Agententhriller der klassischen Art
Spanien, November 1936: Das Land befindet sich seit einem halben Jahr im Bürgerkrieg. Die junge Republik kämpft gegen rechte Putschisten unter General Franco. Auf Seiten der linken nationalen Volksfront ...
Spanien, November 1936: Das Land befindet sich seit einem halben Jahr im Bürgerkrieg. Die junge Republik kämpft gegen rechte Putschisten unter General Franco. Auf Seiten der linken nationalen Volksfront stehen Sozialdemokraten, Kommunisten, Sozialisten und Anarchisten, Franco wird unterstützt durch das Militär, diverse rechte Gruppen und die Falangisten und außerdem durch die deutschen und die italienischen faschistischen Regierungen. Jede Gruppierung hat ihren eigenen Führer und es gibt viele konkurrierende Geheimdienste, unter ihnen den SNIO mit Sitz in Salamanca, das sich unter der Kontrolle der Putschisten befindet.
Lorenzo Falco ist Agent des SNIO und Lieblingsspion seines Chefs. Im November soll er die Leitung eines besonders heiklen Auftrags übernehmen: die Befreiung eines Falangisten-Führers in Alicante, das fest unter der Kontrolle der Nationalisten steht. Zusammen mit einer Gruppe von Falangisten und dem deutschen Geheimdienst soll ein perfekt geplanter Sturm auf das Gefängnis stattfinden. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können, aber nicht jeder spielt mit offenen Karten, und so gerät Falco bald zwischen die Fronten…
Sehr spannender und cleverer Spionagethriller der klassischen Art und Auftakt einer Serie um den Spion Falco. Der Autor verknüpft geschickt und klug die historischen Hintergründe mit einer spannenden Rahmenhandlung und er versteht es, die komplizierten und für den Laien oftmals verwirrenden Gruppierungen und ihr Anliegen verständlich zu machen. Sein Schreibstil ist anspruchsvoll, aber dennoch eingängig und fesselnd. Die aufregende und auch schreckliche Epoche des spanischen Bürgerkrieges, an dessen Ende Franco als Sieger hervorging und danach lange Zeit als Diktator herrschte, spielt eine große Rolle in der Geschichte, sie ist der Ursprung der Handlung. Die Figuren sind Kinder ihrer Zeit, es gibt Gewinner und Verlierer des Krieges. Die Zerrissenheit, die Angst, aber auch der politische Fanatismus und die Brutalität aller Beteiligten werden sehr plastisch dargestellt.
Die Geschichte ist gänzlich aus der Perspektive des Agenten Falco verfasst, auf ihn konzentriert sich alles. Falco ist ein charismatischer Mensch, der sich seiner Wirkung auf Frauen sehr bewusst ist und diese auch sehr aktiv zu seinem Vorteil zu nutzen weiß. Er ist charmant, intelligent, kühl, berechnend und kaltblütig. Sein Lebenslauf wird dem Leser nach und nach eröffnet, allerdings auch nur grob, gegenüber seinen Mitmenschen bleibt er gänzlich verschlossen. Freundschaften oder gar Beziehungen existieren nicht, die engste Bindung ist die zu seinem Chef, und zu ihm hat er auch das größte Vertrauen. Trotz seiner Zugehörigkeit zum SNIO wird nicht klar, welcher politischen Richtung er zuneigt. Grundsätzlich ist er sich selbst der nächste und er weiß sich herauszuhalten. Bei der Operation muss er sich auf ihm unbekannte, sehr unterschiedliche Menschen verlassen, und hier zeigen sich sein starker Charakter und Führungswille. Mit seinen teilweise brutalen Äußerungen eckt er auch häufig genug an und macht sich unbeliebt. Aufgrund dessen und aufgrund seiner Handlungen ist er alles andere als ein sympathischer Charakter, eher zwiespältig und polarisierend, aber als Figur ist er sehr dominant, so dass man als Leser sofort unglaublich mit ihm mit lebt. Die anderen Charaktere, besonders die männlichen, bleiben in meinen Augen eher blass.
Als weiblichen (Gegen-)Part hat der Autor Falco Eva Rengel zur Seite gestellt. Sie ist ganz anders als die Frauen, die Falco sonst so aufreißt, unweiblich, ungepflegt, hart im Nehmen, extrem selbstbewusst und undurchsichtig. Ich muss gestehen, dass sie mir im Laufe der Zeit immer unsympathischer wurde. Ihre „stillen Blicke“ gingen mir nach einiger Zeit ebenso auf die Nerven wie ihre ständigen Unterstellungen, Äußerungen könnten gegen sie als Frau gerichtet sein. Mit ihr konnte man sich so gar nicht identifizieren, allerdings auch mit keiner anderen weiblichen Protagonistin. Sie blieb mir im gesamten Buch fremd, insofern hielt sich mein „Mitleben“ mit ihrer Person auch sehr in Grenzen, ganz anders bei Falco, der nach bester Agentenmanier in lebensbedrohliche Situationen kommt, dem man aber wünscht, heil wieder heraus zu kommen.
Fazit: Starker Autor, tolles Buch! Der Autor verwebt sein historisches Fachwissen klug und unprätentiös mit einer spannenden Handlung, die durchaus einige überraschende Wendungen bereithält, und er schreckt auch vor brutalen und blutigen Szenen nicht zurück. Ein gewisses Interesse an historischen Begebenheiten ist von Vorteil und die Bereitschaft, sich vielleicht einmal ein bisschen mit den Hintergründen zu befassen. Dies trägt zumindest zum besseren Verständnis bei. Der Roman ist nichts zum Herunterlesen, obwohl gar nicht einmal so dick, ist die Handlung kompakt und teilweise verworren, aber nie langweilig. Dass der Autor ein großer Erzähler ist, hat er hinlänglich bewiesen, und auch dieser Auftakt um den charmanten Spion ist sehr gelungen und macht Lust auf Mehr!