Gewöhnungsbedürftige Hauptfigur
Der erste Fall einer neu gegründeten Kanzlei soll normalerweise richtungsweisend sein, doch Linn Geller muss ein Pflichtmandat übernehmen, das sie vor einige Herausforderungen stellt. Grace Riccardi ist ...
Der erste Fall einer neu gegründeten Kanzlei soll normalerweise richtungsweisend sein, doch Linn Geller muss ein Pflichtmandat übernehmen, das sie vor einige Herausforderungen stellt. Grace Riccardi ist wild entschlossen, den Mord an ihrem Mann zu gestehen. Aber Linn findet immer mehr Hinweise, dass Grace den Mord nicht begangen haben kann. Aber je mehr Linn im Sumpf der Hinweise stochert, desto mehr dreht sich der Spieß um und sie sieht sich selbst Anfeindungen gegenüber. Kann sie das Ruder herumreißen ?
"Totwasser" wird als Lektüre für Krimifans von Nele Neuhaus, Romy Fölck und Charlotte Link empfohlen und setzt natürlich extrem hohe Erwartungen, wenn das Buch in einem Atemzug mit diesen drei Top-Autorinnen genannt wird.
Es sind auch wirklich tolle Züge zu erkennen, die Hoffnung auf einen spannenden Plot machen, doch diese werden immer wieder im Keim erstickt, wenn Linn Geller aufs Tablett kommt. Ihre fast schon wahnhaften Vorstellungen, erneut zum Opfer zu werden, wirken zu Beginn noch recht nachvollziehbar, aber auf Dauer wird es eher nervig und Linn kann die Leser:innen nicht ganz von sich überzeugen. Vielmehr wird sie immer mehr zur gewöhnungsbedürftigen Hauptfigur, die ihre Spleens (die Narbe muss unbedingt verdeckt werden) in den Vordergrund stellt, anstatt mit guter Arbeit als Anwältin zu überzeugen.
Zwar kann die Autorin eigene berufliche Erfahrungen als Grundlage für ihren Roman nutzen, aber so ganz vermag sie dieses Praxiswissen nicht geschickt in die Handlung einzuarbeiten, um davon zu profitieren.
Der Fall an und für sich ist wirklich gut erdacht, kann mit einigen Spannungsmomenten überzeugen, aber auch hier gilt - die Anfänge sind gut, die weiterführende Handlung ist eher holprig. Die wechselnden Handlungsorte Deutschland und Großbritannien hätten besser miteinander verknüpft werden können, um hier eine nervenaufreibende Kulisse zu gestalten und spannende Sequenzen zu erzeugen. Auch stört, dass immer wieder der zu gewollt englische Slang in die Dialoge eingebaut wird. Wirkt auf der einen Seite extrem nervig und auf der anderen Seite deplatziert. Man kann auch eine authentische Gesprächsführung anders vermitteln, um hier den Lesefluss nicht immer wieder zu stören.
Die Leser:innen können miträtseln, gelegten Spuren und falschen Fährten nachgehen, aber im Großen und Ganzen kann der Start der neuen Krimi-Reihen leider nicht an den Erfolg der großen Namen anknüpfen, mit denen er hier verglichen wird.
Es ist somit noch genügend Potenzial vorhanden, um sowohl die Figur Linn Geller als auch ihren Kompagnon Götz sympathischer zu gestalten, damit beide in Zukunft eine große Fangemeinde finden.