angemessen. Daher kann ich „Ordnung für immer“ zur Lektüre durchaus empfehlen.
In der fünften Klasse bekommt Naomi Light aus Oklahoma einen Brieffreund zugeteilt. Luca Pichler aus Kalifornien ist ganz schön frech! Also schreiben sich die Amerikaner mehr oder weniger gemeine ...
In der fünften Klasse bekommt Naomi Light aus Oklahoma einen Brieffreund zugeteilt. Luca Pichler aus Kalifornien ist ganz schön frech! Also schreiben sich die Amerikaner mehr oder weniger gemeine Sachen à la „Ich hoffe, du stirbst.“ Ein paar Jahre später – Naomi arbeitet inzwischen als Wetterfee bei einem Regionalsender in Florida – taucht wieder eine fies - lustige anonyme Nachricht auf. Naomis Kollegin Anne wittert sofort einen Stalker, doch die rothaarige Meteorologin muss sofort lachen und sie weiß – nur Luca kann der Verfasser des sarkastisch – boshaften Grußes sein! Zusammen mit Anne, die ihr den Spitznamen „Gnom“ verpasst hat, macht sich die Fernsehfrau auf die Suche nach dem Kindheitsfreund/feind, den sie nie persönlich getroffen hat. Doch da gibt es auch noch den heißen Nachbarn namens Jake. Schon längst hat es zwischen Naomi und dem Meerestierarzt gefunkt…
Die Leseprobe zu „P. S. I Hate You – Auf dem schmalen Grat zwischen Hass und Liebe“ fand ich unheimlich witzig, daher wollte ich den Roman unbedingt lesen. Dass Pubertierende sich böse Briefe schreiben, ist nicht so abwegig. Ich musste einfach wissen, wie die RomCom enden wird, zumal ich am liebsten Enemies - to – Lovers - Geschichten lese. Manchmal möchte man schlicht gut unterhalten werden & etwas „für’s Herz“ lesen. Der Anfang des spicy Romans gefiel mir noch ganz gut, aber die Briefe waren teils so fies, dass es nicht mehr lustig war. Der Inhalt war ernst, vor allem Lucas Schicksal ist hart. Insofern ist die Handlung anfangs einigermaßen deprimierend, dabei hatte ich mich auf eine spritzige Lovestory eingestellt. Es gibt (ganz klassisch) alternierende Erzählperspektiven. Leider war mir schon im ersten Drittel (!) der Erzählung das große Geheimnis der Geschichte klar. Das fand ich sehr enttäuschend. Die Figuren sind unheimlich flach (und wunderschön, wie könnte es anders sein). Naomi ist sehr naiv. Anders hätte die Geschichte auch nicht funktioniert. Obwohl die deutsche Übersetzung sicher nicht falsch ist, wirkt der Spitzname „Gnom“ seltsam deplatziert. Der zweite plot twist war auch vorhersehbar. Die sehr gemeinen Briefe in der Einleitung lesen sich unangenehm, der Mittelteil zieht sich in die Länge, gegen Ende wird es aber noch einmal interessant. Es macht aber wenig Sinn, dass die Protagonistin ein schlechtes Gewissen bekommt, als sie berechtigte Kritik äußert. Ferner werden im Roman toxische (männliche) Verhaltensweisen legitimiert, das gefiel mir gar nicht. Aufgelockert wird das Ganze durch süße Haustiere, das ist ein Pluspunkt. Aber es ist zu wenig, um dem Roman und den Figuren Tiefe zu verleihen. Schade! Aus dem „Stoff“ hätte man mehr machen können, der Stil von Donna Marchetti ist sehr simpel. Von einem Chicklit-Schmöker erwarte ich keinen Mann’schen Tiefgang, aber ein wenig ‚Feintuning‘ sollte schon vorhanden sein.
Fazit:
„P. S. I Hate You – Auf dem schmalen Grat zwischen Hass und Liebe“ ist schnell gelesen & schnell vergessen.
Frankreich, im Mai 1968:
Arbeiterproteste und Studentenunruhen dominieren die Straßen von Paris, es kommt zum Generalstreik – Chaos!
Mittendrin: Drei Freundinnen, die Vorreiterinnen der neuen ...
Frankreich, im Mai 1968:
Arbeiterproteste und Studentenunruhen dominieren die Straßen von Paris, es kommt zum Generalstreik – Chaos!
