Cover-Bild Eroberung
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 384
  • Ersterscheinung: 17.11.2020
  • ISBN: 9783498001865
Laurent Binet

Eroberung

Kristian Wachinger (Übersetzer)

Was, wenn in der Geschichte Europas zwei Dinge anders gelaufen wären? Erstens: Die Wikinger wären mit Pferden und eisernen Waffen bis nach Südamerika gesegelt. Zweitens: Kolumbus wäre nie aus Amerika zurückgekehrt.
In diesem Fall erobern die Inkas Europa. Sie landen im 16. Jahrhundert in Portugal, besiegen Karl V. in Frankreich und die Anhänger der Inquisition in Spanien. In Deutschland helfen ihnen die Fugger, das viele Gold zu verteilen. Im Herzen von Paris wird eine Pyramide errichtet, in Wittenberg schlägt man nach Luthers Tod die «95 Thesen der Sonne» an. Federschmuck ziert die Häupter der Europäer, auf den Feldern wächst Quinoa, Schafe sind heilig...
Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt?
Eine mit sprühendem Witz geschriebene Alternativweltgeschichte, ein fulminantes Vexierspiel, ein brillanter Abenteuerroman. Laurent Binets Bücher sind internationale Bestseller, mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Die «Eroberung» Europas durch die Inkas wird in zwanzig Sprachen übersetzt und als Serie verfilmt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2020

Laurent Binet – Eroberung

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Wir alle haben sie studiert, die Geschichte Europas und die Eroberung der Welt. Mutige Männer, die dahinsegelten, um ferne Länder zu entdecken und zu unterwerfen, um ihnen die zivilisierte Hochkultur der ...

Wir alle haben sie studiert, die Geschichte Europas und die Eroberung der Welt. Mutige Männer, die dahinsegelten, um ferne Länder zu entdecken und zu unterwerfen, um ihnen die zivilisierte Hochkultur der alten Welt nahezubringen. Was aber wäre gewesen, wenn alles ganz anders verlaufen wäre? Die Wikinger noch vor Kolumbus Südamerika entdeckt hätten und die Inkas sich gen Osten aufgemacht hätten, um erst Portugal und dann ganz Europa zu unterwerfen? So manch ein Herrscher hätte nicht schlecht gestaunt, ebenso die Vertreter der Heiligen Kirche – und deren Gegner. Ein fuchsteufelswilder Luther muss zusehen, wie statt seiner Thesen die Kunde des Sonnengottes angeschlagen und damit der neue Glaube besiegelt wird.

Laurent Binet ist ein Meister darin, die Geschichte neu zu erfinden und einen alternativen, wenn auch bisweilen aberwitzig anmutenden Verlauf zu schildern. Schon mit „Die siebte Sprachfunktion“ konnte er mich restlos begeistern, nun beschränkt er sich nicht auf die kleine Welt der Linguisten, sondern geht ans Eingemachte. Und das wieder einmal mit präziser und messerscharfer Beobachtungsgabe und pointierten Formulierungen.

„Doch die Geschichte lehrt uns, dass wenige Ereignisse es der Mühe wert erachten, sich rechtzeitig anzukündigen, darunter manche, die sich jeglicher Vorhersage entziehen, und dass letztlich die allermeisten sich damit begnügen, einfach einzutreten.“

So manches in der europäischen Geschichte wäre uns erspart geblieben oder schlichtweg besser gelaufen, hätten wir Binets Version der Historie erlebt. Die Inquisition beendet, Toleranz zum leitenden Motiv gemacht und Frieden, der eigentlich immer nur ein Traum war. Daneben wird das heliozentrische Weltbild per Dekret verordnet und die Mystifizierung der jungfräulichen Braut und der unbefleckten Empfängnis ein Schlusspunkt gesetzt.

