Cover-Bild Potenziell furchtbare Tage
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22,90
inkl. MwSt
  • Verlag: Haymon Verlag
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 04.06.2024
  • ISBN: 9783709982297
Bianca Jankovska

Potenziell furchtbare Tage

über Anti-Work, Menstrual Health und das gute Leben
Das Ende der Ausbeutung – mit Menstrual Health und Anti-Work die Arbeitswelt revolutionieren

Potenziell furchtbare Tage: wie Arbeit und Menstruation zusammenhängen
Acht Jahre lang ergründete Bianca Jankovska am eigenen Leib, was passiert, wenn Zyklus und die damit verbundenen Schmerzen auf Lohnarbeitsabhängigkeit treffen. Ein meltdown moment folgte dem nächsten. Denn: Unsere Leistungsgesellschaft zwingt uns dazu, uns trotz monatlich wiederkehrender Schmerzen und mitunter Krankheitssymptomen zum Job zu schleppen – wenn nötig unter Medikamenteneinfluss. Menstruationsurlaub oder ein zyklusorientiertes Arbeitszeitmanagement gibt es in Deutschland und Österreich nicht. Ganz ehrlich: Im kapitalistischen Patriarchat, in dem wir leben, klingen sie eher nach Utopie als nach realisierbaren Errungenschaften. Fakt ist außerdem, dass die vorherrschenden Arbeitsstrukturen nicht nur Menstruierende, sondern auch psychisch Erkrankte, Marginalisierte – und die Umwelt – ausbeuten und krank machen.
Es muss sich also dringend etwas ändern! Wie? Indem wir unser heutiges Arbeitssystem sabotieren und einen Anti-Work-Feminismus implementieren – ganz ohne Perioden-Glitzergedöns und Wärmflaschen-Merch.

Dieses Buch ist das Gegenteil von dem, was auf LinkedIn abgeht.
Hier gibt es keine Tipps für’s Bewerbungsgespräch – und kein schlechtes Gewissen, wenn du am Ende des Jahres keinen Meilenstein zu verkünden hast. Anti-Work bedeutet übrigens nicht, nie mehr zu arbeiten. Die Idee dahinter ist viel mehr, dass wir uns als Gesellschaft von krankmachenden Arbeitszwängen lösen und damit aufhören, uns selbst auszubeuten oder schlecht zu fühlen, wenn wir einmal nicht arbeiten (können). Bianca Jankovska verbindet persönliche Anekdoten mit strukturellen Problemen und erzählt eindrucksvoll von Therapie im Kapitalismus, PMS und PMDS, von Privilegien-Checks, Kündigungserfahrungen, Scham, Schuld und Schmerz. In augenöffnender Einfachheit zeichnet sie Lösungsvorschläge und Perspektiven für eine gesündere und bessere Arbeitswelt. Willkommen in der feministischen Anti-Work-Bewegung: für Menstruierende, Arbeitende, Selbstständige und alle, deren psychischen und körperlichen Ressourcen von Tag zu Tag weniger werden.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.07.2024

Leider ein emotionales Luftablassen, ohne Erkenntnisgewinn - etwas für Fans der Autorin

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In Potentiell furchtbare Tage verspricht Bianca Jankovska Einblicke in Anti-Work, Menstrual-Health und das gute Leben zu geben. Ich habe ein locker und zugleich klug und pointiert geschriebenes Buch erwartet, ...

In Potentiell furchtbare Tage verspricht Bianca Jankovska Einblicke in Anti-Work, Menstrual-Health und das gute Leben zu geben. Ich habe ein locker und zugleich klug und pointiert geschriebenes Buch erwartet, das zum Nachdenken anregt. Leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt. Was das Buch stattdessen ist, lässt sich schwer einordnen. Im Mittelpunkt stehen persönliche Anekdoten mit denen die Autorin versucht ihre Gesellschaftskritik herzuleiten und zu begründen. Dies ist jedoch aus meiner Sicht leider nicht gelungen.

Mir persönlich ist die innere Konsistenz in Debattenbeiträgen wichtig, da ich sonst den Eindruck habe, dass es nicht um eine fundierte Auseinandersetzung mit einem Thema geht, sondern lediglich ein emotionales Luftablassen. Letzteres mag sicher auch seine Berechtigung haben, als Buchbeitrag sollten Lesende hier jedoch meiner Meinung nach vorgewarnt werden, denn als Leserin wird man so letztlich als Echokammer genutzt, in der die Autorin sich einfach mal auslassen kann, wie ungerecht die Welt ist. Ein echter Mehrwert an Information und Reflexion entsteht dabei nicht.

Leider ist genau dies über weite Teile in potenziell furchtbare Tage der Fall. So kritisiert die Autorin beispielsweise einerseits den von ihr vermeintlich erlebten krankmachenden unmenschlichen Arbeitsdruck und erklärt einige Seiten weiter, dass sie über Jahre in ihrer Lohnarbeitszeit statt sich den Aufgaben für das Unternehmen und ihrem Tätigkeitsprofil zu widmen, u.a. ihre Bachelor- und Masterarbeit und auch einen Teil ihre Bücher geschrieben hat - in ihrer Arbeitszeit. Wie dies mit den 150 Seiten zuvor zusammenpasst, in denen sie ausführlich erläutert, wie das System und andere Menschen sie krank machen, bleibt offen. Wobei letzteres ein durchgängiges Muster in der Argumentation ist, über weite Teile arbeitet sich die Autorin an anderen Personen, Ansätzen, „dem System“ etc. ab, und wertet diese ab. Für mich war dies nach einiger Zeit einfach nur anstrengend und ermüdend. Einige, durchaus vorhandene wichtige und gute Gedanken, geraten dabei leider in den Hintergrund, wie auch das Thema menstruelle Gesundheit. Im Mittelpunkt steht das Erleben der Autorin, ihre Sinnsuche in der Welt und das Hadern mit dieser. Dies wird bis ins Detail ausgeführt, u.a. welche Selbsthilfechannel- und Bücher sie nutzt, nur um dann festzustellen, dass all dies nutzlos ist und selbst wiederum monetären Interessen folgt. Wer hätte das gedacht. Eine echte Problemlösungskompetenz sieht anders aus.

