Cover-Bild Die Mütter
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12,00
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 15.10.2019
  • ISBN: 9783499273445
Brit Bennett

Die Mütter

Robin Detje (Übersetzer)

«Die Mütter», so nennen sie die alten Frauen in der kleinen kalifornischen Gemeinde Oceanside. Sie sind Zeugen des Skandals, mit dem dieser Roman beginnt. Ein Skandal ist es, wenigstens aus ihrer Sicht: dass Nadia Turner, deren Mutter sich das Leben genommen hat, mit Luke, dem Sohn des Pastors … dass Nadia Turner ein Baby bekommt … oder vielmehr beschließt, es nicht zu bekommen. Und das ist erst der Anfang der Geschichte.
Anders als Luke kehrt Nadia der Kleinstadtenge bald den Rücken. Aber Aubrey, ihre beste Freundin, bleibt und stellt sich auf ihre Weise gegen den Chor der alten Frauen, deren Stimmen mit der Zeit merklich auseinandergehen. Es dauert nicht lange, und sie feiern ein neues Paar in Oceanside: Aubrey und Luke Sheppard. Und das beschäftigt die vom College heimgekehrte Nadia mehr, als sie vor der besten Freundin zugeben kann.
Brit Bennett fragt nach dem, was uns hält und was uns bindet: Freundschaft, eine gemeinsame Vergangenheit, eine nicht gelebte Geschichte. In «Die Mütter» erzählt sie voller Respekt und mit der nötigen Respektlosigkeit von Herkunft, Hautfarbe und Geschlecht, erzählt mit einer gelassenen Genauigkeit, die staunen macht.
Ein lebenskluger Roman über das Amerika von heute und das Amerika von morgen.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.02.2023

Entlarvend tiefgründige Milieustudie

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Mit nur 26 Jahren veröffentlichte die afroamerikanische Autorin Brit Bennett ihren überzeugenden Debütroman „Die Mütter“. Darin zeichnet die Amerikanerin das entlarvende Bild einer Gesellschaft, die hohe ...

Mit nur 26 Jahren veröffentlichte die afroamerikanische Autorin Brit Bennett ihren überzeugenden Debütroman „Die Mütter“. Darin zeichnet die Amerikanerin das entlarvende Bild einer Gesellschaft, die hohe moralische Standards propagiert, während sie diese selbst nicht einzulösen vermag.

Die afroamerikanische Nadia Turner ist gerade einmal 17 Jahre alt als sie von ihrem Freund schwanger wird. Die Beziehung zu ihm stellte für sie einen Fluchtpunkt dar, nachdem sich ein halbes Jahr zuvor ihre eigene Mutter mit der Pistole des Vaters das Gehirn weggeschossen hat. Für Luke, Kindsvater und Pastorensohn, sollte eigentlich schon die Beziehung zu Nadia geheim bleiben, eine öffentliche Schwangerschaft wäre somit eine Katastrophe für ihn aber vor allem für das Pastorenehepaar. Die einzige Lösung scheint eine Abtreibung. Diese zerstört die Liebesbeziehung der beiden jungen Leute vorerst, und doch wird sich ihr Lebensweg in den nächsten Jahren immer wieder kreuzen. Und immer wieder wird das nicht ausgetragene Kind mal trennend, mal verbindend zwischen diesen beiden Menschen stehen. Nadia verlagert ihren Wunsch nach Nähe auf eine Mädchenfreundschaft mit Aubrey, ein eifriges Kirchengemeindemitglied. Das Geheimnis um die Abtreibung, die Freundschaft der beiden jungen Frauen sowie Liebesverflechtungen mit Luke machen den Plot des Romans nun fast zu einer griechischen Tragödie.

Aber nicht nur der Plot legt den Vergleich mit der griechischen Tragödie nahe. Auch die grandiose Struktur des Romans lässt daran denken und gibt ihm eine weitere Dimension. So beginnt der Roman quasi mit einem „Chorgesang“, denn die ältesten Damen der Kirchengemeinde, genannt „Die Mütter“, kommentieren durch ihren Klatsch und Tratsch, welcher immer in der Pluralform „Wir“ formuliert wird, die Geschehnisse um die drei jungen Leute. Über das gesamte Buch hinweg vervollständigen die Kommentarszenen die Handlungsszenen des Romans, ohne in die Handlung als solche einzugreifen.

