Eine Liebeserklärung an Afrika
Die junge adlige Engländerin Ivy nimmt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, von ihrem Interesse zur Natur und der Tierwelt geleitet, statt an ihrem Debütantinnenball, mit ihrem Vater an einer Afrikasafari teil. ...
Die junge adlige Engländerin Ivy nimmt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, von ihrem Interesse zur Natur und der Tierwelt geleitet, statt an ihrem Debütantinnenball, mit ihrem Vater an einer Afrikasafari teil. Dort lernt sie das Land und den attraktiven Jäger und Expeditionsleiter Adrian kennen und lieben. Sie bleibt bei ihm in Afrika und richtet sich dort in ihr neues Leben ein. Dieses, geprägt durch die Themen der Zeit: Großwildjagd, Kolonialismus, Missionierung, Stellung der Frau, Erster Weltkrieg und natürlich der Liebe, gestaltet sich allerdings ganz anders, als ursprünglich gedacht. Eine Konstante jedoch gibt es: Ivys Liebe zu Afrika.
Meine Meinung:
„Ein kleines Stück von Afrika. Aufbruch“ ist ein historischer Liebesroman, der das erste Viertel des 20. Jahrhunderts der Geschichte Afrikas aus Sicht einer jungen Engländerin beschreibt, die sich in das Land Afrika verliebt hat und sich den verbohrten Vorstellungen des damaligen Kolonialdenkens im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu widersetzen versucht.
Das Buch liest sich angenehm flüssig, es besteht eine schöne Balance zwischen Dialog und beschreibenden/erzählenden Passagen. Besonders Basiswissen über das Afrika dieser Epoche wird gut in Dialoge zwischen Personen unterschiedlicher Ansichten und unterschiedlichem Wissenstandes eingebunden und wirkt so nicht belehrend, sondern erfreulich informativ.
Als Leser erkundet man das Land stückweise zusammen mit der Protagonistin und erfährt nach und nach von der Schönheit des Landes, der Pflanzen- und Tierwelt, dem fragwürdigen, für diese Zeit aber wohl typischen Umgang der Europäer mit den Einheimischen, dem Missionarsbemühungen, dem Verhalten der Kirche in Afrika allgemein, und dem Leben im Ersten Weltkrieg und nach dem Krieg. Leider erfährt man nur wenig von dem Alltag und Denken der indigenen Bevölkerung, denn auch dies erfährt man nur eingefärbt durch die Augen der europäischen Protagonisten. Aber fairerweise muss man sagen, dass eine ausführliche Beschreibung des von den Europäern unbeeinflusste Leben der Afrikaner, die Erzählweise und Perspektive des Romans wahrscheinlich auch in eine nicht gewünschte Richtung verändern würde.
Was dargestellt wird, ist allerdings sehr glaubwürdig und lebendig dargestellt, so dass man sich beim Lesen immer wieder daran erinnern muss, dass es sich bei dem Erzählten nicht um die Jetztzeit handelt, sondern um die Zeit und Sichtweise des Kolonialismus. Trifft man dann im Roman auf Figuren, die dieser Haltung konträr gegenüberstehen, ist man immer wieder dankbar, dass jemand ausspricht, was man selber denkt. Denn zum Teil ist die Ungerechtigkeit derart plastisch dargestellt, dass man als Leser am liebsten in die Handlung eingreifen würde.
Zwar sind die einzelnen Personen zwar in Bezug auf das Thema sehr gut dargestellt, aber leider fehlt ihnen ansonsten ein wenig Dreidimensionalität. Es gibt kaum Charaktere von denen man weiß, was sie denken, wenn es nicht gerade ihre Haltung zu Afrika betrifft. Ich finde es ist ein wenig zu viel Raum, der dem Leser bleibt, um den Figuren eine Gestalt zu verleihen.
Ein wenig zu kurz kommt meines Erachtens auch die Erzählung der diversen Liebesgeschichten. Zwar werden diese latent immer mitgeführt, aber sie erhalten kaum Tiefgang. Dies ändert sich erst im letzten Viertel des Romans, hier werden Liebe und Verrat zum Thema und plötzlich kommen Gefühlsebenen auf, die im ganzen bisherigen Verlauf nicht angesprochen wurden. Die Ereignisse überschlagen sich und es wird diesbezüglich richtig spannend und dramatisch.
Obwohl alle Erzählstränge die im Laufe der Geschichte angefangen werden, auch logisch beendet werden und so mein Lesebedürfnis befriedigt haben, tun sich im letzten Viertel neue Optionen auf, die schon gespannt auf den zweiten Band der angehenden Buchreihe machen.
Insgesamt gibt es in dem Roman für jeden Geschmack etwas, mal gibt es schiere Infos über Land, Krieg, Orden etc. mal werden gesellschaftliche Entwicklungen gezeigt, so der Wandel des Resorts und dann endlich gibt es verwirrende Liebesgeschichten. Leider fehlt dem Buch durch die Fülle der aufgegriffenen Themen ein wenig der Tiefgang, aber man bekommt einen breitgefächerten Ersteindruck in die Verhältnis der Zeit und des Landes zu dieser Zeit. Es ist ein schönes, gut lesbares und empfehlenswertes Buch, welches Einblicke in eine Zeit liefert, die zum Glück hinter uns liegt. Alleine das ich am Ende, wenn auf der letzten Seite steht „Fortsetzung folgt“ als erstes dachte: „Hoffentlich und wann endlich“, spricht in meinen Augen für das aufgehende Gesamtkonzept des Buches.