Loslassen bedeutet nicht Lebewohl
"Diese Traurigkeit war schon lange, bevor die Bomben gefallen waren und der Himmel sich rot gefärbt hatte, da gewesen. Sie war in winzigen Schritten, mit winzigen Entscheidungen gekommen: die Entscheidung, ...
"Diese Traurigkeit war schon lange, bevor die Bomben gefallen waren und der Himmel sich rot gefärbt hatte, da gewesen. Sie war in winzigen Schritten, mit winzigen Entscheidungen gekommen: die Entscheidung, jemand anderen oder etwas anderes einander vorzuziehen. Diese Entscheidungen hatten sie in der irrigen Annahme getroffen, der andere wäre immer da. Es gäbe noch mehr Gelegenheiten, auf dem Sofa zu sitzen und sich an den Händen zu halten, verliebt in der Küche zu tanzen, ihrem Mann zu sagen wie fähig er war, seiner Frau zu sagen, wie schön sie in seinen Augen war, auch nach nächtelangem elterlichen Schlafmangel, der die Augen und auch die Seele müde machte."
Buchauszug S. 266
Inhalt:
Nach dem unerwarteten Tod von ihrem Mann Chandler, zieht Ruth Neufeld mit ihren beiden Töchtern und ihrer Schwiegermutter zu den mennonitischen Verwandten ihres Mannes. In der Ruhe der malerischen Cranberryfarm und mit der liebevollen Fürsorge von Cousin Elam, beginnt Ruth langsam zu heilen. Gerade als sie neue Schritte wagt, stellt eine dramatische Wendung alle ihre Zukunftsträume in Frage.
Meine Eindrücke:
Ich bin ganz ehrlich, am Anfang war es mir tatsächlich zu wider dieses Buch zu lesen. Durch meine eigene Neugierde, hatte ich von dem anscheinend total verwirrenden Ende dieses Buches gehört. Dies nahm mir die ganze Lust auf die Geschichte. Tja selber schuld! So überlegte ich, diese Lektüre noch etwas aufzuschieben. Schlussendlich entschied ich mich dazu, es einfach hinter mich bringen zu wollen. Nie und nimmer hätte ich damit gerechnet, dass ich dem Buch zum Schluss 5 Sterne vergeben möchte!! Während und auch nach dem Lesen, ist diese Geschichte etwas total Besonderes für mich geworden. Ein Buch, dass mir ans Herz gewachsen ist!
Die Autorin hat einen wundervollen, ruhigen und sprachschönen Schreibstil, der einem mit seiner Beständigkeit auch durch die aufwühlenden Plottwists durch trägt. Das kann ich also sagen, ich wurde beim Lesen von einem Gefühlschaos ins nächste gestürzt. Am Schluss kam es mir fast so vor, als ob die Autorin mit den Gefühlen ihrer Leser*innen spielen wollte. Nach dem ersten Verdauen bin ich mir sicher, dass dies nicht der Fall ist. Denn nur auf diese besondere Weise, konnte eine so unglaublich bewegende und zum Nachdenken anregende Erzählung gelingen. Ich begann mich zu fragen, was für mich denn ein gutes Buch wirklich ausmacht. Ist es wenn die Geschichte meinen Wünschen und Vorstellungen entspricht? Oder wenn sie mich überraschen und auch aufwühlen kann? Ich für meinen Teil mag es sehr gerne, wenn mir die Geschichte wirklich in Erinnerung bleibt. Und dies, hat die Autorin also wirklich hervorragend geschafft. Jolina Petersheim bringt einem dazu sein eigenes Verhalten, primär in der Ehe, zu reflektieren. Es geht um gegenseitige Wertschätzung, Erwartungen und die Schwierigkeit sich durch die Last des Alltags nicht zu verlieren. Anhand Ruths Geschichte macht sie deutlich, dass wir unsere Identität in Gott fest machen müssen und nicht in der Beziehung zu unserem Mann. Obwohl ich während des Lesens jetzt keine besondere Bindung zu Ruth aufgebaut habe, waren ihre Gefühle stets sehr authentisch und nachvollziehbar. Besonders folgender Rat ihrer Schwiegermutter Mabel, ist mir fest in Erinnerung geblieben: Wir sollten unseren Mann zur obersten Priorität unseres Gebetslebens machen. Tatsächlich gab es am Ende nochmals eine sehr unerwartete Wendung, über welche, ich nach dem ersten Schreck, sogar dankbar bin.
„Licht sucht sich seinen Weg“ ist für mich ein aussergewönliches tiefgründiges, wie auch aufwühlendes Buch. Wer sich auf diese Geschichte voll und ganz einlassen kann, wird mit einem wahrhaftigen Schatz belohnt. Ein wirklich starkes Buch über die Ehe und den Glauben!