Die Handlung ist nicht nur spannend und präzise konstruiert, sondern auch doppelbödig und entlarvend für die amerikanische Gesellschaft. Wenn wir durch die Mütter erfahren, dass die Kirchengemeinde damals bei der Eröffnung der Abtreibungsklinik vor zehn Jahren massiven Protest angewendet hat und gleichzeitig auf der Handlungsebene Lukes Eltern als Pastorenehepaar dieser Gemeinde die Kosten für die Abtreibung übernehmen, um ihrem Sohn „aus der Patsche“ zu helfen, wird das Ausmaß der Perfidität erst so richtig deutlich. Auch deckt Bennett durch das Aufeinandertreffen verschiedenster Figuren mit verschiedenen ethnischen Hintergründen nicht nur den Alltagsrassismus der Weißen gegenüber den Schwarzen auf, sondern auch gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen sowie dieser Minderheiten untereinander. All das verbindet Bennett durch ihren hervorragenden, gelassenen, nicht übermäßig dramatisierenden Schreibstil, der auf den Punkt genau die gewünschten Erkenntniseffekte erzielt.

So entspinnt sich nicht nur eine Geschichte um Verrat und Lügen auf persönlicher Ebene, sondern auch um die Emanzipation einer Frau aus ihrem Milieu in einem Kaff in San Diego County, welches außer einer Laufbahn auf dem nahen Militärstützpunkt oder als Football-Nachwuchs kaum Aufstiegschancen für eine Person aus einer marginalisierten Gruppe bietet, erst recht nicht für eine weibliche (!). Ein ganz großartiger Roman, welchen ich vorbehaltlos für eine aufschlussreiche Lektüre empfehlen kann.

5/5 Sterne

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Veröffentlicht am 18.02.2021

Die Mütter

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Schon beim Erscheinen des Hardcovers von "Die Mütter" im April 2018, habe ich das Buch ins Auge gefasst. Doch genau wie Nadias zweifelhafter Ruf in der Geschichte, ist der Roman in Vergessenheit geraten. ...

Schon beim Erscheinen des Hardcovers von "Die Mütter" im April 2018, habe ich das Buch ins Auge gefasst. Doch genau wie Nadias zweifelhafter Ruf in der Geschichte, ist der Roman in Vergessenheit geraten. Bis er für den Online Lesekreis Mariaslesekreis zur Auswahl stand und so den Weg zurück in mein Gedächtnis, die preisgünstigere Taschenbuchausgabe in mein Regal, fand.

"Die Mütter" ist die Skizze einer Gesellschaft, bestehend aus mehreren Generationen mit ihren Werten, Wünschen und Hoffnungen. Mit ihren Zielen und Niederschlägen, Träumen und Ängsten. Dass es sich um eine Gemeinde Schwarzer handelt, wird immer dann bewusst, wenn es um Ängste geht. Schwarze junge Männer, die bei den Marines sicherer leben, als auf der Straße, Schwarze junge Frauen, die von Ungleichheiten noch mehr gebeutelt werden, als weiße Mädchen. Ich vergesse es oft während des Lesens, doch dann überfallt mich der Rassismus immer wieder wie ein Messerstich.

"Subtiler Rassismus war auf gewisse Weise schlimmer, weil er einen irremachte. Dauernd musste man sich fragen: War das jetzt wirklich rassistisch? Oder habe ich mir das eingebildet?"

Im Fokus des Romans stehen Nadia und Luke, zwei junge Menschen, deren Wege vom Schicksal gezeichnet wurden und die aneinander Halt suchen. Nadia in der Trauer um ihre Mutter, Luke, weil sein großer Traum von einer Footballkarriere mit einem Unfall und den darauffolgenden körperlichen Beschwerden geplatzt ist. Sie treffen sich heimlich, lieben sich heimlich, zeugen heimlich ein Kind. Eins, das von der Mutter nicht gewollt ist. Nadia möchte ihr Leben in die Hand nehmen, niemandem verpflichtet sein, Karriere machen und ihren Heimatort Oceanside verlassen können, wann immer ihr danach ist. Luke muss bleiben, gefesselt durch seine Verletzung, seine Verpflichtungen. Sie gehen getrennte Wege und sind doch für immer miteinander verbunden.

Ich mochte "Die Mütter" sehr. Es steckt so viel ehrliches über Zwischenmenschliche Beziehungen darin, so viel Ironie des Schicksals, so viel Erkennen und Verstehen. Aber eben auch die Dramatik des Lebens. Brit Bennett schreibt über die Schwäche, die man uns Frauen versucht anzuerziehen, und die Stärke, die wirklich in uns steckt. Sie schreibt von Freundschaft und Familie, von Verbundenheit und gemeinsamen Erlebnissen. Ich könnte soviel über "Die Mütter" sagen, aber es gibt so vieles über Menschen, menschliches Verhalten, Zwischenmenschliches im Roman zu entdecken und Jede*r sollte die Möglichkeit haben, sich ein eigenes Bild zu machen, eigene Erfahrungen zwischen den Zeilen zu entdecken und Bekanntschaften zu schließen.

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