Selbstfindung in Australien
No Hard FeelingsIch gebe es zu:
Das Cover von „No Hard Feelings“ hat mich zum Lesen „verführt“. Die warme Farbgebung und die stilisierte Frauenfigur in der Mitte des Buchumschlages machen neugierig auf Geneviève Novaks ...
Ich gebe es zu:
Das Cover von „No Hard Feelings“ hat mich zum Lesen „verführt“. Die warme Farbgebung und die stilisierte Frauenfigur in der Mitte des Buchumschlages machen neugierig auf Geneviève Novaks Debutroman.
Die Hauptfigur Penelope ‚Penny‘ Moore ist 27 Jahre alt und befindet sich in einer Dauerkrise. Wann beginnt endlich ihr richtiges Leben? Sie ist in ihrem Beruf als Account Managerin einerseits überfordert und möchte andererseits unbedingt von ihrer unterkühlten Chefin gemocht werden. Die On/Off Beziehung zu ihrem egoistischen (Ex)freund Max Fitzgerald tut ihr gar nicht gut, ihre Tinderdates sind unbefriedigend, aber es gibt auch Gutes im Leben der Australierin, die als Kind von der Mutter verlassen wurde: Zwar gibt es auch ein Konkurrenzdenken zwischen ihr und ihren Freundinnen (schließlich sind sie der jungen Frau in allen Dingen einen Schritt voraus), aber sie geben Penny auch Halt. Ihr Mitbewohner Leo, ein smarter Architekt, ist ein Typ zum Pferdestehlen…
Penny ist nicht von Krankheit, Krieg oder Armut bedroht. Da sie jedoch unter Panikattacken leidet und zur Therapie geht, wäre es gemein, ihre Schwierigkeiten als First World Problems abzutun. „No Hard Feelings“ ist in gewisser Weise ein Coming of Age – Roman, obwohl Penelope schon auf die 30 zusteuert. Man begleitet die von Selbstzweifeln gebeutelte Protagonistin auf ihrer Reise zu sich selbst, im Verlauf der Geschichte gewinnt die Heldin an Reife.
Anfangs fand ich den Roman stilistisch klasse, der Einsatz von Textnachrichten verleiht der Geschichte eine moderne Note. Eine Ich-Erzählerin führt durch das Geschehen, was einerseits den Blick des Lesers verengt & andererseits Sympathie für Penny erzeugen soll, ich hatte während der Lektüre definitiv Mitleid mit der Protagonistin, andererseits fand ich sie für ihr Alter fast zu kindisch. Wenn auf der Bucket List „eine Lücke zwischen den Oberschenkeln“ steht, stellt sich die Frage, ob die literarische Figur stimmig ist (für einen Bridget-Jones-mäßigen Punkt zum Abhaken nimmt sich der Roman zu ernst). Insgesamt gefiel mir das Tempo der Erzählung nicht so gut, ich musste mich stellenweise zum Weiterlesen motivieren, die lineare, dialoglastige Erzählweise ist Geschmackssache.
Fazit:
Als großer Fan von „Fleabag“, mit der das Buch beworben wird, finde ich, dass der Roman der Serie nicht ganz gerecht wird, aber das ist ein Marketingproblem. Man darf auch keine heitere Chicklit à la „Bridget Jones“ erwarten, da das humoristische Element fehlt. Für ein Psychogramm ist „No Hard Feelings“, das thematisch an eine Sally-Rooney-Konstruktion erinnert, andererseits einen Tick zu flach.
Ich bereue es dennoch nicht, den Roman gelesen zu haben. Vielleicht waren meine Erwartungen aufgrund des Slogans ‚Fleabag trifft Dolly Alderton‘ & der fantastischen Umschlaggestaltung einfach zu hoch.