Band 71
der Reihe "Deutsche Zukunftsvisionen vor 100 Jahren"
49,80
€
inkl. MwSt
- Verlag: synergenVerlag
- Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft
- Genre: keine Angabe / keine Angabe
- Seitenzahl: 212
- Ersterscheinung: 01.10.2024
- ISBN: 9783910234710
Die weibliche Gefahr
Antifeminismus in der frühen deutschen Science Fiction und utopischen Karikatur 1861 - 1916
Erstmals wird der historische Beitrag der frühen deutschen Science Fiction 1861 - 1916 zum Antifeminismus untersucht.
Wenn auch das Subgenre der antifeministischen Utopie eher eine Nischenliteratur in der frühen deutschen Science Fiction darstellte, wurde die utopisch-antifeministische Karikatur in humoristischen Zeitschriften und Postkartenserien jedoch unter dem Duktus „Die Frauenbewegung bedeutet den moralischen Bankrott der Männerwelt“ weit verbreitet.
Im utopischen Gewand ließen sich die Frauenbewegung, Frauenrechte, Emanzipation („Diese neue Emanzipation macht alle echte Männlichkeit zum Hohn.“) und Gleichstellung der Frau („Die Frauen diktieren die Gesetze und unter ihrem Regiment werden die Männer kurz gehalten.“) hemmungslos diskreditierten, so durch parfümierte Männer in Frauenkleidern, rauchende Frauen in Männerkleidung, Ärztinnen, die Männer untersuchen, Richterinnen, die über Männer urteilen („Jeder Mann hat von vornherein unrecht ... man müßte das ganze Geschlecht ausrotten.“), im Weltparlament ohne Männer über diese entscheiden, Männer von der Hochschulausbildung fernhalten und sie stattdessen ausschließlich Hausarbeit machen lassen („Es geht nichts über einen häuslich erzogenen Mann.“), Ehefrauen, die ihren Mann auspeitschen, wenn er den Säugling nicht rechtzeitig versorgt, Männer, die totgeküsst werden und in einen „Liebesstreik“ treten müssen, männertolle Abgeordnetinnen, die meistens aufgrund von Schwangerschaft, Stillzeit oder „Frauenleiden“ nicht an den Sitzungen teilnehmen können, oder diese vorzeitig beenden, um sich in den Nebenräumen mit unverheirateten Männern zu vergnügen, sowie ein Bartverbot und die Zwangsehe für ledige Männer einführen, Frauen, die im Frauenstaat ihre infantilen Männer verachten und sich neuankommenden „echten Männern“ sofort unterwerfen.
Bis auf eine photonenstrahleninduzierte feminin-chromosomale Gechlechtsdeterminierung, die Antizipation von oviparen Frauen und die degenerative Verweiblichung des Mannes mit Männermilch hat das Subgenre der antifeministischen Utopie keine literarisch bedeutenden Texte hervorgebracht. Es wurden lediglich mehr als ein halbes Jahrhundert lang stets die gleichen frauen- und emanzipationsfeindlichen utopischen Stereotypen reproduziert, die letztendlich nur die damaligen Verlustängste vieler Männer bei einer völligen Gleichstellung mit der Frau widerspiegelten und in die Zukunft transferiert wurden.
Technische SF-Elemente fehlen hingegen weitgehend in den antifeministischen Utopien, sodass die wenigen Ausnahmen deshalb zu den heute noch lesenswerten Texten zählen, so diejenigen mit einem anthropomorphen Bildungs- und Prügelautomaten, einer Maschine, die KI-generierte Lyrik produziert, und besonders der Antizipation einer laßwitzaffinen, hypertechnisierten und -mobilen Zukunftswelt des Jahres 2499.
Das auffällige Fehlen von SF-Elementen ist daher symptomatisch für die antifeministische Utopie, die sich weniger als eine humorvolle oder ernsthafte Antizipation der Zukunft geriert, sondern durch die „utopische Methode“ primär die Frauenbewegung der Gegenwart diskreditieren wollte.
