Ein Roman wie eine Performance – distanziert und schwer zugänglich.
In ihrem Roman "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" erzählt Martina Hefter von Juno, einer Frau, die tagsüber ihrem schwerkranken Mann Jupiter hilft und nachts mit Love-Scammern im Internet chattet. Es ...
In ihrem Roman "Hey guten Morgen, wie geht es dir?" erzählt Martina Hefter von Juno, einer Frau, die tagsüber ihrem schwerkranken Mann Jupiter hilft und nachts mit Love-Scammern im Internet chattet. Es ist eine Geschichte über Bedürfnisse, Sehnsüchte und die Suche nach einem Ausweg aus dem eintönigen Alltag. Hefter, geboren 1965 in Pfronten, ist ausgebildete Tanzpädagogin, arbeitete als Tänzerin und studierte am Literaturinstitut in Leipzig. Ihre künstlerische Arbeit prägt ihren nüchternen und distanzierten Schreibstil, der auch in diesem Roman deutlich wird.
Um was gehts konkret?
Juno kümmert sich aufopferungsvoll um ihren kranken Ehemann, doch nachts flieht sie in eine andere Welt. Im Internet chattet sie mit Männern, die sie betrügen wollen, doch sie lässt sich nicht auf deren Tricks ein. Stattdessen nutzt sie diese Gespräche als Ventil für ihre eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte. In dieser anonymen Online-Welt kann sie sich frei entfalten, während sie in ihrem realen Leben gefangen zu sein scheint. Als sie auf Benu trifft, einen Mann, der sie durchschaut, beginnt eine unerwartete Verbindung, die Junos Leben und Gedanken weiter durcheinanderbringt.
Meine Meinung
Ich habe das Buch vor allem deshalb gelesen, weil der Klappentext vielversprechend klang und es auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2024 stand. Der Umfang des Buches ist überschaubar, was es theoretisch zu einer schnellen Lektüre macht, doch leider konnte mich weder der Schreibstil noch der Inhalt überzeugen. Der Schreibstil von Martina Hefter ist sehr nüchtern und distanziert, was es mir schwer gemacht hat, emotional einzutauchen oder eine Verbindung zu den Charakteren aufzubauen. Vieles bleibt zwischen den Zeilen verborgen, was an sich reizvoll sein kann, hier aber eher zu Verwirrung geführt hat.
Immer wieder wird auf griechische Mythologie angespielt, insbesondere auf die Namen Juno und Jupiter, doch ich konnte keinen klaren Bezug dazu erkennen. Auch blieb für mich unklar, welches das zentrale Thema des Romans sein sollte: Ist es eine Auseinandersetzung mit Rassismus, Kapitalismus, Sexismus oder Online-Identitäten? Oder doch eher eine Reflexion über das Leben als pflegende Angehörige? Diese Vielzahl an möglichen Themen führte für mich zu einer thematischen Überfrachtung, ohne dass eines wirklich vertieft wurde.
Die Charaktere blieben blass und ich konnte weder Sympathie noch echtes Interesse für sie entwickeln. Besonders Juno erschien mir distanziert und ihrem eigenen Leben gegenüber gleichgültig. Ihre Flucht in die Welt der Love-Scammer mag spannend klingen, aber die Umsetzung ließ für mich die nötige emotionale Tiefe vermissen.
Der Roman liest sich in gewisser Weise wie eine Theaterperformance, bei der man als Zuschauende:r außen vor bleibt und das Geschehen lediglich beobachtet. Ich konnte den Handlungen der Figuren nicht immer folgen, und der ständige Wechsel zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft machte es mir zusätzlich schwer, mich auf die Erzählung einzulassen.
Fazit
"Hey guten Morgen, wie geht es dir?" hat ein interessantes Konzept, bleibt aber in der Umsetzung leider distanziert und verwirrend. Die vielen angedeuteten Themen und die blassen Charaktere haben es mir schwer gemacht, eine emotionale Verbindung zu finden. Für mich hat der Roman nicht funktioniert, weshalb ich nur 2 von 5 Sternen vergebe.