Viele große Namen haben ihren Auftritt in dem Roman, der 2019 mit dem großen Preis der Académie française ausgezeichnet wurde. Man kann immer wieder nur schmunzeln, wie Laurent Binet uns einen Spiegel vorhält und die Absurditäten aufzeigt, die wir als gegeben hinnehmen. Virtuos reihen sich sie Ereignisse aneinander, die bekannte und belegte Fakten neu interpretieren. Diesbezüglich finde ich den deutschen Titel leider auch etwas zu begrenzt, es geht nicht nur um „Eroberung“, sondern wie das Original schon sagt, um die Frage, was eigentlich „Zivilisation“ sein soll und vor dem Hintergrund von Inquisition, Kreuzzügen und Imperialismus ist diese mehr als berechtigt.

Veröffentlicht am 14.10.2024

Was wäre wenn...

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Auf dieses Buch bin ich eigentlich nur durch Zufall gestoßen, ist die zeitgenössische Literatur eigentlich weniger mein Beuteschema. Aber ich habe mir schon seit längerem vorgenommen mehr Gegenwartsliteratur ...

Auf dieses Buch bin ich eigentlich nur durch Zufall gestoßen, ist die zeitgenössische Literatur eigentlich weniger mein Beuteschema. Aber ich habe mir schon seit längerem vorgenommen mehr Gegenwartsliteratur zu lesen und bei Eroberung hat mich die Prämisse sofort fasziniert. Alternativweltgeschichten finde ich ohnehin spannend und dann hier noch die Umkehr der eurozentrischen Erzählungen von Eroberungen und Entdeckungen? Her damit, dachte ich mir nur und setzte das Buch prompt auf die Leseliste.

Wenn kleine Dinge die ganze Weltgeschichte verändern…
Der Klapptet des Buches hat mich wahnsinnig neugierig gemacht. Wie wird es wohl sein, wenn die Europäer mal nicht erobern, sondern erobert werden? Welche Auswirkungen hat das auf Europa und den Machtverhältnissen dort? Wie vermischen sich die Kulturen, vermischen sie sich überhaupt? Wie ändert sich der Alltag der Menschen und, die ganz große Frage, die der Klapptext ja auch stellt: Wie sähe unsere Welt heute aus? All diese Fragen schwirrten schon durch meinen Kopf, bevor ich auch nur die erste Seite aufschlug und ich freute mich sehr darauf, wie Laurent Binet sie mir wohl beantworten würde.

Das Buch ist keine einzige lineare Erzählung, sondern eine Zusammenstellung mehrerer “Berichte”. Als Erstes haben wir eine nordische Saga, in der von Freydis Eriksdottir und ihre Reise nach Amerika erzählt wird. An dieser Stelle ändert Binet zum ersten Mal die Weltgeschichte grundlegend. Indem er die Wikingerin bis nach Südamerika vordringen lässt, ändert er zwei ganz entscheiden Faktoren, die später in unserer Realität den Untergang der großen amerikanischen Zivilisationen maßgeblich beeinflussten: Pferde, Eisenwaren und Viren. Die Dominanz der Kavallerie, der geschärften Metallwaffen und die fehlende Abwehr gegen europäische Krankheiten waren entscheidend dafür, dass die Europäer den großen Doppelkontinent in die Knie zwingen konnten. Indem aber Binet die amerikanischen Indigenen schon gut 500 Jahre früher in Kontakt mit den Viren und in den Besitz von Pferden und dem Wissen zur Eisenverarbeitung brachte, änderten sich die Voraussetzungen europäischer Eroberungsambitionen grundlegend.

Das muss in Binets Alternativwelt dann auch Christoph Kolumbus feststellen, von dessen nun eher unrühmlichen Reise Tagebucheinträge im zweiten Abschnitt des Buches berichten. Und hier ist die zweite entscheidende Änderung: Kolumbus kehrt nie nach Europa zurück und errichtet dementsprechend auch nicht von Gold und anderen Reichtümern in der “neuen Welt”, weshalb die Europäer weder vom Doppelkontinent erfahren, noch Begehrlichkeiten nach den Schätzen dort entwickeln und dementsprechend keinen Anlass mehr haben, sich auf den Weg zu machen. Die Inkas hingegen schon …
Und damit wären wir bei dem Teil, der den Großteil des Buches ausmacht. Den Bericht vom großen Eroberungsfeldzug des Inkakönigs Atahualpa.

