"Tattooed Sweetness" von Autorin Katlyn S. Coen ist eine wundervolle Geschichte, die wohl jeder romantisch veranlagten Person Hoffnung gibt, dass im echten Leben doch noch der oder die Eine wartet! Aber Achtung, der richtige Deckel sieht vielleicht ganz anders aus, als man es sich vorgestellt hat...
Genau dieser unerwarteten Überraschung sehen sich die beiden Protagonisten dieses Romans gegenüber. Celine Lechner ist eine adrette junge Frau, die sich in ihrem schicken Businesslook genauso pudelwohl fühlt, wie in ihren bürotauglichen 5cm Absätzen und wahnsinnig aufgeregt ist, den nächsten Schritt in ihrer Karriereplanung erreicht zu haben. Die junge Unternehmensberaterin ist kurz davor ihren ersten selbstständigen Businessplan mit einem Kunden zu erstellen.
Phillip Sandmann auf der anderen Seite hat in einem Büro nicht wirklich was verloren. Sein Office ist das Tattoostudio. Sein allseits bereiter Kugelschreiber, ist die Tattoonadel.
Für den ehrgeizigen Künstler gibt es nichts Erfüllenderes als sich den täglichen Ritualen seiner Arbeit hinzugeben, kleine Kunstwerke auf der Haut seiner Kunden zu erschaffen und zu beobachten, wie eine Vision Wirklichkeit wird. Und falls er noch eine freie Stelle auf seinem eigenen Körper ausfindig machen kann – was inzwischen gar nicht mehr so einfach ist – erweckt er auch gerne dort mal seine Kunst zum Leben.
Der am ganzen Körper tätowierte Phillip und die süße, zurückhaltende Celine, welche nicht ein einziges Tröpfchen Tinte unter der Haut trägt sind ein denkbar ungleiches Paar. Sie würden einander nie daten, so viel steht fest - Herrje, sie würden normalerweise vermutlich nicht mal ein Wort miteinander wechseln! Aber wie es der Zufall so will, wird Celines erster Kunde ausgerechnet Phillip Sandmann, der einen Businessplan für die Vergrößerung seines Tattoostudios benötig.
So wird aus den Beiden auf einmal ein Team und obwohl sowohl Phillip als auch Celine in einer Beziehung steckt, kann keiner die einzigartige Anziehung leugnen, die immer stärker zwischen ihnen zu lodern beginnt.
Aber das ist nur Einbildung, oder? Niemals könnte zwischen ihnen etwas sein. Dafür gibt es zu viele Unterschiede, zu viele Vorurteile und zu tiefe Abgründe zu überwinden. Das kann nicht funktionieren... oder etwa doch?
Ob es am Ende heißt „Gegensätze ziehen sich an“ oder eher doch „die Zwei sind einfach zu verschieden“ darf natürlich jeder für sich selbst herausfinden! Ich für meinen Teil hatte große Freude an der Geschichte von Celine und Phillip.
Der Schreibstil von Katlyn S. Coen ist von der Sorte locker, leicht und lebensnah. Sie nimmt den Leser wie selbstverständlich an die Hand und führt ihn bedächtig und ohne Stolperer durch die Geschichte. Sehr ansprechend fand ich auch die Atmosphäre, die in diesem Buch kreiert wurde. Man unterschätzt manchmal, was für einen Unterschied es macht, wenn der Autor oder die Autorin den Handlungsort persönlich kennt und sich dort aufgehalten hat, aber es spiegelte sich in diesem Fall deutlich wider. Die Beschreibungen waren sehr bildhaft und haben es mir sehr leicht gemacht mich nach Mosbach zu denken. Auch die örtlichen Dialekte und Redewendungen haben ihren Teil dazu beigetragen.
Ein Aspekt, der beim Lesen nicht unbedingt einen Nerv bei mir getroffen hat, waren die eingearbeiteten Anglizismen bzw. das doch sehr prominente „Denglisch“ von Phillip. Mir ist es gelungen, mich mit der Zeit daran zu gewöhnen, doch auch wenn es für die Figur eine glaubhafte Ergänzung war, hat es mich einfach nicht begeistern können. Trotzdem schätze ich irgendwie, dass die Autorin hier mal was riskiert hat.
