Ansichten einer Einzelnen!
Ich habe mich für dieses Buch entschieden, weil Jana Hensel ebenso wie ich 1976 geboren wurde und in Leipzig lebte. Erhoffte ich mir doch davon Erinnerungen an ähnliche Ereignisse oder Empfindungen. Doch ...
Ich habe mich für dieses Buch entschieden, weil Jana Hensel ebenso wie ich 1976 geboren wurde und in Leipzig lebte. Erhoffte ich mir doch davon Erinnerungen an ähnliche Ereignisse oder Empfindungen. Doch bereits beim Lesen musste ich feststellen, dass mich fast alle Ansichten der Autorin sehr irritieren. Bis auf wenige Ausnahmen, kann ich keiner Schilderung zustimmen.
Es ist ebenfalls sehr anmaßend im "Wir" die Einzelansicht Frau Hensels als Empfinden einer ganzen Generation zu verallgemeinern. Ich habe definitiv andere Eindrücke.
Sicher war die Handhabung von Schule zu Schule auch unterschiedlich, jedoch haben mich weder der Schulzahnarztbesuch noch die Pionierarbeit oder Appelle derart verstört. Zumal der Gedanke dahinter als Kind eher uninteressant war und man letztendlich die positiven Aspekte nutzte und wahrnahm: wie Basteln, Ausflüge und gemeinsame Unternehmungen. Damals ärgerte mich die Termine zu kulturellen Veranstaltungen wie Besuchen im "Theater der jungen Welt" oder in Museen vor allem, weil sie die nachmittägliche Freizeit einschränkten. Aus heutiger Sicht, bin ich für diesen Grundstein an Allgemeinbildung sehr dankbar.
In gewisser Weise waren auch die politischen Pflichtveranstaltung bei der ISKRA oder zur DSF (Deutsch sowjetischen Freundschaft) bewusstseinserweiternd - mit der Baukunst bzw. dem Samowar bekam ich so einen Einblick in gebräuchliche Traditionen. Die politische Botschaft hatte ich jedoch bereits auf dem Heimweg vergessen...
Der Schulalltag (erst Erweiterte Oberschule-EOS, dann Gymnasium) in den Wendejahren war turbulent, es wurde viel improvisiert und nicht alles vom "Westen" überlassende Lehrmaterial war besser, jedoch standen wir nie vor der im Buch geschilderten Situation das wir nicht wussten, ob wir aufgrund der Noten morgen noch kommen durften...
Nie habe ich mich meiner Eltern oder ihrer Berufe geschämt, im Gegenteil hatte ich sehr große Angst davor, dass sie arbeitslos werden könnten. Etwas was es in der DDR nicht gab.
Und so könnte ich noch viele Behauptungen entkräften, doch das würde den Rahmen einer Rezension sprengen.
Vielleicht liegt es daran, dass "Zonenkinder" nur zehn Jahre nach der Wende geschrieben und im ersten Augenblick sehr viel verteufelt wurde oder die Autorin sich mit dieser Thematik profilieren wollte. Mit über Vierzig sieht man dann einiges vielleicht doch anders. Deshalb würde mich die heutige Sichtweise bzw. Meinung von Frau Hensel dazu sehr interessieren.
Nach dem Lesen dieses Buches muss ich mich echt fragen, in welcher DDR sie aufgewachsen ist. Und ich finde es sehr traurig, dass unwissende Leser (Altbundesbürger oder die nach uns folgenden Generationen, die dies nicht erlebten), diese Einschätzung vermutlich als einzige Wahrheit ansehen.
Nach dem Verfassen meiner Rezension habe ich mal einige Meinungen zu dem Buch gelesen und bin sehr froh, dass ich den negativen Kritiken vieler Leser zustimmen kann. Das beruhigt mich zu mindestens in der Hinsicht, dass meine Erinnerungen vielleicht doch zu verklärt sein könnten. Definitiv bin ich kein Zonenkind (diesen Begriff habe ich bisher noch nie gehört), sondern ein DDR-Kind!
Leider muss man 1/2 Stern vergeben, allerdings ist diese Schilderung nicht mal diesen wert.