Rivolta
Im Jahr 1954 kommt der junge Ingenieur Vincent Schlewitz nach Mailand. Bei dem Autohersteller Rivolta soll er einen Lizenzvertrag über den Bau der Isetta abschließen. Da Vincent kein Wort italienisch spricht, ...
Im Jahr 1954 kommt der junge Ingenieur Vincent Schlewitz nach Mailand. Bei dem Autohersteller Rivolta soll er einen Lizenzvertrag über den Bau der Isetta abschließen. Da Vincent kein Wort italienisch spricht, muss ein Übersetzer her. Bereit steht die ebenfalls junge Sekretärin Giulietta. Vincent braucht nur wenige Minuten, um zu wissen, das ist sie. Giulietta genießt die Aufmerksamkeit des jungen Deutschen. Doch in Italien zählt die Familie viel, wenn nicht alles. Im Jahr 2014 hat die Mittdreißigerin Julia gerade einen Preis für ihre Modekollektion bekommen, da steht Vincent vor ihr und behauptet, er sei ihr Großvater.
Julia, deren Leben sich an einem Wendepunkt befindet, erfährt in Erzählungen der noch lebenden Beteiligten von ihren eigenen Vorfahren. Ihren Vater kennt sie kaum, von einem Großvater hat sie nie etwas gewußt. Ihre Mutter hat zwar gesagt, dass ihr Vater Italiener ist. Doch irgendwann hat sie auch berichtet, dass der Vater verstorben sei. Schon seit ihrer Kindheit hat Julia eine Zerrissenheit gefühlt. Nicht unbedingt, weil sie Halbitalienerin ist, das war in den Kreisen ihrer Mutter kein großes Thema, eher weil sie eine Leere in sich fühlte, weil ein Teil der Familie fehlte. Sie hat versucht im Job ihre Erfüllung zu finden. Und nun steht da ein unbekannter Großvater und berichtet von einer anderen Geschichte.
Inzwischen bereits fürs Fernsehen verfilmt, ist diese Familiengeschichte auch ein Spiegelbild der Kolonie der ersten italienischen Gastarbeiter in Deutschland. In Massen angeworben mussten sie feststellen, dass ihnen nicht viel Integrationswillen entgegen gebracht wurde. Man ging einfach davon aus, dass sie schon wieder gegen. Kinder wurden einfach in die Hauptschule gesteckt, anstatt sich mit ihnen zu beschäftigen und ihnen wenigstens die Sprache beizubringen. Noch vor dieser Zeit beginnt die Liebe zwischen Giulietta und Vincent. Vincent, dessen Familie im Krieg geblieben ist, der allein zwar, aber auch frei mit Bildung begonnen hat, seinen Weg zu machen. Und Giulietta, die eigentlich am liebsten schneidert und ihre Kleider selbst entwirft, die aber zum Familieneinkommen beitragen muss und deshalb in der selben Firma arbeitet wie ihr Bruder. Giulietta ist ihren entfernten Cousin Enzo versprochen, der hat schließlich dafür gesorgt, dass die armen Sizilianer im Norden Italiens unterkommen konnten.
Ein berührender Beginn einer unmöglichen Liebe, für die es kaum Hoffnung auf Erfüllung gibt. Zwar verliert die Geschichte sich ein wenig in Beschreibungen je weiter die Handlung voranschreitet, aber insgesamt bietet das Buch ein anschauliches zeitgeschichtliches Bild Italiens und Deutschlands der 1950 bis 1970er eingebettet in eine dramatische Familiengeschichte.