Der Sonnenkönig in Europa
Also, wie kann das Wunder geschehen, mit 200 Männer und Frauen einen halben Kontinent zu erobern und das ohne, wie es in der Realität bei Francisco Pizarro der Fall war, mit der Überlegenheit von Pferden, Eisenwaffen und Seuchen im Gepäck? Was unmöglich erscheint, erzählt Binet auf gekonnte Art und Weise. Dabei zeigt sich, dass der Autor auch Historiker ist. Trotz des augenscheinlich abwegigen Szenarios schafft er es, die Erzählung über Atahualpa Eroberungsfeldzug glaubhaft erscheinen zu lassen, indem er reale historische Ereignisse abwandelt und auch zahlreiche Persönlichkeiten dieser Zeit auftreten lässt: große Namen wie, Karl V., Martin Luther, El Greco, Michelangelo, Lorenzino de Medici, Erasmus von Rotterdam oder Machiavelli in Erwähnung, um nur einige zu nennen. Mit zielsicherem Blick und scharf, wie ein Skalpell nimmt Binet die europäische Gesellschaft und das fragile Machtverhältnis des 16. Jahrhundert auseinander und gestattet dem/der Leser/in durch die Augen eines Außenstehenden wie Atahualpa einen neuen Blick auf Europa. Dabei bekommt der/die Leser’in zwar nicht unbedingt eine südamerikanische Perspektive (man merkt immer noch, dass dies ein Buch eines Europäers über Europa ist), aber trotzdem veranschaulicht die Umkehr von “alte” und “neue Welt”, die Absurdität europäischer Übergelegenheitsgedanken. Dabei sind nicht alle Ereignisse allzu ernst zu nehmen (oft hat Atahualpa auch einfach verdammtes Glück), vielmehr gleicht das Buch einer Parodie oder Satire auf europäische Gepflogenheiten, das Christentum und allgemein dem Eurozentrismus.

Doch das Buch regt nicht nur zur Infragestellung der “europäischen Vormachtstellung” in der Geschichtsschreibung an, sondern ist auch einfach wahnsinnig amüsant. Denn Binet schafft es gleichzeitig, die Geschichte sehr temporeich und unterhaltsam zu erzählen. Wenn Heinrichs VIII. von England zum Sonnenglauben wechseln will, weil der die Polygamie erlaubt und das ganz bequem sein Problem mit dem Papst wegen Anne Boleyn lösen würde, oder die 95 Sonnenthesen fundamentale christliche Glaubensgrundsätze infrage stellen, dann muss man schon schmunzeln, ob dieser Parodien europäischer Geschickte. Diese neuen Wendepunkte der Geschichte mitzuverfolgen machte mir unheimlich viel Spaß und da der Autor eine eher lockere Erzählweise hat, liest sich das alles auch gar nicht so trocken, wie es zuerst klingen mag. Im Gegenteil. In Momenten, wo Atahualpa vor den Spaniern fliehen muss oder auf Eroberungsfeldzug ist, liest sie das Buh schon fast wie ein Abenteureroman.

und da war es einfach vorbei
Ich hatte so viel Spaß mit Atahualpas Chronik, dass ich schon ein bisschen traurig war, als sie endete und der vierte und letzte Teil des Buches begann. Aber ich freute mich auch, da ich dachte, dass wir nun weiter in der Zeit voranschreiten und erfahren, wie sich der Eroberungsfeldzug der Inkas auf die späteren Jahrhunderte ausgewirkt hat, ja vielleicht sogar die Gegenwart, wie es der Online Verkaufstext mit der Frage “Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt?” suggerierte.
Leider war dieser Werbetext die reinste Irreführung und meine Enttäuschung groß: Statt das Gedankenspiel der Inkas in Europa groß weiterzudenken, spielt die letzte Episode nur wenige Jahre nach der dritten und erzählt eine alternative Lebensgeschichte von Miguel de Cervantes und die ist ehrlich gesagt furchtbar langweilig gewesen und trug, wie ich finde, auch nichts wirklich Neues mehr an Erkenntnissen oder zu Binets alternative Welt bei. Stattdessen wirkt sie fast schon losgelöst ans Ende hinten dann geklatscht, wie eine Bonusstory zum eigentlichen Roman. Den Teil hätte man meinem Empfinden nach komplett streichen können. Dann hätte ich zwar immer noch bedauert, dass das Gedankenexperiment nicht fortgeführt wurde, hätte mich aber immerhin nicht durch diese zähen letzten 40 Seiten quälen müssen.

