"Am Ende gilt doch nur, was wir getan und gelebt - und nicht, was wir ersehnt haben." (A. Schnitzler)
1945. Endlich ist der Krieg beendet, doch der schlesischen Familie Sadler steht noch einiges bevor. Die beiden Töchter Kathi und Franzi beginnt eine schwere Zeit, denn sie werden als Kriegsbeute der Russen ...
1945. Endlich ist der Krieg beendet, doch der schlesischen Familie Sadler steht noch einiges bevor. Die beiden Töchter Kathi und Franzi beginnt eine schwere Zeit, denn sie werden als Kriegsbeute der Russen nach Moskau verbracht, wo sie nicht gerade mit offenen Armen empfangen werden. Die jüngere Franzi wird von Kathi getrennt und in einem Heim untergebracht. Kathi hat immer noch die Hoffnung , dass der von ihr geliebte Nikolaj ihnen helfen wird. Aber dieser enttäuscht sie auf ganzer Linie. Die Russen spannen Mathematikgenie Kathi für ihre Zwecke ein, doch das dortige politische System ist hart, schon bald wird sie für eine Spionin gehalten…
Hanni Münzer legt mit „Als die Sehnsucht uns Flügel verlieh“ die Fortsetzungsgeschichte um die Familie Sadler vor, die dem ersten Band an Emotionalität, Dramatik und Spannung in nichts nachsteht und sich diesmal mit dem Schicksal der beiden Töchter Kathi und Franzi beschäftigt. Mit flüssigem, bildgewaltigem, empathischem und atmosphärisch dichtem Erzählstil führt die Autorin den Leser in die Vergangenheit, wo dieser sich über den Zeitraum von 1945 bis 1963 an Kathis Fersen heftet und mit ihr eine wahre Achterbahn der Gefühle erlebt. Mit akribischer Recherche und aus unterschiedlichen Perspektiven gibt Münzer dem Leser einen guten Einblick in die damalige Sowjetunion, wo der Geheimdienst eine große Rolle spielte, Intrigen und Machtspielchen an der Tagesordnung waren und die Diktatur Stalins den Bürgern arg zu schaffen machte. Ebenso erfährt man vom Aufrüsten und von dem heimlichen Wettkampf der Russen mit den westlichen Mächten um den ersten Flug ins All, an den sich so mancher vielleicht noch erinnern kann. Münzer macht neben ihrem Familienepos Geschichte wieder lebendig und miterlebbar, was ihr auch in diesem Roman wieder hervorragend gelingt, während sie damalige Schicksale wieder ans Tageslicht holt. Dafür liefert sie als Unterstützung im Anhang auch ein ausführliches Nachwort, sowie eine Zeittafel und Glossare mit.
Die Charaktere wurden liebevoll und glaubhaft weiterentwickelt, versprühen Authentizität und Lebendigkeit. Sie erobern mit ihren realistischen Ecken und Kanten das Leserherz im Sturm, so dass dieser nur zu gern an ihnen klebt und alles mit ihnen teilt, was oftmals sehr emotionale Regungen verursacht. Kathi ist besitzt nicht nur ein Talent für Mathematik und hat hochfliegende Träume, sie ist auch eine fürsorgliche Schwester, offen, ehrlich und vor allem mit einer Stärke ausgestattet, die manchmal übermenschlich erscheint. Ihr Mut und ihr energischer Kampf flößen einem Respekt ein. Franzi ist gesundheitlich angeschlagen, aber ihr liebevolles und warmherziges Wesen beflügelt ihr Umfeld, macht sie weicher und offener. Annemarie kämpft um ihre Liebe Laurenz, dafür geht sie große Risiken ein. Aber auch Nikolaj und viele andere Nebendarsteller wie Antoli sind wichtig für diese außerordentliche Geschichte.
Mit „Als die Sehnsucht uns Flügel verlieh“ hat Hanni Münzer eine faszinierende Fortsetzung geschaffen, die den Leser erneut in den Bann zieht und ihn in die Vergangenheit versetzt, um Geschichte leibhaftig mitzuerleben. Intrigen, Liebe, großes Leid, Verlust sowie politische Machtkämpfe stehen Träumen und der Suche nach Glück und der Familie gegenüber. Wunderbar fesselnd und spannend in Seiten verpackt, dass man sich gar nicht trennen mag. Absolute Leseempfehlung – einfach toll!!!