Vier Generationen in einem bewegten Jahrhundert
Siebenbürgen im Jahr 1916: Für Jacob kommt es in der Armee knüppelhart. Er muss nicht nur die Grauen des Ersten Weltkriegs erleben, sondern eine niederschmetternde Nachricht empfangen. Da macht er eine ...
Siebenbürgen im Jahr 1916: Für Jacob kommt es in der Armee knüppelhart. Er muss nicht nur die Grauen des Ersten Weltkriegs erleben, sondern eine niederschmetternde Nachricht empfangen. Da macht er eine besondere Begegnung…
„So tun, als ob es regnet“ ist ein Roman von Iris Wolff, der bereits 2017 erstmals erschienen ist.
Meine Meinung:
Der Roman gliedert sich in vier kurze „Erzählungen“, die jeweils in einem unterschiedlichen Jahrzehnt spielen und einen anderen Protagonisten beziehungsweise eine andere Protagonistin in den Vordergrund stellen. Dadurch werden vier Generationen einer Familie beleuchtet. Dabei wechselt die Erzählperspektive mehrfach. Die Handlung spielt nicht nur, aber größtenteils in Siebenbürgen. Die Struktur ist sehr durchdacht und zudem kreativ.
In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman begeistert. Starke Bilder und eine dichte Atmosphäre prägen den Schreibstil. Mit wenigen Worten gelingt es der Autorin, auf beeindruckende Weise sehr viel zu transportieren. Einige Vokabeln aus dem Rumänischen werden im angehängten Glossar erklärt.
Jacob, Henriette, Vicco und Hedda sind im Fokus der „Erzählungen“. Vier interessante Charaktere, die mit psychologischer Tiefe und lebensnah dargestellt werden.
Gut gefallen hat mir, dass trotz der Verschiedenartigkeit der „Erzählungen“ wiederkehrende Motive eingebaut sind. Zum Beispiel spielen Träume eine Rolle, wobei mir diese Passagen zu wenig Aussagekraft haben. Auch an anderen Stellen sind die einzelnen Geschichten miteinander verwoben. Gemeinsam ist ihnen außerdem eine Melancholie, die alle vier Kapitel durchzieht. Das hängt sicherlich mit der Schwere und Ernsthaftigkeit der Themen zusammen, denn es werden immer wieder existenzielle Fragen aufgeworfen.
Auf der inhaltlichen Ebene ist der Roman mit den rund 160 Seiten sehr dicht. Neben den persönlichen Schicksalen fließen politische und gesellschaftliche Hintergründe ein, was die Lektüre umso gehaltvoller macht.
Besonders gelungen ist in meinen Augen die zweite der „Erzählungen“. Das erste Kapitel ist so ereignisreich, dass es für mich etwas zulasten der Glaubwürdigkeit ging. Manche Aspekte bleiben insgesamt ein wenig mysteriös, was mich meist nicht gestört hat. Die vierte „Erzählung“ hat sich mir jedoch leider gar nicht erschlossen.
Das hübsche Cover hat zwar keinen thematischen Bezug, spricht mich aber trotzdem sehr an. Der Titel erklärt sich während der Lektüre und ist ein wunderbares Beispiel für die Sprachgewandtheit der Autorin.
Mein Fazit:
Obwohl der Roman in inhaltlicher Hinsicht für mich nicht frei von kleineren Schwächen ist, habe ich „So tun, als ob es regnet“ von Iris Wolff sehr gerne gelesen. Eine empfehlenswerte und vor allem sprachlich herausragende Lektüre, die Lust darauf macht, weitere Bücher der Autorin zu entdecken.