Aus einer Angst vor den Royals, wurde eine Angst um sie
Meinung:
Als Ella damals in die Villa der Royals eingezogen ist, stand ihr Reed von vorneherein mit Ablehnung gegenüber. Wie bereits im Verlaufe des ersten Bandes, kristallisiert sich auch hier weiter ...
Meinung:
Als Ella damals in die Villa der Royals eingezogen ist, stand ihr Reed von vorneherein mit Ablehnung gegenüber. Wie bereits im Verlaufe des ersten Bandes, kristallisiert sich auch hier weiter heraus, dass diese instinktiv errichtete Mauer einen ganz anderen Ursprung hat. Ella ist eine Bereicherung für die Familie, denn sie weiß besser als jeder andere der reichen und verwöhnten Astor-Kids, was wirklich im Leben von Bedeutung ist, und das hat rein gar nichts mit Vermögen oder einem Status zu tun. Doch genau darauf legen es die Teenager hier an. Sie klammern sich an ihr Vermögen und sind ein Abziehbild ihrer Eltern: Oberflächlich und mit Vorurteilen behaftet. Keiner von ihnen hat jemals dafür arbeiten müssen, sich seinen Luxus leisten zu können, Ella hingegen hat über Jahre schwer gearbeitet um sich Essen und ein Dach über den Kopf erlauben zu können.
Die Royal-Brüder haben sich anfänglich nicht von den restlichen Astor Schülern abgehoben, mit Ella als neues Familienmitglied, merkt man ihnen doch ihre stetige Entwicklung an. Sie beginnen die Dinge zu Hinterfragen und gehen mit offenerem Blick durch den Alltag. Was auch hier schnell auffällt, ist die Eskalation in der elitären Schule, der keinerlei Einhalt mehr geboten wird. Die Schwächeren werden diskriminiert und hier bleibt es nicht nur bei verbalen Attacken. Ella war damals - aufgrund ihrer Herkunft - das augenscheinlich perfekte Opfer dieser gezielten Erniedrigung, doch ebenso wie sie Einstecken kann, kann sie noch viel wirkungsvoller Austeilen. Sie setzt das erste Zeichen einer neuen Ära der Astor Academy bei der auch Reed, Easton und die Zwillinge ein Zeichen setzen, denn sie stehen allesamt geschlossen hinter ihr. Eine wie ich finde, sehr beeindruckende Situation, die einen wichtigen ersten Meilenstein gesetzt hat.
Ich bin so verdammt gut im Lügen. Das wird fast zur Selbstverständlichkeit, wenn man jede Stunde jedes Tages die Wahrheit unterdrückt.
Ella verbreitet Fröhlichkeit, wo vorher Ignoranz und Anfeindung herrschten. Damals hat ihre Anwesenheit dafür gesorgt, dass sich alle fünf Royal-Söhne gegen sie verbündet haben, während sie jetzt an ihrer Seite stehen und ihr den Rücken stärken, ebenso wie sie sie beschützen und auf ihre Art lieben: Manche als Schwester und wieder jemand anderes auf eine viel innigere Weise.
Bei Callum weiß ich nie genau wie ich sein Verhalten finden soll. Einerseits strahlt dieser Mann eine Ruhe aus, die ich bewundernswert finde und eigentlich für seine Liebe gegenüber seinen Kindern spricht und andererseits fehlt mir die Aussprache untereinander, sodass jegliches Fehlverhalten unter den Tisch gekehrt wird und so eher den Eindruck von Reed, Easton und Giddeon vollkommener Gleichgültigkeit unterstreicht. Callum ist bei Weitem nicht so ahnungslos und unwissend, wie seine Söhne, Ella und wir als Leser lange Zeit vermuten. Er ist so ziemlich über alles im Bilde.
Wer auch immer Easton irgendwann mal abbekommt, muss in der einen Hand eine Peitsche, in der anderen eine Knarre halten. Und trotzdem wird er unkontrollierbar bleiben.