Die bedeutenden und produktivsten SF-Autoren der Zeit haben sich hingegen nicht antifeministisch geäußert, sondern in ihren besten Werken eher eine profeminine Zukunft mit vollständiger Gleichberechtigung antizipiert.
Doch auch in der damaligen utopisch-antifeministischen Karikatur seit 1873 wurde die Emanzipation der Frau übel diskriminiert, sodass sie zuerst oft als studentische Burschenschaftlerin oder später um 1900 sexistisch als vollbusige Soldatin lächerlich gemacht wurde, was zahlreiche Illustrationsbeispiele und weitverbreitete Ansichtskartenserien belegen, wobei die Tanz-, Heirats- und Kuss-Automaten noch zu den harmlosesten Karikaturen zählen.
Inhalt:
Zum antifeminin-utopischen Geleit
Genese der deutschen Science Fiction und die ersten utopischen Frauengestalten in den 1870er Jahren
Antifeminismus in der frühen deutschen Science Fiction
1861 Hundert Jahre Frauenemanzipation
1872 Die Fraueninsel
1883 Emancipationsblüthen
1886 Eine Parlamentssitzung in hundert Jahren
1887 Männermilch – Nieder mit den Ammen!
1890 Die Brutanstalt der eierlegenden Frauen
1890 Emancipata Zukunftsmusik
1894 Das Frauentribunal
1895 Fräulein Doctor
1895 Protest-Meeting
1896 Zur Männerfrage
1896 Eine Schulkonferenz im Jahre 2000
1897 Unter gescheiten Frauen
1898 Nach 100 Jahren
1899 Die Frau nach fünfhundert Jahren
1899 Aus dem Tagebuch eines jungen Mannes anno 2000
1901 Die Emanzipierten
1905 Im Reiche der Phäaken
1906 Anthropoovaropatus, der ovipare Mensch
1906 Fräulein Dr. jur. Cocos Werbung
1906 Im Frauenstaat. Aus einer Reichsratstagung
1907 Zukunftsmusik Männermangel
1908 In fünfzig Jahren
1910 Der letzte Leutnant
1911 Die Welt ist ein Theater
1911 Der Afrikaforscher am Kochherd
1914 Die Frauen von Utopia
1916 Die weibliche Gefahr
Die utopisch-antifeministische Karikatur 1873 - 1910 in Zeitschriften und Postkartenserien
Auswahlbibliographie
Sekundärliteratur
Wenn auch das Subgenre der antifeministischen Utopie eher eine Nischenliteratur in der frühen deutschen Science Fiction darstellte, wurde die utopisch-antifeministische Karikatur in humoristischen Zeitschriften und Postkartenserien jedoch unter dem Duktus „Die Frauenbewegung bedeutet den moralischen Bankrott der Männerwelt“ weit verbreitet.
Im utopischen Gewand ließen sich die Frauenbewegung, Frauenrechte, Emanzipation („Diese neue Emanzipation macht alle echte Männlichkeit zum Hohn.“) und Gleichstellung der Frau („Die Frauen diktieren die Gesetze und unter ihrem Regiment werden die Männer kurz gehalten.“) hemmungslos diskreditierten, so durch parfümierte Männer in Frauenkleidern, rauchende Frauen in Männerkleidung, Ärztinnen, die Männer untersuchen, Richterinnen, die über Männer urteilen („Jeder Mann hat von vornherein unrecht ... man müßte das ganze Geschlecht ausrotten.“), im Weltparlament ohne Männer über diese entscheiden, Männer von der Hochschulausbildung fernhalten und sie stattdessen ausschließlich Hausarbeit machen lassen („Es geht nichts über einen häuslich erzogenen Mann.“), Ehefrauen, die ihren Mann auspeitschen, wenn er den Säugling nicht rechtzeitig versorgt, Männer, die totgeküsst werden und in einen „Liebesstreik“ treten müssen, männertolle Abgeordnetinnen, die meistens aufgrund von Schwangerschaft, Stillzeit oder „Frauenleiden“ nicht an den Sitzungen teilnehmen können, oder diese vorzeitig beenden, um sich in den Nebenräumen mit unverheirateten Männern zu vergnügen, sowie ein Bartverbot und die Zwangsehe für ledige Männer einführen, Frauen, die im Frauenstaat ihre infantilen Männer verachten und sich neuankommenden „echten Männern“ sofort unterwerfen.
