Cover-Bild Der Osten: eine westdeutsche Erfindung
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19,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Buchverlage
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Gesellschaftliche Gruppen
  • Genre: Sachbücher / Politik, Gesellschaft & Wirtschaft
  • Seitenzahl: 224
  • Ersterscheinung: 23.02.2023
  • ISBN: 9783550202346
Dirk Oschmann

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung

Wie die Konstruktion des Ostens unsere Gesellschaft spaltet 

»Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.«

Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche Spaltung verantwortlich gemacht wird? Der Attribute wie Populismus, mangelndes Demokratieverständnis, Rassismus, Verschwörungsmythen und Armut zugeschrieben werden? Dirk Oschmann zeigt in seinem augenöffnenden Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Unsere Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert. Pointiert durchleuchtet Oschmann, wie dieses Othering unserer Gesellschaft schadet, und initiiert damit eine überfällige Debatte.

»Wer über den Beitritt und die Folgen sprechen will, wird um dieses Buch nicht herumkommen.« Ingo Schulze

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.01.2024

Sehr lesenswert

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In seiner 200-seitiges Wutrede zur systematischen und institutionellen Benachteiligung der ostdeutschen Gesellschaft spricht Oschmann zahlreiche Probleme und Gründe an, die zu bestimmten inhärenten politischen ...

In seiner 200-seitiges Wutrede zur systematischen und institutionellen Benachteiligung der ostdeutschen Gesellschaft spricht Oschmann zahlreiche Probleme und Gründe an, die zu bestimmten inhärenten politischen und gesellschaftlichen Strömungen in Ostdeutschland geführt haben. Er verteidigt diese dabei keineswegs, sondern ergründet sie und sieht dabei ein Versagen der eben überwiegend westdeutsch geprägten neueren (eigentlich bundes-)deutschen Geschichtsschreibung, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.
Er beleuchtet keine neuen Perspektiven, bündelt diese aber zusammenfassend. Der Verbot von Vermögensaufbau zu DDR-Zeiten, die geringe Wohneigentumsrate, unverhohlene und politisch akzeptierte Rückforderungen von Geflohenen, Ausgereisten und Erben aus dem Westen nach der Wende ohne Entschädigung, der systematische Ausverkauf der ostdeutschen Wirtschaft ( = mögliche Konkurrenz für westdeutsche Unternehmen) und damit verbundener Arbeitsplätze sowie die nachkriegszeitliche Abwanderung von Industrie gen Westen und ihr nahezu vollständiger Abbau zu Reparationszwecken gen Sowjetunion haben zu einem sondergleichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht geführt, dessen Früchte wir heute ernten.
Wenn die heutige Wirtschafts- und Politelite auch im Osten fast nur aus Westdeutschen besteht, dann haben die Ostdeutschen ein Repräsentationsproblem - mit Recht. Man stelle sich vor, Bayern würde von einem Rheinländer regiert - der Aufschrei wäre enorm. Aber die Ostdeutschen sollen sich fügen.
Wer nur ein bisschen Empathie besitzt, kann nachvollziehen, warum nach der Wende erst eine Politikverdrossenheit einsetzte, welche sich im Nachgang als gefundenes Fressen für - übrigens vor allem durch Westdeutsche aufgebaute und organisierte - rechtsextreme Parteien und Organisationen darstellte.
Oschmann vertritt diese Ansichten natürlich nicht, aber er sagt, dass man sich nicht wundern soll, wenn man Menschen so entwertet und behandelt.

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Veröffentlicht am 20.12.2023

Absolute Leseempfehlung!

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Klappentext:

„»Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.«



Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche ...