Ella ist eine starke Persönlichkeit, die mich immer wieder beeindruckt. Von den Royals aufgenommen und mit der Aussicht auf ihr Erbe, könnte man meinen, dass sich all ihre Probleme in Luft auflösen, doch im Gegenteil, die Hürden verlagern sich und scheinen erst richtig auszuufern. Sie ist es nicht gewohnt, auf andere zählen zu können, weshalb ihr Fluchtinstinkt immer in Alarmbereitschaft ist. Sie kennt eine Großzahl der Verfehlungen ihrer "Brüder" und dennoch legt sie mehr Vertrauen in ihre Worte, als Callum Vertrauen in seine Söhne fassen kann. Auch dies ist ein Kontrast, dem eine gewisse Distanziertheit obliegt und es schwer gestaltet, diesen genauer einzuschätzen. Callum kennt nahezu jedes Geheimnis, doch kennt er deshalb auch seine Söhne?
Die Erfahrungen ihrer Vergangenheit, haben Ella - wenn auch auf traurige Weise - wichtige Dinge gelehrt, die sie an die Royals weitergibt. Doch nicht jede Erfahrung ist hier von Vorteil. Damals musste sie mitansehen, wie ihre Mutter - blind vor Liebe - von Männern angelogen und benutzt wurde. Ein Fehler, den sie niemals begehen möchte. Doch was, wenn Reed wirklich die Wahrheit sagt? Die Zweifel flammen immer wieder auf, denn neue Hinweise oder von Brooke absichtlich missverständlich gesetzte Äußerung gestalten es schwer Vertrauen zu fassen. Wie weit würde Reed gehen, um das falsche Spiel einer Person zu unterbinden, die sich in seine Familie eingeschlichen hat und von Anfang an ein bisher unbekanntes Ziel verfolgt?
Frauen wie Brooke bin ich mein Leben lang begegnet. Sie gehört zu dem Schlag, der superlieb ist zu jedem Menschen mit Geld, frech zu den Mädels, die ihr auf der Leiter nicht nach oben helfen können, und durchweg grausam zu jedem, der eine Bedrohung darstellt.
Neben der Liebe ist die Hoffnung wohl eins der stärksten und mächtigsten Gefühle. Sie ist unser Anker, die uns schwere Zeiten überstehen lässt. Doch ebenso wie die Liebe, vermag es auch unerfüllte Hoffnung, uns den Boden unter den Füßen wegzureißen. Die Heimlichkeiten der Royals werden nicht nur immer prekärer, sie gelangen nur durch Zufälle ans Tageslicht. Dies macht es schwer zu erkennen ob und inwieweit man hier Vertrauen schenken kann. Im Gegensatz zu uns, hat Ella nicht die Möglichkeit, in Reeds Kopf einzutauchen und die Aufrichtigkeit seiner Worte und seiner Gefühle ihr gegenüber zu erkennen. Nachdem was sie gesehen hat, kann ich ihre verbleibende Skepsis sehr gut nachvollziehen, insbesondere deshalb, weil nicht nur Callum seinen Kopf in der Schlinge hat, die sich immer weiter schließt.
Je weiter die Geschehnisse voranschreiten, desto deutlicher wird, dass die Royal-Sprösslinge einen Kampf austragen, bei dem sie selbst nicht recht wissen, wie sie in auszufechten haben. Jeder hat seine ganz eigene Fluchtmöglichkeit gefunden, doch diese dient eher dazu, den angestauten Druck abzubauen, als wirklich die Ursache zu bekämpfen. Keiner zeigt seine Gefühle, sondern versteckt diese hinter ernstem und brutalem Verhalten. Mit Ella hingegen beginnen sie ihre Probleme zu fokussieren und gemeinsame Schritte zu machen. Wirklich erfolgversprechend ist dies jedoch nicht, denn auch Gideon hütet ein Geheimnis, dem Ella nur durch Zufall auf die Schliche gekommen ist. Einen weiteren Royal in den falschen Händen, könnte auch für Ella und ihr Erbe noch böse ausarten.