Fazit:


Laurent Binets Eroberung bietet eine faszinierende Umkehr der uns bekannten Geschichtserzählungen von “Eroberung und Entdeckungen”. Durch die geschickte Verknüpfung von Fiktion und historischen Ereignissen entsteht eine temporeiche und unterhaltsame Lektüre, die zum Nachdenken über eurozentrische Vorstellungen anregt und dabei auch ziemlich unterhaltsam ist. Lediglich der letzte Abschnitt erschien mir ziemlich langweilig und überflüssig, aber den ignorierend möchte ich das Buch euch sehr ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 03.06.2023

Spannende Alternativhistorie

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Dieser Roman berichtet im Stile verschiedener historischer Quellen von einer Alternativgeschichte, in welcher eine Vikingerin zunächst mit ihrer Gefolgschaft entlang der Küste von Nord-, Mittel- und nördliches ...

Dieser Roman berichtet im Stile verschiedener historischer Quellen von einer Alternativgeschichte, in welcher eine Vikingerin zunächst mit ihrer Gefolgschaft entlang der Küste von Nord-, Mittel- und nördliches Südamerika segelt, überall einmal anlegt und dann tiefgreifend die Geschichte der besuchten Völker beeinflusst. Als Kolumbus später über den Atlantik segelt, trifft er auf wehrhafte Völker, die ihm seine Heimreise verwehren. Und umgekehrt, Ende des 15., Anfang des 16. Jahrhunderts erobern die Inkas tatsächlich Westeuropa, bringen die uns bekannte Geschichte mächtig durcheinander und treffen auf viele historische Persönlichkeiten.

Eine Stärke des Romans: Interessant erzählt und dabei trotzdem lehrreich sowohl bezogen auf die damaligen mittel- und südamerikanischen Völker als auch bezogen auf die europäische Geschichte. Durch mein erworbenes Schulwissen hatte ich bisher nie einen so guten Überblick, wer eigentlich von wem im 15./16. Jh. Zeitgenosse war. Auch die ganzen Verbandelungen von Religion und Staat waren mir nur als Fakten bekannt, aber bisher nicht wirklich greifbar. Obwohl der Roman eine andere Geschichte erzählt, steckt viel Wahres in ihm.

Doch Obacht, man sollte sich nicht von den ersten Seiten des Buches abschrecken lassen. Diese sind im Stile alter nordischer Sagen geschrieben und wirken zunächst einmal sehr trocken. Das ändert sich hin zu einer lebhaften Erzählung mit dem ein oder anderen Überraschungsgast. Zum Ende hin hätte ich mir - wenn vielleicht auch im Schnelldurchlauf - eine kleine "Prognose" gewünscht, wie sich Europa und Mittel-/bzw. Südamerika über das 16.Jh. hinaus entwickelt hätten in dieser Alternativgeschichte. Wir verbringen zum Schluss sehr viel Zeit im Turm mit Michel de Montaigne, El Greco und Miguel de Cervantes, da hätte ich mir etwas mehr Ausblick auf die kommenden Jahrhunderte gewünscht.

Aber gut, insgesamt handelt es sich hierbei um einen gelungenen Roman, der ein interessantes Gedankenexperiment durchspielt. Europa und die Welt (aber doch vor allem Europa) hätten definitiv so einiges von den Inkas lernen können. Eine empfehlenswerte Lektüre.

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