Wirklich frei?
Den autobiografischen Roman von Betty Mahmoody „Nicht ohne meine Tochter“ fand ich vor vielen Jahren sehr spannend. Hier erzählt die Tochter Mahtob nun von ihrem Leben. Ich war gespannt, wie es ihr ergangen ...
Den autobiografischen Roman von Betty Mahmoody „Nicht ohne meine Tochter“ fand ich vor vielen Jahren sehr spannend. Hier erzählt die Tochter Mahtob nun von ihrem Leben. Ich war gespannt, wie es ihr ergangen ist, was aus ihr geworden ist und wie sie die schrecklichen Erlebnisse verarbeitet hat.
Sie erinnert sich an ihrer gemeinsame Familienzeit in den USA und die Reise nach Teheran, die ihr Leben so entscheidend veränderte. Das Leben dort war gänzlich anders, eine völlig andere Kultur, dazu die Bombenangriffe durch den Iran und die strengen Vorschriften, die durch die Islamische Revolution eingeführt und überwacht wurden. Für ein Kind auch ohne die drastische Veränderung des Vaters in einen gewalttätigen Despoten sicher traumatisch.
Nach der geglückten Flucht lebte sie einige Zeit unter einem anderen Namen, um einer befürchteten Entführung durch den Vater oder dessen Familie zu entgehen. Die Veröffentlichung des Buches der Mutter machte die Familie berühmt und sorgt auf diese Weise für einen gewissen öffentlichen Schutz. Sie wurde von der Mutter zu vielen offiziellen Veranstaltungen mitgenommen und führte ein privilegiertes Leben. Später erkrankte sie an Lupus, einer Autoimmunerkrankung, die sie in München behandeln ließ. Sie machte den Bachelor in Psychologie und interessierte sich hier besonders für Resilienz, weil sie diese bei sich auch sehr stark sieht.
Kontaktaufnahmen des Vaters hat sie stets verweigert, ihre persischen Wurzeln lebt sie aber nach eigenen Angaben mit typischen Festen.
Mathob ist tief gläubig, was sehr stark in dem Buch mitschwingt, ihr Glaube hat ihr stets Kraft gegeben.
Der erste Teil war aufgrund der Handlung spannend, obwohl dieser Teil bekannt war. Danach erzählt sie sehr selektiv, verschweigt Vieles, bzw. deutet nur an. Das Buch bekommt hier viele Längen, da sie sich sehr um sich selbst dreht, dabei beweihräuchert sie sich und ihre Mutter sehr.
Einiges erschien mir nicht glaubwürdig, u.a: Kinder erinnern i.d.R. nicht so genau so viele frühe Kindheitsbegebenheiten doch Mahtob schildert detaillierte Erlebnisse vor der Reise in den Iran. Dass sie als Fünfjährige, die von der Mutter isoliert und vom Vater bedroht wurde aus dem christlichen Glauben, den sie verheimlichen musste, so immense Kraft schöpfen konnte, erscheint wenig kindlich. Auch dass sie nach der Flucht in den USA soviel Interviews als Acht- und Neunjährige gab ohne von einer Bezugsperson begleitet zu werden, kam mir komisch vor. Sonst wurde sie überbehütet. Dass sie den vielen intensiven Nachfragen nach den Namen der Helfer nicht nachgab, ist wirklich ein Wunder.
Auf mich macht die Autorin keinen gefestigten sicheren Eindruck, sie scheint die Erlebnisse im Iran, aber auch die anschließenden in den USA nicht richtig verarbeitet zu haben. Sie scheint sich Vieles schön zu reden, kreist um sich selbst und ergötzt sich auch an ihrer eigenen Person. Andere Meinungen kann sie nicht gut akzeptieren. Einem Nennonkel, der ihre Situation und ihr Verhalten anders einschätzt und hinterfragt, schneidet sie jahrelang. Als sie ihre Meinung später ändert beschönigt sie wieder alles. Diese Superlative sind in der Wiederholung ohne Handlung am Ende etwas anstrengend.
Dennoch fand ich das Buch im Nachgang schon interessant, es zeigt wie es von einem Elternteil entführten Kindern geht und was sie für Ängste mit sich tragen bzw, verarbeiten müssen. Dass der Glaube eine Stütze und Hilfe sein kann, glaube ich, aber hier schlug es mir sehr ins Extreme um.
Die Einblicke in das Leben im Iran im Krieg aus der Sicht eines Kindes aber auch die Jugendzeit in den USA wurden gut geschildert. Insgesamt dreht sich die Autorin aber zu viel um sich selbst und verrennt sich oft, da sie nach eigenen Angaben Wissenschaftlerin ist, passt dies nicht richtig zueinander.
Aufgrund der genannten Kritikpunkte gibt es von mir nur drei Sterne