„...Er hatte sich den Krieg ganz vorgestellt, damals, als er noch bei der Hitlerjugend gewesen war und von einem abenteuerlichen, heroischen Soldatenleben in fernen, exotischen Ländern träumte...“
Herr ...
„...Er hatte sich den Krieg ganz vorgestellt, damals, als er noch bei der Hitlerjugend gewesen war und von einem abenteuerlichen, heroischen Soldatenleben in fernen, exotischen Ländern träumte...“
Herr Yildiz arbeitet seit Jahren bei der Müllabfuhr. Beim Leeren eines Containers entdeckt er, dass ein Bild festgeklemmt ist. Es zeigt eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm. Herr Yildiz nimmt das Bild mit.
Das Buch erzählt die Geschichte, die hinter dem Bild steckt.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Roman geschrieben, der besonders die Probleme der Kriegs- und Nachkriegsgeneration zum Inhalt hat. Das Besondere an dem Buch ist, dass die Geschichte ohne zeitlich linearen Verlauf erzählt wird.
Im Mittelpunkt des Romans steht Gustav. Sein Leben wird in einzelnen Episoden erzählt. Dabei beschränkt sich die Autorin auf wichtige Etappen, die schlaglichtartig seine Entwicklung vom Kind bis zum Tod wiedergegeben. Nach und nach erfahre ich, was es dabei mit dem Bild auf sich hat.
Der Schriftstil ist weitgehend erzählend und spiegelt in großen Teilen eine düstere Atmosphäre wider. Das ist meist den Ereignissen geschuldet. Schon als Kind wird der Junge mit Missachtung und Gewalt konfrontiert. Wie dann die Kriegsereignisse in Afrika auf ihn wirkten, zeigt obiges Zitat. Erschreckend fand ich die Zustände in der amerikanischen Gefangenschaft. Dort durften die alten Strukturen beibehalten werden. Wer im Krieg das Sagen hatte, hatte es auch in der Gefangenschaft und entschied im Ernstfall selbst dort über Leben und Tod. Es wird deutlich herausgearbeitet, wie in der Nachkriegszeit die Erlebnisse nachwirkten und das Leben emotional dominierten. Der Autorin gelingt es, die innere Zerrissenheit ihrer Protagonisten klar zu veranschaulichen. Gustavs Trauer überschattet die neue Ehe. Er hält Schläge für eine adäquate Erziehungsmethode, fühlt sich dabei aber selbst nicht wohl. Die gesellschaftlichen Verhältnisse nach dem Krieg zeigen, dass der alte Geist noch überall gegenwärtig ist.
Einzelne Abschnitte zeigen die Entwicklung von Gustav` Kindern und Enkeln. Neues Gedankengut setzt sich zwar durch, doch selbst für diese Generationen sind noch Spuren der Vergangenheit prägend.
Ab und an erlaubt die Autorin Einblicke in das Seelenleben der Nachbarn von Gustav. Vor allem Sigrun, Tochter eines Gutsbesitzers aus Ostpreußen, möchte ich erwähnen. Fest in ihr Gedächtnis gebrannt sind die grausamen Bilder der Flucht, genauso wie die Erkenntnis eigener Schuld. Dies wird selbst in der Zeit der Demenz nicht gelöscht.
Tief berührend sind die Briefe, die Gustav mit Leni, der Frau vom Foto, tauscht. Er weiß dabei nicht, dass sie etliche nie mehr erhalten wird.
Das Cover mit dem fehlenden Foto weckt Interesse.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das bruchstückhaft wiedergegebene Leben zeugt von den Folgen des Krieges. Gustav wurde zu einem geachteten Bewohner des Ortes, hat sich aber emotional nie von der Vergangenheit lösen können. Die seelischen Verletzungen waren zu groß.