Bis auf eine photonenstrahleninduzierte feminin-chromosomale Gechlechtsdeterminierung, die Antizipation von oviparen Frauen und die degenerative Verweiblichung des Mannes mit Männermilch hat das Subgenre der antifeministischen Utopie keine literarisch bedeutenden Texte hervorgebracht. Es wurden lediglich mehr als ein halbes Jahrhundert lang stets die gleichen frauen- und emanzipationsfeindlichen utopischen Stereotypen reproduziert, die letztendlich nur die damaligen Verlustängste vieler Männer bei einer völligen Gleichstellung mit der Frau widerspiegelten und in die Zukunft transferiert wurden.
Technische SF-Elemente fehlen hingegen weitgehend in den antifeministischen Utopien, sodass die wenigen Ausnahmen deshalb zu den heute noch lesenswerten Texten zählen, so diejenigen mit einem anthropomorphen Bildungs- und Prügelautomaten, einer Maschine, die KI-generierte Lyrik produziert, und besonders der Antizipation einer laßwitzaffinen, hypertechnisierten und -mobilen Zukunftswelt des Jahres 2499.
Das auffällige Fehlen von SF-Elementen ist daher symptomatisch für die antifeministische Utopie, die sich weniger als eine humorvolle oder ernsthafte Antizipation der Zukunft geriert, sondern durch die „utopische Methode“ primär die Frauenbewegung der Gegenwart diskreditieren wollte.
Die bedeutenden und produktivsten SF-Autoren der Zeit haben sich hingegen nicht antifeministisch geäußert, sondern in ihren besten Werken eher eine profeminine Zukunft mit vollständiger Gleichberechtigung antizipiert.
Doch auch in der damaligen utopisch-antifeministischen Karikatur seit 1873 wurde die Emanzipation der Frau übel diskriminiert, sodass sie zuerst oft als studentische Burschenschaftlerin oder später um 1900 sexistisch als vollbusige Soldatin lächerlich gemacht wurde, was zahlreiche Illustrationsbeispiele und weitverbreitete Ansichtskartenserien belegen, wobei die Tanz-, Heirats- und Kuss-Automaten noch zu den harmlosesten Karikaturen zählen.
Inhalt:
Zum antifeminin-utopischen Geleit
Genese der deutschen Science Fiction und die ersten utopischen Frauengestalten in den 1870er Jahren
Antifeminismus in der frühen deutschen Science Fiction
1861 Hundert Jahre Frauenemanzipation
1872 Die Fraueninsel
1883 Emancipationsblüthen
1886 Eine Parlamentssitzung in hundert Jahren
1887 Männermilch – Nieder mit den Ammen!
1890 Die Brutanstalt der eierlegenden Frauen
1890 Emancipata Zukunftsmusik
1894 Das Frauentribunal
1895 Fräulein Doctor
1895 Protest-Meeting
1896 Zur Männerfrage
1896 Eine Schulkonferenz im Jahre 2000
1897 Unter gescheiten Frauen
1898 Nach 100 Jahren
1899 Die Frau nach fünfhundert Jahren
1899 Aus dem Tagebuch eines jungen Mannes anno 2000
1901 Die Emanzipierten
1905 Im Reiche der Phäaken
1906 Anthropoovaropatus, der ovipare Mensch
1906 Fräulein Dr. jur. Cocos Werbung
1906 Im Frauenstaat. Aus einer Reichsratstagung
1907 Zukunftsmusik Männermangel
1908 In fünfzig Jahren
1910 Der letzte Leutnant
1911 Die Welt ist ein Theater
1911 Der Afrikaforscher am Kochherd
1914 Die Frauen von Utopia
1916 Die weibliche Gefahr
Die utopisch-antifeministische Karikatur 1873 - 1910 in Zeitschriften und Postkartenserien
Auswahlbibliographie
Sekundärliteratur
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