„Fünf Freunde und der Zauberer Wu“, der letzte Band der Originalserie, die die englische Vielschreiberin Enid Blyton 1943 begonnen und ursprünglich auf sechs bis höchstens acht Bände konzipiert hatte, aber wegen ihres großen Erfolges auf 21 Bände ausdehnte, wurde 1963, zwanzig Jahre später, erstveröffentlicht. Dass sich danach jedoch eine ganze Reihe weiterer Autoren berufen fühlten, Enid Blytons Protagonisten Julian/Julius, Dick/Richard, Anne, Georgina, genannt George und der Hund Timmy einfach weitere Abenteuer, immer wieder dieselben oder ganz ähnliche übrigens, erleben zu lassen, ist mit Bedauern anzumerken, denn irgendwann läuft sich auch das tollste Erfolgsrezept tot! Ohnehin ist Enid Blyton, eine der bekanntesten und sicherlich kommerziell erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren des 20. Jahrhunderts und auch heute noch, lange nach ihrem Tod 1968, sicher auch eine der kontroversesten und bei Literaturkritikern wenig beliebt. Allerhand hat man ihr vorgeworfen, hat an ihrem recht simplen Stil herumzumäkeln gehabt, an ihren ewig gleichförmigen Geschichten, in denen sie alle Vorurteile ihrer Zeit reichlich bediente und nicht abzubringen war von ihren Rollenklischees.
Fragte man aber ihre Leser, so würde man allenthalben auf Begeisterung stoßen und gerade die 10 bis 12jährigen lieben ihre „Geheimnis“ - Abenteuer, die „Rätsel“ - und eben die „Fünf Freunde“ - Serien. Die jungen Leser, für die Enid Blyton nun einmal schrieb, störten sich weder an Gleichförmigkeit noch an irgendwelchen Klischees. Für sie sind die fünf Freunde, die in ihren Ferien so herrlich frei und weitgehend in Ruhe gelassen von den nervigen Erwachsenen ein spannendes Abenteuer nach dem anderen erleben und maßgeblich beteiligt sind an der Aufklärung mal mehr, mal weniger finsteren Verbrechen, bewunderte Vorbilder!
Wer stört sich schon daran, dass die vier Kinder nebst Hund dauernd ans Essen denken, dass Anne die Rolle des Hausmütterchens besetzt, George stets ungebärdig, zickig und irrational agiert, dass Julian/Julius immer alles besser weiß und die anderen herumkommandiert oder dass Dick/Richard auf den dauerlustigen Witzbold festgelegt ist – und dass ein Abenteuer dem anderen gleicht? Wer auch wundert sich darüber, dass die Eltern so sträflich desinteressiert sind an ihren Sprösslingen, wenn sie denn aus dem Internat in die Ferien zu ihnen kommen müssen, dass ihnen vielmehr daran gelegen ist, sie schnellstmöglich wieder loszuwerden? Für die jungen Leser sind die Eltern, mit denen George und ihre drei Cousins Anne, Julius und Richard gestraft sind, nur hinderliche Spaßbremsen, als die sie sich, wenn sie sich mal auf ihre Elternrolle besinnen, auch unweigerlich erweisen.
Aber jetzt muss der Erwachsene zu Wort kommen, denn was sich Georges Eltern Fanny und das zerstreute Vatergenie Quentin da leisten, ist doch sehr bedenklich! Da kommen die Kinder frohgemut in die Osterferien nach Kirrin (die Eltern der Cousins machen inzwischen Urlaub in Deutschland) – und werden gleich wieder weggeschickt, weil die Köchin Johanna/Joana/Joan plötzlich Scharlach bekommen hat und ins Krankenhaus gebracht wurde! Nun ja.... Mutter Fanny schickt die Kinder samt Hund zu dem befreundeten Professor Hayling, noch vergesslicher und verwirrter als Quentin, und seinem anstrengenden Sohn Brummer/Tinker in den Nachbarort. Hurra – die sind wir los, mag sich Fanny gedacht haben und nun beruhigt auf den Scharlach warten kann, der vielleicht über sie hereinbrechen wird, demnächst, irgendwann. Oder überhaupt nicht....
Die Kinder aber scheinen ganz zufrieden zu sein, zumal sich bei dem geistesabwesenden Professor die Chance auf ein neues Abenteuer auftut, als nämlich ein Wanderzirkus sein Lager aufschlägt, der zumindest eine zwielichtige Gestalt beherbergt, die ein verdächtiges Interesse an der neuen Erfindung des Professors an den Tag legt, und dessen geschwätzigen Sohn Brummer/Tinker auf äußerst plumpe Weise aushorcht. Doch zum Glück sind die fünf Freunde wachsam – und nach einem nur halb geglückten Einbruch in die Arbeitsstube des verwirrten Genialen beschließen sie zu handeln und dem vermuteten Dieb eine Falle zu stellen. Dass ihr Plan nicht so funktioniert, wie gedacht, kann sich der erfahrene Leser denken, genauso wie er weiß, dass die unberechenbare George immer für eine Überraschung gut ist, mit der sie sich unüberlegt, aber dennoch zielsicher, in Gefahr begibt...
Ende gut, alles gut? Aber sicher, darauf ist bei Enid Blyton, der Berechenbaren, immer Verlass! Und wenn sie, die Autorin höchstpersönlich, meint, dass nun, nach Band 21, aber auch Schluss sein muss, so kann ich ihr da nur zustimmen, denn alles ist gesagt, vielfach und immer wieder, alle nur denkbaren Abenteuer sind absolviert, manche sogar wiederholt, die Charaktere sind auch nach 21 Bänden, und das sind genauso viele Ferien, unverändert, sind weder älter noch reifer geworden und das würde vermutlich auch nicht anders werden (und ist es auch nicht geworden, allerdings nicht, weil Enid Blyton das so wollte!). Bevor es gar zu langweilig wird, hört eben auch die emsige Schreiberin Enid Blyton auf – und das ist völlig in Ordnung so!