Klappentext:

„»Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.«



Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche Spaltung verantwortlich gemacht wird? Der Attribute wie Populismus, mangelndes Demokratieverständnis, Rassismus, Verschwörungsmythen und Armut zugeschrieben werden? Dirk Oschmann zeigt in seinem augenöffnenden Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Unsere Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert. Pointiert durchleuchtet Oschmann, wie dieses Othering unserer Gesellschaft schadet, und initiiert damit eine überfällige Debatte.“



Selbst nach über 30 Jahren Mauerfall sprechen wir immer noch von Ost und West. Der Ostdeutsche wird gern in gewisse Schubladen gepackt und ja, einige Ostdeutsche sehen sich auch gern darin. Autor Dirk Oschmann ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Uni Leipzig und hat eben dieses Buch verfasst. Der Titel ist recht eindringlich und als Frau, die eben im Osten geboren und aufgewachsen ist, empfand ich diese als unglaublich spannend. Nach beenden des Buches steht für mich definitiv fest: dieses Buch muss gelesen werden und es wird absolut den Weitblick dafür schärfen endlich aus diesem Schubladen-Denken zu entkommen. Oschmann zeigt auf, dass der Westen ebenfalls ein gewisses Klischeedenken mit sich trägt und dies gern mit dem Osten vergleicht. Fest steht, dass unsere Generation sowie die Nachkriegsgeneration zu einer Zeit groß geworden ist, als das Land von einem Weltkrieg wieder aufgebaut werden musste und kurze Zeit später sogar geteilt wurde. Wir waren alle gespalten damals und die Suche nach Heimat, nach Hier-gehöre-ich-hin fehlte bei allen! Wenn man so will wurde nicht nur die politischen Grenzen in Deutschland so neu definiert sondern auch der dort lebende Mensch. Ost und West war nun Realität und diese hielt 40 Jahre lang an. Genau dies bekommt man nicht so ohne weiteres aus den Köpfen der Menschen. Egal ob Ost oder West - diese Situation hat etwas mit uns allen gemacht! Dirk Oschmann packt das alles genau an dieser Wurzel an und zeigt, wie der Osten zu dem wurde, was irgendwie heute wie ein Damocles-Schwert imaginär immer noch über ihm schwebt. Der Ossi wird gern verurteilt aber es muss doch die Ursprungshandlung bzw. das Denken dessen beleuchtet werden warum er so handelt! Autor Dirk Oschmann beleuchtet eindringlich aber er gibt dem Osten dadurch auch keinen Freifahrtschein. Als Ost-Frau empfand ich das alles mehr als gerecht und keineswegs diffamierend. Einerseits ist es nicht nur die Ost-West-Denke sondern auch die Denke zwischen Männern und Frauen. Ost-Männer denken oftmals anders als deren Frauen und sehen das Vergangene auch anders. Im Westen sieht das nicht anders aus. Oschmanns Schreibstil ist eindringlich ja, aber auch oft schwer zu verstehen, da sein Ausdruck sowie seine Wortwahl doch recht wissenschaftlich sind. Nichtsdestotrotz ist bei langsamen Lesen oder Wiederholungen der Sinn schnell erkannt bzw. verstanden. Das trübte etwas den Lesefluss aber tat keinen Abbruch an der Qualität des Textes. Der Autor versucht sich als neutrale aber auch mahnende Stimme und es gelingt ihm von der ersten bis zur letzten Seite sehr gut.

Fazit: Dieses Buch gibt genügend Denkanstöße und hallt unheimlich nach, diese Ost-West-Denke gründlich zu überdenken. Als Ost-Frau kann ich dieses Buch klar empfehlen und sagen: Wir sind ein Volk! 4 sehr gute Sterne dafür

Veröffentlicht am 08.11.2023

Längst überfällige Betrachtung der Wiedervereinigung...

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Dieses Buch hat eher zufällig den Weg zu mir gefunden, lag es schlichtweg in der örtlichen Bücherei aus und hat mein Interesse geweckt.

Ich zähle sonst eher nicht zu den extrem politisch Interessierten, ...

Dieses Buch hat eher zufällig den Weg zu mir gefunden, lag es schlichtweg in der örtlichen Bücherei aus und hat mein Interesse geweckt.

