Gelungener Heimatroman
Die Autorin, aufgewachsen in dem oberösterreichischen Dorf Eferding, erzählt in diesem Roman die besondere Geschichte, die mit ihrer Heimatregion verbunden ist. Denn dort befand sich seit 1915 ein riesiges ...
Die Autorin, aufgewachsen in dem oberösterreichischen Dorf Eferding, erzählt in diesem Roman die besondere Geschichte, die mit ihrer Heimatregion verbunden ist. Denn dort befand sich seit 1915 ein riesiges Kriegsgefangenenlager für mehrere zehntausend Gefangene. Die an Krankheit elend Gestorbenen wurden auf einem nahen Lagerfriedhof begraben. Dort vermutet der Serbe Dragan Džomba die Überreste seines einst in den Krieg gezogenen Bruders, mit dem er sich kurz zuvor nach einem Streit nicht mehr hat versöhnen können. Džomba begibt sich 1954 nach Eferding und bleibt dort hängen, in einer Hütte auf dem ehemaligen Lagerfriedhof. Von vielen Einheimischen wird er misstrauisch beäugt und angefeindet, andere dagegen sind ihm freundlich zugetan. An seinem Trauma leidet er psychisch. Andere seiner neuen Bekannten haben andere schlimme Belastungen aus der Vergangenheit zu verarbeiten. In den 1970er Jahren trifft die kleine Gastwirtstochter (wohl die Autorin persönlich) auf einige der Personen, die 20 Jahre vorher auf Džomba trafen und kann nicht genug von den alten Geschichten hören, denen sie während ihrer Mithilfe im Gastraum bei Stammtisch, Leichenschmaus und Frühschoppen inbrünstig lauscht.
Die Geschichte ist sehr melancholisch und nachdenklich verfasst, dem ernsten Thema angemessen. Der besondere Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig (abgehackte Sätze, mit Verben beginnende Sätze) ebenso wie der eingestreute authentische oberösterreichische Dialekt und die besonderen österreichischen Vokabeln. Das und die liebevoll gezeichneten Portraits von den verschiedenen Dorfbewohnern sowie der interessante historische Hintergrund machen den Roman zu etwas wirklich Besonderem. Der jeweilige persönliche Hintergrund der Romanfiguren wird erst nach und nach aufgedeckt, so dass genug Raum bleibt, selbst Spekulationen hierzu anzustellen. Von der ländlichen Gegend vor 50 bis 70 Jahren wird ein so deutliches Bild gezeichnet, dass man sich quasi in das Geschehen hineinversetzt fühlt.
Das Buch erhält von mir eine volle Leseempfehlung.