Eindrucksvolle und berührende Geschichte von Spätaussiedlern aus Russland
Ein Hochhaus mit 16 Stockwerken à 5 Wohnungen am Stadtrand, in der Nähe einer Autobahnausfahrt, dahinter ein Wald; hier wohnt Nanushka mit ihrer Familie und Freunden in bescheidenen Verhältnissen.
Babulya, ...
Ein Hochhaus mit 16 Stockwerken à 5 Wohnungen am Stadtrand, in der Nähe einer Autobahnausfahrt, dahinter ein Wald; hier wohnt Nanushka mit ihrer Familie und Freunden in bescheidenen Verhältnissen.
Babulya, ihre Urgroßmutter, hatte sie einst von Sibirien nach Deutschland getragen, um ihr in der neuen alten Heimat ein besseres Leben zu ermöglichen. Während das unter der Aufsicht der Urgroßmutter Mädchen aufwächst, wird diese das emotionale Zentrum der Hausgesellschaft.
Jetzt ist Babulya so alt, dass sie kaum noch ihr Bett verlässt. Nanushka kümmert sich liebevoll um sie, ist sie doch ihre wichtigste Bezugsperson und ihre emotionale Anbindung an ihr Geburtsland. Erinnerungen an Babulyas Leben in Sibirien verbinden sich mit der Gegenwart und Nanushka tritt Babulyas Erbe an.
Meine persönlichen Leseeindrücke
„Bis wir Wald werden“ ist ein besonderes Buch, das mit einem besonderen Ton besticht, und das über das Leben der Russlanddeutschen (oder auch Spätaussiedlern) in Deutschland erzählt, aus erster Hand der Autorin sozusagen. Birgit Mattausch hat als Pastorin viele Jahre diese besondere Minderheit begleitet und erzählt in ihrem Debütroman über das Leben in Deutschland und die Erinnerungen der älteren Generation an Sibirien.
Nanushka kommt als Baby nach Deutschland. Ihre Urgroßmutter hat sie buchstäblich den langen Weg aus der Sibirien getragen, um ihr ein neues Leben zu schenken. So wächst das Mädchen mit ihren Cousinen in der neuen, fremden Heimat auf, denn was nun Heimat ist, scheint sich zu einem kompliziertes Verhältnis zu entwickeln. Die Frage nach der Identität der Spätaussiedler, wie sie zur deutschen Gesellschaft stehen und passen und was die eigene Familiengeschichte ist, wird behutsam und feinfühlend dargelegt.
Immer wieder werden pointierte Alltagsepisoden von Nanushka und ihren Freunden mit Rückblicken der Urgroßmutter an ihr Leben in der Sowjetunion unterbrochen. Besonders die Traumausschnitte, in denen Babulya ihrem geliebten Mann, dem Bären, im Wald begegnet, der verschleppt wurde und nicht mehr zurückkehrte, wird sehr berührend erzählt. In Deutschland ist Babulyas Reich eine Miniküche in einer Wohnung dieses Architekturmonsters, abgeschirmt von der Realität der neuen Heimat, verstrickt mit Erinnerungen und vielen Weisheiten.
Doch das Buch ist auch eine Hommage an Babulya, die für eine Generation von Frauen steht, die in der Sowjetunion keine Zukunft sahen und die Aussiedlung nach Deutschland als einzige Chance für ein gesichertes Leben für sich und die kommenden Generationen.
Fazit
„Bis wir Wald werden“ erzählt von Russlanddeutschen, die nach Deutschland kamen um sich hier in der Heimat eine neue Existenz aufzubauen. Es ist die Geschichte von Nanuschka und ihrer Urgroßmutter Babulya, aus ungewohnter Perspektive.