Ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre!
"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 ...
"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 erschienen Geschichte von Graham und Ellie mit neuem Cover. Doch neu oder nicht - der Young Adult-Roman hat mir die letzten beiden Tage meine Zugfahrten versüßt, sodass ich nun absolut verstehen kann, weshalb das Buch international so erfolgreich war und in verschiedenen Ausgaben immer wieder neu aufgelegt wurde: auch wenn man über Figuren, Handlung und Tiefe sagen kann, was man will, ist "Der Geschmack von Glück" einfach eine wahnsinnig charmante und süße Sommerromanze!!!
Beginnen wir doch aber wie immer beim Cover. Anders als auf den vorherigen Ausgaben ist auf der Neuauflage vor einem pastelligen Farbverlaufs-Hintergrund eine Eiswaffel zu sehen, in der drei verschiedenfarbige Kugeln Eis in Herzform sitzen. Zusätzlich zum Titel in geschwungenen Buchstaben sind bunte Farbkleckse und kleine Herzen auf dem Cover verteilt und verbreiten gleich eine sommerliche Stimmung. Innerhalb der Buchdeckel ist die Gestaltung sehr schlicht gehalten und sticht nur durch gelegentlich eingeflochtene Emails und Textnachrichten hervor, welche sich Graham und Ellie während der 368 Seiten hin und her schicken. Mittlerweile ist diese Idee in einer Vielzahl von modernen Jugendbüchern vertreten, zum Ersterscheinungstermin 2013 waren die abgedruckten Mails aber eine neue Idee.
Erste Sätze: "Im Grunde war es wie ein Zirkus, und der Tross zog auch so in die Stadt ein. Nur dass statt der Elefanten und Giraffen Kameras und Mikrophone kamen. Und statt der Clowns, Käfige und Hochseile gab es Produktionsassistenten, Wohnwagen und meterweise dicke Kabel."
Leider verhält es sich mit dem groben Aufbau der Handlung genauso. Das Handlungskonzept "Schauspielstar-trifft-auf-Kleinstadt-Mädchen-die-seine-Brieffreundin-war-ohne-es-zu-wissen" ist auf den ersten Blick bekannt und demnach auch recht vorhersehbar. Mir fallen spontan gleich drei Jugendbücher ein, die eine ähnliche Geschichte erzählen, wobei man natürlich zur Verteidigung von Jennifer E. Smith darauf hinweisen muss, dass die Motive zum damaligen Veröffentlichungszeitpunkt wohl noch etwas weniger plattgetreten waren. Trotzdass die Handlung mich also weder besonders überrascht noch wirklich mitgerissen hat, ist "Der Geschmack von Glück" mit so viel Charme und Witz erzählt, dass man über seichte Konflikte und plätschernde Szenen wunderbar hinwegsehen kann. Ich hatte zuvor noch nichts von der Autorin gelesen, wurde aber sehr schnell von ihrem eingängigen, lockeren Schreibstil mit amüsanten Dialogen und lebendigen Schauplatzbeschreibungen eingenommen. Jennifer E. Smith entführt hier in eine sommerliche Kleinstadt an der Küste von Maine und kreiert eine lebendige Atmosphäre, in der zwischen Strand, Sonnencreme, Dreharbeiten und Schmetterlingen im Bauch alles möglich scheint. Die Geschichte hinterlässt also - wenn schon keinen inhaltlichen Eindruck - jede Menge schöne Bilder des Settings und ein süßer Nachgeschmack auf der Zunge!
"Meine Vorstellung von Glück ... Sonnenaufgänge über dem Hafen. Eiscreme an einem heißen Tag. Das Geräusch von Wellen am Ende der Straße. Wenn sich mein Hund neben mir am Sofa einrollt. Abendspaziergänge. Tolle Filme. Gewitter. Ein guter Cheeseburger. Freitage. Samstage. Sogar Mittwoche. Die Zehen ins Wasser stecken. Pyjamahosen. Flipflops. Schwimmen. Gedichte. Die Abwesenheit von Smileys in E-Mails."
Zusätzlich zu ihrem kurzweiligen Erzählstil nutzt Jennifer E. Smith einen allwissenden Erzähler, der sowohl Einblicke in Ellies als auch Grahams Gefühlswelt gewährt und dabei Themen wie Zukunft, Familie, Freundschaft, Geheimnisse und Identitätsfindung anspricht. Die beiden sind grundsätzlich solide und sympathische Figuren, die jedoch ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal vermissen lassen und wie zwei sehr durchschnittliche Teenager wirken. Besonders Ellie empfand ich als etwas austauschbar und war überrascht, dass mir ausgerechnet der Star Graham klischeefreier und runder vorkam. Auch die Nebenfiguren bleiben hier recht blass. Sowohl die Angestellten am Filmset als auch Grahams weiblicher Star-Sidekick, Ellies beste Freundin oder ihre Mutter nehmen nur eine kleine Nebenrolle ein und verschenken somit Potential.
Etwas mehr erhofft hatte ich mir auch von der Beziehung von Ellie und Graham, deren Liebe oder auch nur Nähe ich leider kaum gefühlt habe. Wir steigen wahnsinnig schnell nach nur wenigen einleitenden Mails mit der ersten Begegnung der beiden ein und lesen sofort von starken Gefühlen, die ich aber nur schlecht nachvollziehen konnte, da uns ein wichtiger Teil ihrer Geschichte verwehrt bleibt: ihre Annäherung durch die Emails. Ich hätte sehr gerne noch mehr vom Emailverkehr der beiden gelesen, um den Funken zwischen ihnen spüren und den Verlauf ihrer Begegnung besser nachvollziehen zu können. Schön ist an ihrer Beziehung und an der recht durchschnittlichen Charakterisierung der beiden aber, dass Jennifer E. Smith auf übertriebenes Drama, künstliche Liebesschwüre oder leere Versprechungen verzichtet, und stattdessen auf Authentizität setzt. Auch wenn die Verbindung der beiden eher subtil und nicht sofort spürbar ist, entwickelt sie sich in einem glaubhaften Rahmen und wird dadurch untermauert, dass beide mit offenen Karten spielen. Apropos offen: das Ende lässt eine Menge Fragen unbeantwortet und nimmt auch einige angerissene Handlungsstränge nicht mehr mit auf. Da es in Coming of Age Romanen ja aber immer um Anfänge geht und die Schwierigkeiten der Figuren beim in Einklang bringen ihrer Leben nicht in der Kürze glaubhaft aufgelöst hätte werden können, bin ich aber ganz zufrieden mit dem Ende, das sich die Autorin für unsere beiden Figuren überlegt hat. Wer sich nicht selbst überlegen möchte, wie es wohl mit Ellie und Graham weitergeht, kann ja auch noch die hundertseitige Novelle "Umwege zum Glück" lesen, die ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung spielt und von einem Wiedersehen erzählt.
"Es gibt unterschiedliche Formen des Glücks", sagte sie. "Manche brauchen keinen Beweis."
Fazit:
"Der Geschmack von Glück" ist ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre! Jennifer E. Smiths Erzählung ist zuckersüß und erfrischend wie ein Eis im Sommer, verschenkt bei Figuren und Handlung jedoch Potential und lässt ein wenig Tiefe vermissen