Mittendrin: Drei Freundinnen, die Vorreiterinnen der neuen Zeit sein wollen. Als eine der Studentinnen getötet aufgefunden wird, tippt die Polizei auf einen Ritualmord, da die Pose der Leiche einerseits an Tarotkarten & andererseits an eine Yogaübung angelehnt zu sein scheint. Als auch die Zweite aus dem Kleeblatt bestialisch ermordet wird, ist für den Kommissar klar, dass die Spur nach Indien führt, wo eine Sekte ihr Unwesen treibt (der Guru heißt nicht Bhagwan). Gemeinsam mit seinem Bruder, einem Studenten der Geisteswissenschaften und Mädchen Nr. 3 (ist sie die Nächste auf der Liste des Serienmörders?) reist der Haudegen nach Südasien, sozusagen ins Herz der Hölle, doch der Weg wird das Ermittlerteam wieder nach Europa führen…
Der Film „Die purpurnen Flüsse“ (mit den Top – Schauspielern Reno und Cassel) gehört zu meinen liebsten Buchverfilmungen (die Serienadaption finde ich aber richtig schlecht). Grangés letzte Publikation habe ich regelrecht „verschlungen“ - „Die marmornen Träume“ haben mich gut unterhalten.
In „Blutrotes Karma“ bleibt der französische Autor dem ‚Strickmuster‘ aus den „Träumen“ treu – es gibt ein Ermittlerteam, welches aus einem Dreiergespann besteht (nebst sidekick Berto), wobei zwei Personen Zivilisten sind.
„Blutrotes Karma“ ist eine einigermaßen wilde Mischung: Der Thriller ist nichts für schwache Nerven, als historischer Roman bietet er spannende Einblicke in die Geschichte (manchmal wird auch das Fantasygenre gestreift).
Diesen Mix muss man mögen, wie immer neigt Grangé zu Übertreibungen, er kombiniert sozusagen Dichtung und Wahrheit.
Es gefiel mir, dass es im Roman keine billige Blumenkinderromantik und kein kitschiges Indienbild gibt – das Gegenteil ist der Fall; Grangé präsentiert eine regelrechte Horrorvision der Umgebung mit „wimmelnden Menschenmassen“ und eine Kritik am Tantrismus (Man sollte immer daran denken, dass er einen Unterhaltungsroman geschrieben hat und keine wissenschaftliche Arbeit).
Die Gefahren und Irrwege des Hippie Trails werden aufgezeigt (wie auch in der Netflixserie „The Serpent“), der Subkontinent wird nicht zum gelobten Land verklärt, sondern als „Land des Teufels“ porträtiert, (die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen) in welchem obskure Praktiken nicht wenige Opfer forderten. Die kulturgeschichtlichen Hintergründe, die der Autor anführt (ob es sich nun um Europa oder um Indien handelt), sind sehr interessant. Zwar wusste ich, dass es auch eine französische Kolonie in Indien gab, dass Sikhs die Gebote ihrer Religion sehr ernst nehmen, „Aghori“ waren mir vor der Lektüre jedoch kein Begriff. Das Europabild des Autors ist nicht so düster, Kritiker werden ihm sicher einen kolonialen Blick attestieren. Eine filigrane Figurenzeichnung ist Grangés Sache nicht; wie so oft gibt es einen traumatisierten „Superbullen“: Algerienveteran Jean – Louis „JL“ Mersch ist ein drogensüchtiger Haudegen und ein überzeugter Sozialist, sein Halbbruder Hervé ein vergeistigter Intellektueller, die schlaue Studentin Nicole ist eine Vertreterin des Pariser Großbürgertums, und – wie könnte es anders sein – wunderschön. Auch der dramatische plot bietet keinen dezenten Handlungsverlauf; formal ist der Roman in mehrere Teile gegliedert, wobei der letzte Abschnitt schnell auserzählt ist - Dan Brown lässt grüßen. Manches wirkt recht konstruiert, ein Satz ist unfreiwillig komisch; trotz kleiner Schwächen ist für mich „Blutrotes Karma“ dennoch das Thriller- Highlight des Jahres. Die bildhafte Erzählweise des Autors macht eine längst vergangene Ära wieder lebendig; daher hebt sich „Blutrotes Karma“ angenehm von der Krimimassenware, die den Markt überschwemmt, ab. Die Geschichte ist durchweg spannend, ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der mich derart gefesselt hat! Im Kern ist der Histokrimi eine Liebeserklärung an Paris. Ich freue mich schon auf den nächsten Roman.
Mit „Dirty Diana: Das Erwachen“ haben Jen Besser und Shana Feste den Auftaktband zu einer Trilogie vorgelegt. Der Roman basiert wohl auf einem US-Podcast. Das Buchcover gefällt mir richtig gut, ...
