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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2024

Der Fußballsommer 2010 und ein mit dem Klerus verwobenes Verbrechen

Roter Sommer
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2010, das Flair des spanischen Sommers vermischt sich mit der Fußballweltmeisterschaft, die in diesem Jahr in Südafrika stattfindet. Das ganze Land fiebert mit und wird bald belohnt werden, mit dem Titel ...

2010, das Flair des spanischen Sommers vermischt sich mit der Fußballweltmeisterschaft, die in diesem Jahr in Südafrika stattfindet. Das ganze Land fiebert mit und wird bald belohnt werden, mit dem Titel für seine Mannschaft. Doch gerade steht das Viertelfinale an und fast alle schauen zu. Doch das Verbrechen ruht nicht und so wartet auf Comisaria María Ruiz statt des Spiels eine junge männliche Leiche. Bald darauf gibt es einen zweiten Mord und eine Verbindung, die zu der von beiden besuchten katholischen Schule führt. Und es gibt Beweisstücke, Bilder von Missbrauchshandlungen, auf denen einer der dortigen Lehrer zu sehen ist, ein Priester. Im klerikalen Umfeld zu ermitteln ist schwer und das Vordringen in diese Abgründe seitens der Comisaria werden abgeblockt. Doch der Investigativreporter Luna, gerade frisch ausgemustert und arbeitslos, bietet seine Hilfe an. Schon in den 1970er Jahren hat er zu diesem Thema Recherchen angestellt und bereits damals tauchte der Name des Geistlichen in einem solchen Zusammenhang auf.
Dies ist ein packender und wirklich heftiger Ermittlungsroman mit einer sehr eigenen Hauptfigur, eben dieser Maria Ruiz und einem Thema, das heute in einem noch viel größerem Maße aktuell ist, nicht weil erst jetzt solche schlimmen Dinge passieren, sondern weil es noch nicht so lange her ist, dass die Mauern des Schweigens eingerissen werden konnten, weitgehend nicht freiwillig von kirchlicher Seite. Aber, das muss man sagen, es tut sich inzwischen etwas, leider viel zu langsam. Es ist viel passiert. Vertrauen wurde missbraucht und das Handeln der Obrigkeit war skandalös. Nun, dieser Kriminalroman, er handelt davon. Und gerade die Begründungen, Ausflüchte, Entschuldigungen? der klerikalen Institutionen, die hier offenbart werden, machen einen fassungslos.
Ein sehr spannendes Debüt, das Potential zeigt für mehr und dies ja auch bereits eingelöst hat. Vier Bände umfasst diese spanische Krimireihe inzwischen. Der letzte davon wurde sogar mit dem spanischen Krimipreis Premio Hammett ausgezeichnet und sicherlich auch auf Grund dessen als Vorreiter für die ganze Serie ins Deutsche übersetzt.
Ich bin mir sicher, wir werden noch viel Weiteres erleben, wenn die Comisaria sich durchkämpft, durch neue Morde, durch das intensive Drumherum und ein bisschen auch durch ihr eigenes Leben.

Veröffentlicht am 06.12.2024

Ein Stückchen Geschichte vom eigenen Leben und dazu ein spannendes Weltraumabenteuer

Bastian oder Wie man aus einer Ente eine Rakete baut
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Bastian findet Weltraum ganz toll. Er möchte alles darüber wissen und er erfindet sogar eine Geschichte, in der jemand mit einem selbst gebauten Raumschiff ins All fliegt und dort viele Abenteuer erlebt. ...

