Dieser Geschichte wohnt ein Zauber inne.
Diesen gemütlichen Krimi aus der Nähe von Neusiedlersee, Österreich, habe ich sehr gern gelesen. So etwas Atmosphärisches, Herzerwärmendes, Authentisches! Perfekt für die trüben Novembertage.
Luise, Mitte ...
Diesen gemütlichen Krimi aus der Nähe von Neusiedlersee, Österreich, habe ich sehr gern gelesen. So etwas Atmosphärisches, Herzerwärmendes, Authentisches! Perfekt für die trüben Novembertage.
Luise, Mitte fünfzig, alleinstehend, ist eine aparte Erscheinung: Sie kleidet sich farbenfroh, in Röcke und Selbstgestricktes, versteht viel vom guten Wein, da Winzertochter, kocht/backt gern nach heimischen Rezepten. Resolut und eigensinnig, kann sie prima ihre Frau stehen: Wie sie sich dem Bürgermeister ggü behauptet hat, davon kann man ein gutes Stück an Streitkompetenz abschneiden. Sie ermittelt in ihrer Geburts- und Wohnstadt Schildern, in der sie viele Leute kennt. Ihre Lebensgeschichten sind miteinander verwoben, wie es sich nach und nach herausliest.
Luise war eine gute Freundin des ermordeten alten Winzers, kannte ihn und seine Weine. Sie fängt an, in der Familie und Bekanntenkreis herumzufragen. Da lernt man Leute kennen: Eine wahre Portraitgalerie. Alle Figuren kommen authentisch rüber, wie dem wahren Leben entsprungen, haben ihren eigenen Charakter, ihre Besonderheiten. Gern habe ich sie kennengelernt: Die alte Aloisia mit ihrem handgeschriebenen Heft voller alter Rezepte, einige findet man hinten im Buch zum Nachkochen; auch Melanie, die 14-jährige Enkelin des Weinbauers, die auch Winzerin werden will; oder auch den Öko-Winzer, der zwar kurz zum Schluss auftritt, aber einen sympathischen Eindruck hinterlässt. Und natürlich Luise selbst. Sie ist schon eine Person, die man nicht so schnell vergisst.
Bei Luise und den Leuten rund um den Weinberg habe ich mich wohlgefühlt. Ich war sofort in der Geschichte drin, konnte prima mit ihr durch diesen Krimi gehen. Sie ließ mich auch nicht los, als der Fall gelöst war.
Die Handlung ist logisch und gut nachvollziehbar aufgebaut. Sie hat mich auch hin und wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. Man bekommt genug Informationen in die Hand, um selbst mitzudenken. So rätselt man schön mit, denn viele haben ihre Motive gehabt. Aber nur einer hat es getan. Wenn man aufmerksam liest, hat man auch eine gute Chance, selbst darauf zu kommen, was ich auch sehr schätze: Der Leser wird hier fair behandelt.
Der klare Bezug zu den aktuellen Themen, Entwicklungen in der Landwirtschaft, die im Sommer für Schlagzeilen gesorgt haben, ist auch da. Die Gesellschaftskritik liest sich gut heraus, aber sie ist, wie auf Luises Webseite versprochen, sehr dezent und ohne Pathos angebracht worden. Finde ich sehr angenehm.
Auch Themen wie Familie, Familienzusammenhalt, und insb. Traditionen und ihre Pflege, die Liebe zur Heimat, die Wurzeln, die einen erden uvm. sind hier sehr gekonnt in den Erzählteppich eingewoben worden und sorgen für die Tiefe, die man oft vergeblich in Krimis dieser Art sucht.
Ich gehe soweit zu sagen: Dieser Geschichte wohnt ein Zauber inne.
Auch die persönliche Reife liest sich heraus, eher zwischen den Zeilen, aber man merkt, sie ist da, denn das Ganze wirkt nach, wie gute Geschichten es oft tun. Nach paar Tagen, als die letzte Seite umgeblättert war, fing ich an, sie von vorn zu lesen. Ich fand es schön, meine Zeit mit Luise & Co. zu verbringen. Dabei kamen noch andere Details der Handlung heraus, denen ich beim ersten Mal vllt nicht so viel Bedeutung beigemessen habe, die aber zum großen Ganzen wesentlich beitragen.
Ich denke mit Dankbarkeit an diese schönen Lesestunden zurück.
Wegen paar Unfeinheiten stilistischer Natur muss ich einen Stern abziehen. Die Geschichte an sich ist aber schön und sehr lesenswert.
Diesen Krimi kann ich mir sehr gut auch als Hörbuch vorstellen. Professionell vorgelesen, evtl. von einer reifen Frauenstimme, wird sie bestimmt mehr Leser/Zuhörer erreichen.
Freue mich auf weitere Folgen mit Luise Pimpernell und lese bis dahin den ersten Band.