Dein Kind?
Wer einen typischen Thriller mit einem Serienkiller, vielen Mordopfern und einem Ermittlerteam erwartet, der wird von "Dunkelmädchen" enttäuscht sein. Der Thrill ist hier nämlich viel subtiler und zwischen ...
Wer einen typischen Thriller mit einem Serienkiller, vielen Mordopfern und einem Ermittlerteam erwartet, der wird von "Dunkelmädchen" enttäuscht sein. Der Thrill ist hier nämlich viel subtiler und zwischen den Zeilen versteckt.
Dafür sorgt allein schon das Setting, das am Anfang des Buches gewählt wird. Die Familie macht nämlich sechs Wochen auf einer Burg, die gerade renoviert und ausgebaut wird. Die Autorin schafft es trotzdem - oder gerade deswegen - eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, die die ganze Zeit anhält: Sei es die Kälte, die durch die Ritzen zieht, der pfeifende Wind, der halbverfallene Turm oder die kläffenden Hunde der Vermieter. Ich habe mich beim Lesen die ganze Zeit von der weg gewünscht und mich gefragt, warum man sich dort freiwillig aufhalten möchte.
Im Mittelpunkt des Buches steht Elena. Die junge Mutter hat das Gefühl, dass ihre Tochter nicht ihr eigenes Fleisch und Blut ist, kann sich die Gefühle aber nicht erklären. Keiner glaubt ihr, im Gegenteil - sie wird für verrückt erklärt und sucht sich professionelle Hilfe. Durch ihre Gedankengänge und die Albträume, die sehr plastisch beschrieben werden, steigt der Spannungsfaktor noch weiter - zusammen mit dem Setting war ich wirklich gefesselt.
Der nächste Punkt, der mir wirklich gut gefallen hat, war, dass alles so realistisch herübergekommen ist. Ich hatte kein einziges Mal das Gefühl, dass die Story zu aufgesetzt oder übertrieben ist. Alles war in sich schlüssig und glaubhaft. Obwohl ich noch keine Mutter bin, kann ich mir vorstellen, dass es mit einem Kleinkind nicht immer leicht ist und man auch Gefühle hat, die man in der Öffentlichkeit besser nicht äußert, um nicht als Rabenmutter zu gelten. Es ist sicher auch ein Tabu-Thema, das von der Autorin hier angesprochen und aufgegriffen wird.
Die ganze Zeit über rätselt man natürlich, was hinter Elenas Verhalten und ihren Gedanken stecken könnte. Man ist hin- und hergerissen, ob man sie - wie ihr Ehemann - abstempeln soll, oder ob doch mehr dahinter steckt. Ich hatte mir ziemlich früh eine Theorie zurechtgelegt und diese wurde auch bestätigt. Zwar kamen die Hintergründe erst nach und nach ans Licht, aber den Grundgedanken hatte ich schon nach der Hälfte des Buches richtig. Das fand ich an sich ein bisschen schade, denn ich wurde nicht mehr überrascht, als es auf das Ende zu ging. Es wurden nur lose Ende noch miteinander verknüpft.
Damit will ich nicht sagen, dass die Story vorhersehbar ist. Ich denke, dass der Schluss und die Auflösung für viele Leser eine Überraschung sein wird. Mir hat es aber ein bisschen die Spannung genommen. Deswegen vergebe ich 4 Sterne und freue mich schon auf das nächste Buch von Heike Fröhling bzw. Leonie Haubrich.