>>Du weißt nicht, wer ich bin.<< >>Und ob ich das weiß. Du hast es doch selbst gesagt - ich sehe dich. Ich sehe deine Verletzlichkeit und deine Einsamkeit. Ich sehe deinen Stolz und wie er dich daran hindert, dich an andere zu wenden. Ich sehe dein großes Herz und dass du die Welt retten willst, inklusive einem solchen Arsch wie mir.<<
Ella und Reed sind sich ähnlicher, als es anfangs den Anschein hatte. Sie verstehen einander auf einem anderen Level, sein Verlust ähnelt ihrem, ebenso wie ihr sein ringen darum, seine Welt zu verstehen, bekannt ist. Aus einer Angst vor den Royals, wurde für Ella zu einer Angst um sie. Ihr Vertrauen in Reed scheint nach der Aussprache unerschütterlich, bis ein Vorfall und sein vorangegangenes Schweigen ihn in eine heikle, wenn nicht sogar gefährlich Situation bringen, aus der auch Callum ihn nicht zu befreien vermag und eine sich annäherende Familie zu zerreißen droht. Als wäre das nicht schon der Gipfel aller Probleme, steht plötzlich jemand vor der Tür, der dem ganzen Fall nicht nur eine Wendung sondern auch noch eine neue Perspektive verleiht.
Charaktere:
Ella trägt ihre eigenen Kämpfe aus und tritt selbst für ihre Meinung ein und das aus einem ganz simplen Grund: Es hat bisher kein anderer für sie getan. Nachdem Tod ihrer Mutter, war sie jahrelang auf sich alleine gestellt, und diese Haltung eines Einzelkämpfers abzulegen fällt ihr alles andere als leicht und ist gleichsam etwas, was die fünf Brüder an ihr bewundern.
Reed sieht direkt in Ellas Seele, an ihrer toughen Fassade vorbei, hinter der sie sich versteckt. Er sieht ihre Ängste, ihre Verletzlichkeit und das, ohne sie dafür zu verurteilen. Lediglich seinem Vater kann er nicht vorbehaltlos gegenüber treten. Er verspürt den Drang, Callum zu verletzen, mit dem Wissen, dass jede Dummheit, die er begeht, damit endet, dass er sich selbst bestraft.
Schreibstil:
Erin Watt hat uns mit Ella und den Royals zwei zerrüttete "Familien" präsentiert, die sich einander annähern und Stück für Stück zu einer Familie erwachsen. Die Fortschritte sind klein, dennoch aber spürbar. Ein Prozess der trotz der stetig neuen Hürden sichtbar ist und an Intensität gewinnt.
Wie uns die Autorin erkennen lässt, findet nicht jedes Geheimnis der Royals seinen Ursprung in Rache, sondern auch in Liebe, einem Beschützerinstinkt und den Schmerz einer Liebe, der Steine in den Weg gelegt werden und dabei meine ich nicht nur Ella und Reed.
Nachdem Ella zum Ende von "Paper Princess" die Flucht ergriffen hat, erleben wir die ersten Kapitel des zweiten Bandes aus Reeds Perspektive, die ich nicht nur sehr gut gesetzt, sondern ebenfalls auch in der Ausarbeitung sehr gelungen finde, denn so erhalten wir auf das gleiche Geschehen noch einen anderen Blickwinkel, der schnell erkennen lässt, dass Ella durch den Schock der Situation viele Dinge verstärkt bzw. anders wahrgenommen hat, als es wirklich der Fall war. Reed hat mir hier wirklich leidgetan, denn er selbst macht sich schon genug Vorwürfe, als das er auch noch von seinen Brüdern gestraft werden müsste. Hinzukommend mit dem von Easton lebhaft gesetzten Kopfkino über Gefahren denen Ella ausgesetzt sein könnte, kollidieren bei ihm jegliche Fronten die ihm kaum die Luft zum atmen lassen.
Viele spannende Wendungen, verleihen dem zweiten Band der Trilogie Crime-Elemente die Reed in Lebensgefahr bringen. Mit Geld lassen sich viele Dinge bewirken, doch erst einmal in die Falle getappt, vermag es auch oftmals kein Geld, einen dort wieder raus zu holen. Das Ende ist eine Mischung aus Schock, Erleichterung und Ratlosigkeit, die durch das Öffnen einer Tür ordentlich Zündstoff für Spekulationen zulässt.
Eine rundum gelungene Fortsetzung, einer Familie, die füreinander kämpft, jedoch nicht imstande ist, diesen Zusammenhalt aufgrund der damaligen Vorkommnisse zu erkennen. Wird Ella ihnen die Augen öffnen können, oder zerbricht sie an ihren Geheimnissen ehe sie den Nebel um die Royals lichten kann?