Was für ein besonderes, kraftvolles Buch
Ich seh’ sie ganz genau vor mir. Vier kleine, schwarze Mädchen - eins heller, eins dunkler - einander umarmend, unbesiegbar und sich ihrer Freundschaft und Zuneigung so sicher, wie alles andere unsicher ...
Ich seh’ sie ganz genau vor mir. Vier kleine, schwarze Mädchen - eins heller, eins dunkler - einander umarmend, unbesiegbar und sich ihrer Freundschaft und Zuneigung so sicher, wie alles andere unsicher ist; eine Kindheit in den aufgeheizten Straßen Brooklyns der 70er Jahre. Die Mädchen wachsen gemeinsam im Schatten der Erinnerungen ihrer abwesenden Mütter auf und in den unruhigen Zeiten des Vietnamkrieges und der Black Power Bewegung fest zusammen; frei bewegen sie sich, sind nahezu unsichtbar bis sie in die Pubertät kommen, dann nicht mehr. Dann bietet der Schuster ihnen Geld für einen Blick in ihre Höschen an, der Chorleiter presst sich beim Singen von hinten an sie, die Jungs und Männer schauen sie mit anderen Augen an. Ihre Herkunft, Träume und Möglichkeiten, die Liebe und die Leidenschaft, einfach das Leben selbst zerrt an ihrem eng geknüpften Band, strafft es bis zum Zerreißen, bis nur noch Fetzen davon übrig sind.
„Zwei Schritte nach links oder rechts, vor oder zurück, und schon steht man außerhalb seines Lebens.“
Einzelne Fragmente, von Jaqueline Woodson fast poetisch und mit einer unglaublichen Wucht erzählt, ergeben auf nur 150 Seiten Stück für Stück ein vielschichtiges, lebendiges Bild. Atemlos lese ich jeden Satz, kann mich dem Sog nicht entziehen und merke plötzlich mit leisem Bedauern, dass ich schon auf der letzten Seite bin. Was für ein besonderes, kraftvolles Buch.