Bastian findet Weltraum ganz toll. Er möchte alles darüber wissen und er erfindet sogar eine Geschichte, in der jemand mit einem selbst gebauten Raumschiff ins All fliegt und dort viele Abenteuer erlebt. Bastian hat dafür ein eigenes Skizzenbuch und von ihm gezeichnete Bilder gehören auch dazu. Er selbst lebt mit seinem Vater in einer kleinen Dachgeschosswohnung. Seine Mutter ist vor einer Weile gestorben und seitdem spricht er nicht mehr. Nun hat er bald Geburtstag und fragt sich, ob sein Papa diesen wohl vergessen wird. Tut er aber nicht. Bastian bekommt zwar nicht das Teleskop, das er sich gewünscht hat, aber der Ausflug zur Sternwarte ist auch ein wirklich tolles Geschenk. Er darf dort mit großem Gerät richtig in den Himmel schauen, zusammen mit einer sehr netten Frau, die Astrophysikerin ist, sehr viel über den Weltraum weiß und auch sonst kluge Dinge sagt. Außerdem kennt sein Vater sie wohl ziemlich gut. Es wird ein sehr schöner Tag und liefert Bastian jede Menge neue Inspiration, um seine eigene Geschichte zu einem guten Ende zu bringen.
Dieses Buch, es erzählt gleich zwei Geschichten. Da ist das, was Bastian selbst so erlebt. Diese Passagen sind ganz normal auf weißem Hintergrund geschrieben. Und dann gibt es noch die schwarzen Seiten, mit natürlich heller Schrift, ein bisschen wie das Universum und seine leuchtenden Sterne. Diese halten das Abenteuer fest, das Buzz, der von Bastian erfundene Held, auf seiner Weltraumreise erlebt. Das ist sehr schön ausgedacht und funktioniert auch richtig gut, um beiden Teilen die passende Aufmerksamkeit zu schenken, in einem genau richtig austarierten Hin und Her. Dabei gibt es ganz viel über den Weltraum zu lernen, über die Unendlichkeit, die da um uns herum existiert, aber auch eine Menge über unser kleines Leben auf diesem im Vergleich auch recht kleinen Heimatplaneten Erde.
Ein tolles Buch, das beste Unterhaltung bietet, mit einer angemessen leichten und jugendlich ziemlich cool angehauchten Sprache.
Diese Geschichte zu lesen hat einfach großen Spaß gemacht.

Veröffentlicht am 01.12.2024

Eine Freundschaft, die Entwicklung bringt, mit viel Intensität und Lebendigkeit

Wie wir waren
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Dies ist die Geschichte zweier Frauen und ihrer Freundschaft. Paula und Zett sind schon seit Kindertagen Freundinnen und das, obwohl sie schon damals sehr verschieden waren, sowohl bzgl. ihrer Lebensumstände ...

Dies ist die Geschichte zweier Frauen und ihrer Freundschaft. Paula und Zett sind schon seit Kindertagen Freundinnen und das, obwohl sie schon damals sehr verschieden waren, sowohl bzgl. ihrer Lebensumstände wie auch in ihrem eigenen Sein. Paula, die bei ihrer Mutter aufwächst, will immer alles richtig machen und schaut sehnsüchtig auf das schöne Familienleben, das Zett in ihrem wohlhabenden Zuhause zu haben scheint. Und Zett, sie ist wild, sagt, was sie denkt und strahlt eine große Lebenslust aus, macht sich unabhängig von den Vorgaben, die die Gesellschaft einem aufdoktrieren will. Dann der erste Bruch, als die beiden mit 19, es ist 1986, zusammen Urlaub in Griechenland machen und Zett nicht akzeptieren kann, dass Paula zu ihrem gewalttätigen Freund zurückkehren will. Es ist Paula, die Zett, durch die Einladung zu ihrer Hochzeit, erneut die Hand reicht und die Freundschaft wiederbelebt. Und von da an begleiten sie sich gegenseitig, stehen sich bei, rütteln den jeweils anderen auf, wenn es sein muss. Da ist viel Intensität im Geschehen. Harte Auseinandersetzungen, ein sich Zurückziehen, lange Zeiten der Funkstille und dann wieder Annäherung, auch das gehört zu ihrer Freundschaft dazu. Wenn man sich braucht, ist man füreinander da, das wissen inzwischen beide, ohne dies aussprechen zu müssen. Man arbeitet sich aneinander ab und wächst daran. Konflikte werden ausgetragen und doch gibt es Geheimnisse, die lange verborgen bleiben, deren Preisgebung aber dann auch sehr hilft, beiden.
Dieses Buch, es verlangt einem einiges ab. Kein Friede, Freude, Eierkuchen, sondern Lebensrealität, ungeschönt, intensiv und irgendwie auch mitreißend in ihrer bedingten Wahrhaftigkeit, die sich diese beiden Frauen hier 'antun'. Und als Leser ist man dabei, nimmt Anteil, fühlt es mit, empfindet das Zurückgestoßen werden, ist mal näher der Einen, mal der Anderen, indem was sie erleben, was sie tun.
Manchmal ist Realität erträglicher wie aufgetischter Zuckerguss, der doch eher selten dem wirklichen Leben entspricht und davon gibt es hier jede Menge.
Ein tolles Buch, das auch viel Kraft in sich trägt und lange nachhallt.

