Wow, was für ein Buch!
Malik ist cool, witzig, lebenshungrig und er hat eine dunkle Seite. Nach einem Autounfall mit knapp zwanzig Jahren ist er eine „Topfpflanze“ im apallischen Syndrom.. Claudette, die ihn seit der Schule ...
Malik ist cool, witzig, lebenshungrig und er hat eine dunkle Seite. Nach einem Autounfall mit knapp zwanzig Jahren ist er eine „Topfpflanze“ im apallischen Syndrom.. Claudette, die ihn seit der Schule kennt, mit im Unfallwagen saß und vor nicht allzulanger Zeit mit Malik zusammen war, erzählt die Geschichte ihrer Freundschaft in Rückblenden. Und das ist ziemlich schwere Kost. Nichts von „Ziemlich beste Feunde“, kein heiter-liebenswürdiges Programmkino, nixda mit Behinderte sind die besseren Menschen. Malik macht Fortschritte, aber er hat es schwer und macht es anderen nicht leicht. Als Leserin liebe ich seinen schwarzen Humor und bin froh, dass ich ihn nicht pflegen muss, nicht seine Freundin bin. Am meisten beeindruckte mich, dass die Autorin absolut kein Pathos nutzt. Die Würde der Person ist zu erkennen in jeder Zeile. Auch wenn sich Malik in noch so beschissenen Umständen befindet. Die große Frage für Claudette bleibt: Bin ich verantwortlich? Muss ich heilen, retten? Sogar beim Sterben? Wie weit muss ich mich selbst dabei vergessen? Muss ich überhaupt? Bei einem gemeinsamen Urlaub in Portugal wird sehr deutlich, was noch möglich ist. Berührend lakonisch erzählt sie von Enttäuschung, Öde und Kompromissen. Die „gute Tat“ wird nicht belohnt. Aber Claudette reift an dieser Freundschaft. Sie lebt ihr Leben und fühlt sich dabei immer unterschwellig von Maliks Schicksal in die Tiefe gezogen. Sie sucht Abstand. Sehr verständlich.
Mich als Leserin bedrückt es, von Entmündigung, staatlicher “Fürsorge“, Übergriffigkeit, Inkompetenz und allgemeiner Hilflosigkeit, angesichts Maliks Unbändigkeit und Bedürftigkeit zu lesen. Dieser Mensch überfordert so ziemlich jeden. Und doch bleibt er mit den Menschen verbunden, wenn auch teilweise in sehr schrägen Blüten. Bis zum Ende.
Den Roman habe ich in einem rauschhaften Rutsch gelesen. Er entfaltete einen Sog, dem ich folgen musste. Schön war‘s nicht, aber intensiv. Ich mag die Sprache, die Musik, die Ehrlichkeit. Eine sehr düstere Heldenreise.
Ein grandioser Roman.