Mit „Dirty Diana: Das Erwachen“ haben Jen Besser und Shana Feste den Auftaktband zu einer Trilogie vorgelegt. Der Roman basiert wohl auf einem US-Podcast. Das Buchcover gefällt mir richtig gut, der Titel erinnert an einen Michael Jackson – Song, die Rede von ‚Awakening‘ macht neugierig.
Schauplatz USA:
Die 41jährige Diana hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann – Mann und Kind, eine bürgerliche Existenz, materiell fehlt es ihr an Nichts.
Doch die sexuellen Bedürfnisse der Protagonistin unterscheiden sich von denen ihres Mannes Oliver, sie hat keinen „Spaß“ mehr im Bett. Diana kommt eigentlich aus ärmlichen Verhältnissen, auch durch ihre Heirat hat die Frau, die ihren Mann als junge Künstlerin einst kennenlernte, den sozialen Aufstieg geschafft.
Als Twen beschloss sie aus ihrer versifften, kommunenartigen WG auszuziehen, nachdem die hygienischen Verhältnisse nicht mehr zumutbar waren; während der Wohnungssuche lernte sie ihren Ehemann kennen.
Als auch eine Paartherapie nicht zum Erfolg führt, erinnert sich Diana an ihre heiße Affäre mit Fotograf Jasper. Und ein altes Projekt wird wieder wichtig – die sexuellen Vorlieben von ganz normalen Frauen verewigte Diana auf Band, um sie in Kunst zu verwandeln, Oliver findet allerdings keinen Gefallen an den „pornografischen“ Inhalten. Die Protagonistin beschließt dennoch, dass das Projekt eine Vollendung verdient hat.
Dianas Hintergrund und ihr Werdegang sollen hip und wild sein. Das „unangepasste Künstlerin“ – Trope ist leider furchtbar konventionell konzipiert. Trotz diverser Zeitebenen ist der Roman stilistisch eher simpel angelegt, was bedeutet, dass man ihn theoretisch flott lesen könnte – es gibt aber auch gewisse Längen in der Erzählung. Die Grundidee ist nicht schlecht – das Ganze wirkt in gewisser Weise allerdings sehr „amerikanisch“, die Figurenzeichnung ist nicht besonders filigran, es fehlt insgesamt an Komplexität. Beim Lesen hat man das Gefühl, die Geschichte bereits irgendwo gehört zu haben, und manche Elemente erinnerten mich an die Netflix – Serie „Sex/Life.“ Überraschend fand ich eigentlich nur das offene Ende des Romans. Die Story ist trotz der steamy Szenen irgendwie dröge, Diana ist definitiv keine Edna Pontellier. Aus dem ‚Stoff‘ hätten die Autorinnen viel mehr machen können. Das „Erwachen“ fand ich insgesamt eher langweilig, daher werde ich den Folgeband (und den Finalband) nicht lesen.
„Intermezzo“ ist der vierte Roman der irischen Erfolgsautorin Sally Rooney. In der Geschichte geht es um Trauerbewältigung und Beziehungslosigkeit, um Emanzipation und Versöhnung.
Der Handlungsort ist ...
„Intermezzo“ ist der vierte Roman der irischen Erfolgsautorin Sally Rooney. In der Geschichte geht es um Trauerbewältigung und Beziehungslosigkeit, um Emanzipation und Versöhnung.
Der Handlungsort ist Irland, der Radius der Figuren ist begrenzt (was aber nicht zu Langeweile führt). Die Grundstimmung ist melancholisch, aber nicht deprimierend. Im Focus der Erzählung stehen Ivan und Peter Koubek, Söhne eines slowakischen Vaters und einer irischen Mutter, die Eltern sind allerdings getrennt, was dazu führte, dass die Jungen eine enge Vaterbeziehung hatten, während die Mutter eine neue Familie gründete.
Als Papa Koubek nach schwerer Krankheit stirbt, fehlt den Brüdern der Anker, der Twen Ivan ist ein sozial gehemmtes Schachgenie mit Zahnspange, der 32jährige Peter das genaue Gegenteil – ein eloquenter, extrovertierter Anwalt. Die offene Geschwisterrivalität ist ein Problem, die Situation eskaliert, als Peter Ivans Partnerwahl kritisiert. Die 36jährige Margaret könne nicht normal sein, so der Vorwurf Peters. Pikant: Peters Freundin ist eine junge Studentin, er hängt allerdings auch an seiner Exfreundin Sylvia, einer Professorin. Seit einem Unfall ist Sylvia sexuell nicht mehr verfügbar, sie beklagt sich über „Schmerzen“ beim Sex, weswegen sie sich von Peter trennt. Margaret lebt nicht mehr mit ihrem problematischen Mann zusammen, sie übt sich in Selbstzensur, hat stets Angst, sich als raubtierhaftes Cougar der sozialen Ächtung auszusetzen, während Naomi, die im selben Alter wie Ivan ist, keine Angst davor hat, auch finanziell von Peter zu profitieren. Im Roman wird die Wichtigkeit von Sexualität betont, es geht im Kern um Generationenunterschiede.