Veröffentlicht am 01.12.2024

Tiefseeforschung in ihren Anfängen und eine Menge Gedankliches drumherum

Leuchten am Meeresgrund
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Tiefseeforschung 1934, mit den gegebenen technischen Möglichkeiten, in Form einer Bathysphäre, einem kugeligen Gebilde, gleiten Wissenschaftler an einem Kabel in die Tiefe hinab. Die damalige Rekordtiefe ...

Tiefseeforschung 1934, mit den gegebenen technischen Möglichkeiten, in Form einer Bathysphäre, einem kugeligen Gebilde, gleiten Wissenschaftler an einem Kabel in die Tiefe hinab. Die damalige Rekordtiefe lag bei gut 300 m. Das, was sie sehen, geben sie in detaillierten Beschreibungen an die Oberfläche weiter, wo alles in Text und Bildern festgehalten wird. So ging damals Forschung, faszinierend in seinem menschlichen Engagement und den erstaunlichen neuen Ergebnissen, die sie ans Licht brachten, obwohl es dort unten, in der Tiefe, sehr dunkel war. Auch die letzte Farbe war wahrnehmbar nur grau und dann die Kreaturen selbst, für die Forscher ein Ereignis in ihrem wissenschaftlichen Leben. Und auch als Leser ist man von der Natur in diesen Tiefen elektrisiert. Dies zusammen mit den unmittelbaren Empfindungen der Menschen, die daran beteiligt waren, das ist wirklich ein Erlebnis, das uns dieses Buch erleben lässt. Doch das Drumherum, Gedanken, philosophische Betrachtungen, die sehr weitschweifig in ganz andere Bereiche abdriften, der Raum, der dafür bereitet wurde, verschiebt die Gewichtung, um was es hier in erster Linie und vom Interesse her eben gehen sollte, schon ein wenig störend, weg vom Eigentlichen, der wissenschaftlichen Dimension dieses damals einzigartigen Projekts. Aufgelockerter Sachbezug, sehr gerne, Persönliches wie es hier auch zum Tragen kommt, ebenfalls, aber das mehr ist teilweise doch etwas ermüdend. Und unwillkürlich nimmt man sich als Leser in diesen Passagen doch eher einmal zurück und ist mit weniger Aufmerksamkeit dabei.
Ein interessantes Buch mit großer Faszination für das tatsächliche 'Leuchten am Meeresgrund', aber darüber hinaus ließ das Leuchten manchmal auch ein wenig nach.

Veröffentlicht am 25.11.2024

Schaurig-schön in sechs Varianten

Wintergeister
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Wenn uns die Dunkelheit durch die Fenster anstarrt, dann ist Einkuscheln mit einem guten Buch das Mittel der Wahl, um wohlige Gefühle zu bekommen. Genau dann darf es gerne auch mal schaurig sein, denn ...

Wenn uns die Dunkelheit durch die Fenster anstarrt, dann ist Einkuscheln mit einem guten Buch das Mittel der Wahl, um wohlige Gefühle zu bekommen. Genau dann darf es gerne auch mal schaurig sein, denn das passt perfekt zu einer frostigen Winternacht. Und deshalb gibt es dieses Buch. Sechs kürzere Geschichten von bekannten AutorInnen, die hier einmal eine andere Seite zum Besten geben. Und sie machen das richtig gut. Gruseln geht in vielen Varianten und diese sechs hier sind wirklich sehr verschieden. Ob durch Dämonen, ob durch Geister, die man heraufbeschwört oder ob das Gruseln über weite Strecken durch eine perfekt ausgestattete unheimliche Realität in einer schon etwas früheren Zeit erzeugt wird, ein Schaudern durchfährt einen und und wärmt gleichzeitig unsere Vorstellungskraft auf eine Art, die, sehr kreativ und subtil, genau das in Gang setzt, Gruseltime.
Ein geisterhaft geistreiches Buch für viel Lesespaß, einfach schaurig-schön.