Unerwartet Authentisch
Das Haus sieht aus wie jedes andere, doch lass dich nicht täuschen! Hier kannst du mehr gewinnen als Gold oder Juwelen - im legendären Spielhaus. Und wenn du raffiniert genug bist, darfst du gegen die ...
Das Haus sieht aus wie jedes andere, doch lass dich nicht täuschen! Hier kannst du mehr gewinnen als Gold oder Juwelen - im legendären Spielhaus. Und wenn du raffiniert genug bist, darfst du gegen die Besten der Besten antreten: die Spieler der Oberen Gemächer. Der Gewinn kann alles sein, was du dir je gewünscht hast: Macht über ganze Königreiche, ewige Jugend, immerwährendes Glück, Lebensjahre, um die Jahrhunderte zu überdauern. Doch je höher der Einsatz, desto tödlicher sind die Regeln …
Das Auffälligste an dem Buch ist der Schreibstil, weshalb ich mich auch für das Lesen dieses Buches entschieden habe. Es ist in einem sehr altertümlichen Schreibstil verfasst, der Leser ist ein aktiver Zuschauer, erst zum Ende hin wird das lyrische Ich verschoben. So wird der Leser immer wieder gebeten zuzuschauen, sich dazuzustellen oder sich zu verstecken, damit er vom Protagonisten der Geschichte nicht gesehen wird. Wie genau dies zu Stande kommt, wird gegen Ende aufgelöst. Was das Buch so interessant macht, wird also direkt als Stilmittel von der Autorin mitverwendet, was aber wie gesagt erst spät im Buch deutlich wird.
Im ersten Teil des Buches begleiten wir Thene Orcello, wir, der Leser und das lyrische Ich, dass sich im ersten Teil nicht ein einziges Mal als lyrisches Ich betitelt. Der Leser wird vom Erzähler nicht von der Spielerin abgelenkt, der Leser erfährt zum Beispiel (mit einer Ausnahme) nicht, wie es den anderen Spielern ergeht, es sei denn, die Spielerin wohnt dem entsprechendem Geschehen bei.
Die Art und Weise das Geschehen zu beschreiben, sowie der Umfang des Wissens des Erzählers ist an das Spiel angepasst. Es handelt sich bei dem Spiel, den ,,wir" beiwohnen um das erste Spiel vonThene.
Im zweiten Teil sind schon die Schriftarten der Überschriften und die Erzählweise nicht wie im ersten Teil, wobei das lyrische Ich bzw der Erzähler sich nicht verändert. Das Spiel, dem wir hier beiwohnen, ist eines von vielen, das unser Protagonist, Remy Burke, schon gespielt hat, er kann seinen Gegner besser einschätzen, hat mehr Erfahrung, dementsprechend mehr Informationen erhält auch der Leser.
Umso länger der Spieler schon Spiele spielt, desto besser kann auch der Leser sich in den Spieler hineinversetzen.
Immer wieder tritt das lyrische Ich hervor und spricht mit dem Leser selbst, kommentiert das Geschehen. Das lyrische Ich spricht von sich selbst als Veteran des Spielhauses, einem Spieler.
Ich möchte nicht spoilern, weshalb ich nicht anmerken werde, was im dritten Teil geschieht.
Das Ende des Buches fand ich im Handlungsverlauf etwas vorhersehbar. Im eigentlichen Ende gibt es keine Überraschung, keinen Schrecken, keine Irritation. Es kommt, wie es kommen muss, wobei Claire North es trotzdem schafft, das Ende nicht langweilig zu gestalten. Die Figuren sind durchdacht und facettenreicher dargestellt, als ich bei dem Schreibstil erwartet hätte.
Es ist kein schwieriges Buch, liegt nach dem Lesen nicht wochenlang schwer im Magen, bis man es verarbeiten konnte, ist aber auch keine seichte Unterhaltung. Viele Kleinigkeiten, Nebensätze, Kommentare des lyrischen Ichs, ergeben zum Beispiel erst im Nachhinein Sinn.
Mir hat das Buch alles in Allem sehr gefallen. Den Ansatz und die Idee finde ich großartig und kann das Buch nur jedem ans Herz legen, der gerne Romane liest, die sich mit der Frage nach moralischen Anschauungen und dem Verhältnis von Logik und Menschlichkeit auseinandersetzen, denn das ist letztlich das, worum sich die Konflikte des Buches drehen. Spieler spielen, und ,,wir" sehen zu und urteilen, oder urteilen nicht, welche Mittel die Spieler dafür auch immer benutzen und wie weit das Benutzen eben dieser Mittel auch gehen mag.