Das beschriebene Erleben und Handeln der Autorin war für mich über weite Teile nicht nachvollziehbar und in der Form nicht geeignet die durchaus richtigen und wichtigen Thesen zu strukturellen Defiziten und Diskriminierung in patriarchal-kapitalistischen Gesellschaften zu begründen. Über knapp 300 Seiten kristallisiert sich heraus, dass die Autorin, weniger den Kapitalismus, sondern grundsätzlich Strukturen und Regeln, wie sie beispielsweise Lohnarbeit inhärent sind, ablehnt und sich davon gegängelt und ihrer freien Entfaltung eingeschränkt fühlt. Dies ist jedoch zunächst ein Persönlichkeitsmerkmal, das durchaus einer Varianz unterliegt. Problematisch wird dies beispielsweise, wenn die Autorin ihre eigene Persönlichkeitsstruktur und Präferenz als allgemeingültig auslegt und daraus die grundsätzliche Ablehnung jeglicher Lohnarbeit als schlecht für den Menschen ableitet. Dies dürfte in der Form kaum haltbar sein. Unklar bleibt auch, inwiefern die Präferenz für Individualismus und Ablehnung von Strukturen als Kapitalismuskritik dienen kann. Denn gerade die von der Autorin im Kern als krankmachend empfunden Strukturen und Zwänge sind eben nicht dem Kapitalismus inhärent, sondern finden sich auch in anderen Gesellschaftsformen. Letztlich wird Potentiell furchtbare Tage so zu einer Selbstdarstellung mit Einblicken in das Denken und Handeln der Bianca Jankovska, ohne einen echten Erkenntnisgewinn, der über diese Darstellung hinausgeht.

Dies mag aus psychologischem und sozialpsychologischem Blickwinkel durchaus interessant zu lesen sein, zeigt es doch, wenn auch unfreiwillig, anhand der Autorin wie wichtig persönliche Handlungskompetenz als individuelle Ressource ist und die Fähigkeit berechtigte Ängste und reale Grenzen von imaginierten zu unterscheiden. Für Personen, die inhaltliches Interesse an den Themen haben, die Einband und Titel suggerieren, wird das Buch jedoch aufgrund seiner inhaltlichen Schwächen eventuell zur Enttäuschung.

All dies ist letztlich nicht nur schade sondern auch relevant, wenn das Grundanliegen und echte gesellschaftliche Problemlagen in den Fokus treten. Denn das Wirtschafts- und Sozialsystem ist zutiefst ungerecht und für zu viele Menschen ist jeder Tag zu spät, an dem nicht endlich grundlegende Veränderungen angestoßen werden. Ich spreche beispielsweise von Menschen denen schwerkrank, aus ökonomischen Gründen und anderen Barrieren im Gesundheitssystem, der Zugang zu einer angemessenen Behandlung und oft auch soziale Absicherung verwehrt wird, Menschen in anderen persönlichen Problemlagen (sei es durch Krankheit, Behinderung, persönliche Lebensschicksale etc.), die nicht nur täglich diskriminiert werden, sondern denen durch starre, bürokratische von einer kapital- und effizienzgesteuerten Logik getragene Regelungen zum Teil selbst eine rudimentäre soziale Absicherung verwehrt wird, Kinder, die in Armut aufwachsen, mit allen Konsequenzen und durch fehlende Chancengleichheit ihr weiteres Leben und ihre Lebenschancen beeinflusst sehen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Gerade die massiven Konsequenzen bestimmter Defizite im bestehenden Wirtschafts- Sozial und Gesundheitssystem und deren negative, zum Teil existentiellen Folgen für viel zu viele Menschen erfasst die Autorin mit ihren selbstfokussierten Zeilen jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund schadet das Buch aus meiner Sicht der Debatte und echten Veränderungen mehr als es dienlich sein könnte.

Auch die Informationsvermittlung zur PMDS ist aus meiner Sicht nur bedingt hilfreich bis sogar potentiell schädlich. Die geteilten Informationen im Anhang zu Symptomatik, Diagnostik etc. sind zwar interessant, jedoch fehlt mir hier der Hinweis an Betroffene echte fachlich-medizinische Unterstützung, trotz oder gerade wegen der schlechten medizinischen Versorgung des Krankheitsbildes, in Anspruch zu nehmen, ebenso wie bei Bedarf anerkannte Selbsthilfeorganisationen mit entsprechender Expertise zu kontaktieren. Ohne entsprechende Einbettung wirken die Ausführungen wie eine Einladung zur Selbstdiagnostik, die bei gesundheitlichen Problemen zweifelhaft bis gefährlich sein kann.

Ich kann das Buch daher leider nicht empfehlen. Zum einen aufgrund der inhaltlichen Schwächen, von denen ich oben einige versucht habe zu erläutern. Zum anderen sehe ich den Umgang der Autorin mit gesellschaftlichen und persönlichen Problemlagen, wie sie ihn in ihrem Buch präsentiert, als ausgesprochen destruktiv und potentiell (selbst)schädigend und kann nur hoffen, dass andere Leserinnen sich daran kein Beispiel nehmen. Der Autorin wünsche ich von Herzen alles Gute und, dass sie ihren Weg findet.

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