Die Geschichte einer Emanzipation
Madeline Miller hat sich an eine Neuinterpretation der Erzählung über Circe gewagt, der mythischen Tochter des Gottes Helios, die als Hexe auf eine einsame Insel verbannt wurde. Von ihrer frühesten Kindheit ...
Madeline Miller hat sich an eine Neuinterpretation der Erzählung über Circe gewagt, der mythischen Tochter des Gottes Helios, die als Hexe auf eine einsame Insel verbannt wurde. Von ihrer frühesten Kindheit sieht man die Götter und Helden durch Circes Augen, anfangs noch verklärt und abhängig von ihrer Aufmerksamkeit, aber während ihrer Jugend und in den ersten Jahren ihrer Verbannung wird sie kritischer, sieht hinter die Fassaden. Madeline Miller hat einen ungewöhnlichen, fast soghaften Erzählstil, der Leser wird mit Circe zusammen erwachsen, löst sich von ihrer Familie, macht Fehler und lernt aus ihnen. Die Autorin legt Circes Gefühle offen in einer bildhaften, betörenden Sprache, dadurch habe ich Circe nie als Göttin oder bloße Figur eines Mythos gesehen, sondern immer als Frau, die ihren Weg geht, sich verliebt, Mutter wird, sich nach dem Erwachsen werden ihres Sohnes wieder neu erfindet. Für mich ist "Ich bin Circe" die Geschichte einer Emanzipation, und das um so mehr, weil Circe im männlichen Heldenepos um Odysseus als gefährliche Verführerin und Hexe dargestellt wird.