Cover-Bild Meine Schwester
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Sachbücher / Film, Kunst & Kultur
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 10.02.2022
  • ISBN: 9783462002379
Bettina Flitner

Meine Schwester

Kann ein Buch einen Lebensschmerz überwinden? Ja.

Als die Fotografin Bettina Flitner vor einigen Jahren vom Suizid ihrer geliebten Schwester erfuhr, waren die ersten Reaktionen Schock, Lähmung und Verzweiflung. Doch dann entschied sie sich zum Erzählen. Das Ergebnis ist ein tief bewegender, meisterhafter Text, ein Buch der Befreiung.

Mit einem an der Fotografie geschulten, unbestechlichen Blick, voller Hingabe, Witz und Traurigkeit erzählt Bettina Flitner die Geschichte einer innigen Geschwisterbeziehung: eine Kindheit der 70er Jahre, die Jahre auf der Waldorfschule, die Erinnerung an die charismatischen Großeltern, darunter ein berühmter Reformpädagoge, der Vater ein Kulturmanager und Exponent des links-liberalen Bildungsbürgertums der alten BRD, ein Jahr in New York, die Ferien auf Capri, die ersten Liebesabenteuer in der Pubertät. Und dann die Risse: die Überforderung der Kinder durch das Leben der Eltern im Zeichen sexueller Libertinage, die Flucht der Mutter in die Depression, die unerfüllbaren Berufserwartungen der Eltern an die Töchter. Bettina Flitners Buch ist ein bewundernswert mutiger Schritt, sich den Gespenstern der gemeinsamen Vergangenheit zu stellen, sich von diesen zu befreien und so den Tod geliebter Menschen verarbeiten zu können. Ein Buch über ein Thema, das für viele Menschen immer noch von Tabus und Schweigen besetzt ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2024

Sehr berührend!

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MEINE SCHWESTER
Bettina Flitner

TW: Depression, Suizid

„Wir waren zu zweit durch diese Wüste gegangen, meine Schwester und ich. Zu zweit gewandert durch diese erschöpfende Weite. Zu Beginn war der Winkel ...

MEINE SCHWESTER
Bettina Flitner

TW: Depression, Suizid

„Wir waren zu zweit durch diese Wüste gegangen, meine Schwester und ich. Zu zweit gewandert durch diese erschöpfende Weite. Zu Beginn war der Winkel zwischen unseren Wegen kaum sichtbar, kaum messbar gewesen. Aber er wurde doch größer mit jedem Schritt. Mit jedem Schritt entfernten wir uns mehr voneinander. Meine Schwester wählte die Liebe, ich die Achtung“. (S. 176/177)

Abends um 20 Uhr kam der Anruf: Susanne, ihre große Schwester ist tot, sie hat sich im Badezimmer erhängt.
Wie kann das sein? Sie hatten sich doch damals, nach dem Freitod der Mutter geschworen, dem anderen Bescheid zu geben, sollte sich irgendwann auch mal einer von ihnen umbringen wollen.
Vielleicht hatte Susanne auch Bescheid gegeben? Tinas Telefon hatte ja zuvor geklingelt und sie hatte auch den Namen ihrer Schwester auf dem Display gesehen - nur angenommen hatte sie den Anruf nicht. Sie hatte keine Zeit für ihre Schwester - für ein Gespräch das wieder mindestens eine Stunde über ihre Ängste und Depressionen dauern würde.
Und jetzt war es zu spät.

In Rückblicken erfahren wir die Familiengeschichte der Autorin.
Lernen ihre Eltern kennen, die es mit der Aufsichtspflicht nicht immer so ganz genau nehmen und deren Affären wichtiger sind, als den Mädchen ein Abendessen zu kochen.
Treffen die Großeltern, die aus ihren zugewiesenen Rollen der 70er-Jahre nicht ausbrechen können und bei denen man sich entscheiden muss, ob man Liebe oder Achtung bekommen möchte. Doch die Mädchen halten zusammen und sind ein Team, bis sich irgendwas ändert.

Die autobiografische Geschichte von Bettina Flitner hat mich sehr berührt. Ich habe das Buch in 1½ Tagen gelesen und konnte es kaum zur Seite legen.
Wunderschöne Sätze haben mich durch diese traurige Geschichte getragen, den Vergleich mit den Raben während der Depressionsschübe der Mutter fand ich wunderschön.
Diverse Male hatte ich Flashbacks - zu schön sind diese kleinen Beschreibungen von Süßigkeiten, Zeitschriften und den typischen Lebenssituationen in den 70er-Jahren.

Fazit:
Ein faszinierendes Buch, das man gelesen haben muss. Traurig und wunderschön.
5/ 5

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Veröffentlicht am 18.05.2022

Ehrlich und berührend

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«Da waren sie wieder. Die schwarzen Raben. Meine ganze Kindheit und Jugend über waren sie da. Sie kündigen sich nicht an. Sie näherten sich langsam, aber unaufhaltsam. Und dann waren sie da, ließen sich ...

«Da waren sie wieder. Die schwarzen Raben. Meine ganze Kindheit und Jugend über waren sie da. Sie kündigen sich nicht an. Sie näherten sich langsam, aber unaufhaltsam. Und dann waren sie da, ließen sich draussen auf den Bäumen nieder. Sie warteten, bis es so weit war. Und mit einem Schlag waren sie im Haus. Sie setzten sich überallhin, in die Küche, an den Esstisch, auf das Sofa. Sie waren im Flur, auf der Treppe und im Badezimmer. Sie saßen da, und sie blieben. Wie lange sie bleiben würden, wusste man nie. Einen Monat. Drei Monate. Oder länger?»

Bettina Flitner verlor 2017 ihre ältere Schwester durch Suizid. Jahre zuvor hatte sie ihre Mutter auf die selbe Weise verloren. Nun teilt sie ihre Geschichte. Sie erzählt vom Aufwachsen in Köln, dem Jahr in New York City, den Beziehungsproblemen der Eltern, den Ängsten der Mutter und später der Schwester, den Aufenthalten in der Psychiatrie. Sie erzählt von den schwarzen Raben, die sie so gut kennt. Und obwohl sie die Raben schon so oft gesehen hat, weiss sie nicht, wie man sie verjagen kann.

Flitners Biographie hat mich sehr berührt. Ihr Schreibstil ist ehrlich, teils poetisch, und immer schonungslos. Obwohl sie nie Depressionen erlebt hat, schafft sie es mit den schwarzen Raben doch unglaublich treffend, diese zu beschreiben. Danke, Frau Flitner, dass Sie über dieses Thema sprechen. Dass Sie die Familiengeschichte öffentlich machen. Ich schätze das sehr, wie hoffentlich viele andere Leser auch. Ein sehr wichtiges, gutes, berührendes, trauriges Buch.

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