Was die Handlung angeht, will ich nicht über meine Inhaltsangabe hinausgehen, kann aber sagen, dass mich dieses Buch in vielerlei Hinsicht sehr überraschen konnte. Es gibt einige unerwartete Entwicklungen und Komponenten, mit denen man zu Beginn der Geschichte nicht rechnet. Was die Entwicklung von Phillips und Celines Gefühlen zueinander angeht, würde ich hier definitiv von einer Slow Burn Romance sprechen, denn sie lernen sich wirklich erst zögerlich kennen und die Gefühle entwickeln sich und wachsen über einen langen Zeitraum. Es wird aber nicht langweilig, nur weil es bei ihnen nicht „sofort zur Sache geht“. Dafür gibt es zu viele Aspekte in ihrer beider Leben, die die Handlung vorantreiben und einen beim Lesen trotzdem interessiert und neugierig halten. In diesem Kontext ist es der Autorin auch gelungen einige sehr ernste Themen sehr glaubhaft, sensibel und authentisch in die Handlung mit einzubauen. Es wurde nichts unnötig beschönigt oder ausgeschmückt, sondern blieb sehr nah am echten Leben, was mir wiederum gut gefallen hat. Insgesamt haben es diese Punkte für mich zwischenzeitlich sehr schwer gemacht, das Buch für längere Zeit aus der Hand zu legen.
Ein wenig schade fand ich, dass besonders in den späteren Kapiteln einige teilweise sehr große Zeitsprünge stattfinden. So wirkten die unmittelbar vorangestellten Szenen manchmal ein wenig unfertig. Vielleicht lag das aber nur daran, dass ich an der Stelle sehr gerne noch ein wenig weitergelesen hätte. Als ein wenig ‚unfertig‘ habe ich auch die Plotlines mit Celines bester Freundin und Tante empfunden. Beide werden als sehr wichtige Figuren vorgestellt, tauchen mit der Zeit aber immer seltener auf. Hie und da dachte ich auch, dass noch das ein oder andere Gespräch hätte stattfinden sollen. Dieser Punkt fällt für mich nicht sehr ins Gewicht, weil es mich beim Lesen nicht wirklich gestört hat, mir kam nur der Gedanke, dass es mich interessiert hätte, wie die Dinge mit den beiden abgelaufen sind.
Phillip und Celine als Protagonisten haben mich auf jeden Fall abholen können. Sie kommen beide mit vielen Ecken und Kanten und auch der ein oder anderen Delle, doch gerade das hat sie für mich so nahbar gemacht. Durch die regelmäßigen Perspektivwechsel zwischen ihnen lernt man beide auf eine sehr eindringliche und fesselnde Art kennen, bekommt schnell ein Gefühl für ihre Emotionen und Beweggründe. Der sehr starke Kontrast zwischen ihnen macht diese Wechsel natürlich umso interessanter. Man bekommt einen sehr guten Eindruck über die Zahlreichen Vorurteile, die es gegenüber der Tattoo-Szene gibt und erhält gleichzeitig einen tollen Einblick in die tatsächliche Arbeitsweise von Tätowierern. Die Details und Abläufe wirkten hier sehr gut recherchiert.
Ein richtiges kleines Highlight – und ich kann nur jedem, der dieses Buch liest raten, diese nicht zu überspringen – waren das kleine Zusatzkapitel und die Rezepte am Ende des Buches. Quasi das Tüpfelchen auf dem i zu einer tollen Geschichte.
Mir hat „Tattooed Sweetness“ zusammenfassend also sehr gefallen. Es war emotional, facettenreich und überraschend, mit echten, authentischen Protagonisten und einer gut durchdachten Storyline. Sie hat mir wirklich das Gefühl vermittelt, als wäre es eine Geschichte, wie aus dem Leben gegriffen und vermutlich ist auch gerade das der Punkt, der sie so besonders und lesenswert macht.