Ich zähle sonst eher nicht zu den extrem politisch Interessierten, allerdings wenn es um Chancengleichheit, Fairness und ähnliches geht, dann bin ich an vorderster Fronst dabei. Dies jedoch meist im Kontext zu Feminismus und Rassismus. Mit meiner Ostidentität habe ich mich bisher als Jahrgang 1985 nicht beschäftigt, jedoch habe ich mich schon sehr oft gefragt warum meine westdeutschen Kollegen so viel selbstbewusster, redegewandter und ähnliches sind, obwohl sie keinen besseren Bildungsgrad haben. Erst durch dieses Buch wurde mir klar, dass es nicht nur an meiner ostdeutschen Erziehung liegt.

Ich kann nicht gerade behaupten als ostdeutsche Frau benachteiligt zu sein, als Frau ja, aber nicht aufgrund meiner Herkunft. Natürlich wird man mitunter für den eigenen Dialekt belächelt und einmalig hatte ich eine diskriminierende Erfahrung während meiner Ausbildung in Niedersachsen, aber das hatte irgendwie etwas Normales und ich habe es nie in Frage gestellt, genauso wie ich lange nicht die Wiedervereinigung in Frage gestellt habe. Warum auch? Zählte meine Familie ganz und gar nicht zu den Wendeverlierern, genießt das Reisen und andere Goodies, die der Anschluss an die BRD gebracht haben und dennoch ist da so ein kleines Grummeln im Bauch, was ich nie benennen konnte.

Prof. Dr. Dirk Oschmann findet wahre Worte zu dem was die letzten 30 Jahre passiert ist und wie die Zurückhaltung und Bescheidenheit des Ostdeutschen nicht als etwas Positives gewertet wird, sondern als Makel, denn mit Durchsetzungsstärke hat dies nichts zu tun, wenn man nicht immer an erster Stelle ist und sich nimmt was man glaubt, dass einem zusteht. Dann gilt man schnell als schwach und obendrein dumm dazu. Und wie soll man mithalten können, wenn die finanzielle Situation für viele sehr unterschiedlich ist. Natürlich studiert es sich leichter und man entscheidet sich für einen Master, wenn die Eltern das alles finanzieren können anstatt dass man 3 Jobs neben dem Studium wuppen muss. Bessere Leistungen durch mehr Fokus auf das Wesentliche, das liegt in der Natur der Sache.

Textlich hat sich das Geschriebene nicht ganz so leicht lesen lassen, weil Oschmann natürlich in erster Linie Professor ist und seine betroffenen Bereiche schildert und dennoch kann man dies gut auf sein eigenes Leben projizieren.

Erst mit den Jahren und durch Lesen solcher Titel wird mir bewusst, dass im Alltag und in den Medien die Präsens ostdeutschen Denkens nicht auftaucht und einfach keine Rolle spielt. Und wird doch mal etwas erwähnt, so ist dies immer negativ. In meinem Umfeld habe ich zwar nahezu ausschließlich ostdeutsche Freunde, aber davon ist niemand fremdenfeindlich, dumm oder lebt an der Gesellschaft vorbei, so dass Aussprüche "Ossis sind alles Nazis und AFD Wähler" einfach traurig machen.

Und trotz aller Diffamierung ist bei mir in manchen Bereichen die Faszination für das Ostdeutsche enorm, obwohl ich mich immer als Deutsche, nie als Ossi bezeichnen würde. Wenn ich in Berlin unterwegs bin und noch Reste sozialistischer Kunst sehe wie am "Haus des Lehrers" oder so, dann macht das etwas mit mir. Oder wenn ich alte Ostrezepte wiederverwende, auch dann spüre ich manches Mal mehr als bei weiten Reisen, nämlich eine gewisse Identität und auch Stolz, egal wie groß die Häme andernorts ist.

Komplett unbekannt war mir jedoch, dass vor allem der ostdeutsche Mann teils mit enormen Problemen zu kämpfen hat, da er mitunter im Vergleich abgewertet wird. Das war mir nie bewusst und dennoch hätte es das sein können, schließlich sind alle wichtigen, bedeutenden Posten in der Firma, in der ich arbeite, nicht nur durch Männer besetzt, sondern durch westdeutsche Männer mit all ihrem Denken und ihren Erfahrungen.

Fazit: Offen, schonungslos, das musste mal raus. Darf jeder mal als Denkanstoß lesen. Gelungen.

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