Rooney arbeitet mit dem Stilmittel des Bewusstseinsstroms (was sich bei einer irischen Autorin quasi aufdrängt). Eigentlich ist der Roman recht dialoglastig, da Rooney aber nicht mit Anführungszeichen hantiert, war ich beim Lesen nicht genervt von den Ausführungen der Protagonisten. Anfangs war ich richtig begeistert von der Erzählung, da es um so Vieles geht, um Gott und die Welt, wenn man so will. So viele kluge Gedanken und feinsinnige Beobachtungen werden in der Geschichte geäußert, es geht um individuelle Freiheit, aber auch um das Kollektiv, wenn etwa soziale Ungerechtigkeit angeprangert wird. Als sozialer Aufsteiger ist Peter in gewisser Weise unsicherer als der Nerd Ivan, wenn er über seinen gesellschaftlichen Rang sinniert: „Sein eigener [Vater]: der bescheidene, angepasste Einwanderer. Warum spricht dein Vater so komisch. Ihr seid nicht von hier, oder?“ Trotz aller Bemühungen kann der erfolgreiche Erstgeborene der Koubeks nicht in den inneren Kreis der wahrhaft Privilegierten vordringen – „Sie bekommen Stellenangebote von Freunden, er muss sich kümmern. Ungeschriebene Kleiderordnung, Sprachregeln. […] Und wo bist du zur Schule gegangen. Leben zu Hause in Ranelagh, während er die Hälfte seines Gehalts für Miete ausgibt.“
Mit dem Tod des Vaters fällt auch Peters Beschützerrolle weg. Seinen Kummer ertränkt er in Alkohol, ohne Schlafmittel liegt er wach. Er möchte nur „geliebt“ werden. Ivan spielt schlechtes Schach, und schließlich blockiert er Peters Nummer und es kommt zum großen Showdown. Werden die Brüder sich je versöhnen?
Ich habe „Intermezzo“ regelrecht verschlungen und ich hatte über weite Strecken das Gefühl, das beste Buch des Jahres gelesen zu haben. Den Stil der Autorin mag ich sehr! Die Story ist sehr spannend & an keiner Stelle langatmig. Die Charakterisierung der männlichen Protagonisten ist unglaublich gelungen, diese Figuren sind filigran und vielschichtig gezeichnet. Selbst die Beschreibung eines Haustiers (ich mag Haustiere in Romanen eigentlich nicht) ist prima. Rooney gelingt es, den Weltschmerz der eigentlich privilegierten Protagonisten nachvollziehbar und glaubwürdig abzubilden. Niemandes Leben ist in Gefahr – glücklich sind die Akteure zu Beginn der story dennoch nicht.
Bis zum letzten Drittel des Buches war „Intermezzo“ für mich ein 5 – Sterne – Werk. Der Finalteil hat mich indes enttäuscht. Die Figurenzeichnung der Frauen ist in meinen Augen nicht unbedingt gelungen, Margaret ist zwar älter als Peter, und sie schleppt Altlasten aus der Vergangenheit mit sich herum, sie ist aber auch wunderschön (ergo liebenswert?). Die eine supersexy, die andere superschlau, die Dritte superschön.
Von Sylvias Unfall ist stets die Rede, als Leser erfahren wir jedoch nichts über die genauen Umstände. Eine blitzgescheite Gelehrte mit Handicap, die aber auch selbstsüchtig ist und Peter den Laufpass gibt. Leider greift Rooney tief in die Klischeekiste, wenn sie die Intellektuelle, welche sich großmütig – gütig „arrangieren“ will, schmerzgeplagt mit Kotzkübel in der Nähe auf einem Teppich liegen lässt. Das Plädoyer für Polyamorie scheint eine einfache Lösung zu sein; die Auflösung der Geschichte war mir persönlich zu kitschig, die Qualität des Romans nimmt zum Ende hin leider ab. Lesenswert ist „Intermezzo“ dennoch.