Besser als Rooney
Im Englischen heißt dieses Buch „Wet Paint“ und wer schon einmal Wände gestrichen hat, weiß, wie lange es manchmal dauert, bis die Farbe trocken ist. Noch länger dauert es, bis das Leben wieder, naja, ...
Im Englischen heißt dieses Buch „Wet Paint“ und wer schon einmal Wände gestrichen hat, weiß, wie lange es manchmal dauert, bis die Farbe trocken ist. Noch länger dauert es, bis das Leben wieder, naja, getrocknet ist, wenn etwas wirklich Schlimmes passiert. In Eves Fall ist das der Tod ihrer besten Freundin Grace vor fünf Jahren.
Eve wohnt in einer WG mit einem Pärchen als alles den Bach runtergeht. Erst verliert sie ihren Restaurant-Job als sie sich gegen die sexuelle Belästigung eines übergriffigen Gastes wehrt. Betrunken knutscht sie mit ihrem Mitbewohner, der das Geständnis an Weihnachten seiner Freundin unter den Tannenbaum legt und prompt fliegt Eve aus der gemeinsamen Wohnung. Ihr alkoholkranker Vater möchte sie nicht aufnehmen, es bleibt nur Max, ihr seit Jahren platonischer und dann doch richtiger Freund. Und Eves große Angst, es mit Max so richtig zu ruinieren, die bleibt auch. Vor allem, weil sie Graces Tod noch immer nicht verarbeitet hat.
„Das Leben in Nuancen“ ist ein Buch über Trauer, über Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, aber auch eines über die Lebensrealitäten von Late-20s und Thirty-Somethings. Eines über Großstadtleben und Aushilfsjobs, über persönliche Entwicklungen und wie unterschiedlich das Leben sein kann, auch wenn man nahezu gleich alt ist.
Ich mag es sehr, wie Chloe Ashby die Protagonistin angelegt hat, sie immer wieder stolpern und aufstehen lässt. Ich bin kein Kunstmensch und kann dennoch ihre Faszination greifen, mit der sie Woche für Woche ins Museum geht, ihre eigene Selbsthilfegruppe mit Manets Bardame Suzon, die plötzlich, genau wie Grace, weg ist, wenn auch nur in einem Pariser Museum und nicht auf einem Friedhof. Und mit gefällt wie Eve plötzlich merkt, dass sie nicht alleine ist, durch Max, durch ein kleines Mädchen namens Molly und trotz der Abwesenheit ihrer Eltern und Graces Tod.
Kein leichtes Buch, aber trotz der schweren Themen auch kein schwermütiges. Und für mich besser, intensiver und ehrlicher erzählt als die Romane von Sally Rooney. Wer die aber schon mag, liegt mit Chloe Ashby sicher richtig.