spannende Undercover-Ermittlungen
Grisham ist in all den Jahrzehnten seiner literarischen Arbeit seinen idealen treu geblieben. Er ist ein Aufklärer, ein Anwalt der Schwachen, stets auf der Seite von jenen, die von den Mühlen des US-amerikanischen ...
Grisham ist in all den Jahrzehnten seiner literarischen Arbeit seinen idealen treu geblieben. Er ist ein Aufklärer, ein Anwalt der Schwachen, stets auf der Seite von jenen, die von den Mühlen des US-amerikanischen Justizapparats zerrieben werden.
Dieser Thriller hat mich ungeheuer fasziniert, weil er so gänzlich gegen den Strich gebürstet ist. Es fängt an mit mit einer Action-Szene, in der ein Obdachloser in einer großen Kanzlei erschossen wird. Doch dann die Überraschung: Scheinbare Langweile, die sich schiere endlos hinzieht. Warum funktioniert der Thriller trotzdem?
Es liegt an den liebevollen und eindrücklichen Charakterbeschreibungen, die man bei deutschen Bestseller-Krimiautoren, die sich ganz auf die Konstruktion des Plots konzentrieren, leider oft vermisst.
Der "Held" des Romans ist ein desillusionierter, motivationsloser Anwalt, der nach dem Vorfall einfach nicht wie gewohnt in sein Büro gehen kann, sondern die riesige Kanzlei, in der er angestellt ist, schnurstracks verlässt, frühmorgens in eine Kneipe geht und sich ausgiebig betrinkt. Dies ist so großartig beschrieben, dass der Leser echt gute Literatur genießen kann.
Einigen jüngere Leser, bei denen im Zeitalter kurzer SMS- und Twitter-Posts die Aufmerksamkeitsspanne knapp bemessen ist, werden sich langweilen. Nun gut, für die gibt es mittlerweile genug Trash. Der eBook-Markt will bedient werden, vielen Autoren geht es heutzutage nur ums Geschäft. Die goldenen Zeiten, als John Grisham noch mit Qualität Literaturagenten und Verlage für sich einnehmen konnte und seitdem jedes Buch von ihm gedruckt wird, weil er mittlerweile zum Establishment gehört, sind lange vorbei.
Zurück zu "Der Verrat": Der Anwalt betrinkt sich in der Kneipe, lässt alle Anrufe der Großkanzlei, in der er arbeitet, unbeantwortet, erholt sich nur langsam von dem Schock über den Mord, den er dort gesehen hat.
Irgendetwas stimmt nicht in der Szene, die er rein zufällig beobachtet. Wollte sich der Arbeitslose erschießen lassen, war es gar kein Terrorist? Die spannenden Undercover-Ermittlungen unseres Helden beginnen ...