Ganz nett, aber enttäuschend
Beim ersten Band Jade & Shep schieden sich die Geister: die einen waren hellauf begeistert, die anderen waren eher enttäuscht, wenn nicht gar abgestoßen. Beide Meinungen hatten ihre Daseinsberechtigung, ...
Beim ersten Band Jade & Shep schieden sich die Geister: die einen waren hellauf begeistert, die anderen waren eher enttäuscht, wenn nicht gar abgestoßen. Beide Meinungen hatten ihre Daseinsberechtigung, wie ich fand. Es kommt eben darauf an, welche Prioritäten man setzt. Ich selbst fand die Geschichte zwar unterhaltsam und habe irgendwann auch gut mitgefiebert, aber so richtig vom Hocker gehauen hat mich Monica Murphy diesmal nicht. Deshalb war ich gespannt, ob sie es im zweiten Band der Fair Game-Trilogie schaffen würde.
Leider dauerte es sehr lange, bis ich überhaupt ein Interesse an den Figuren entwickelt habe. Lucy und Gabriel sind in meinen Augen absolute 08/15-Charaktere, die sich von einem Klischee zum anderen hangeln und kaum eigene Merkmale mitbringen. Lucy ist da noch etwas vielschichtiger als Gabriel, aber auch sie erfüllt einfach das Klischee des armen Mädchens mit der tragischen Vergangenheit, das durch einen glücklichen Zufall in das Leben des reichen Schnösels stolpert und auf einmal das große Glück findet. Dabei ist es sich aber natürlich nicht bewusst, dass es wunderschön und besonders ist, sondern kritisiert immer wieder das eigene Äußere. Gabriel erscheint mir wie der typische junge Mann, der auf Kriegsfuß mit seinen mordsmäßig reichen Eltern steht und insgeheim ordentlich rebelliert (er führt ein illegales Casino in seinem Wohnzimmer, verdammt!), aber auch gern das Geld seiner Eltern ausgibt. Dabei ist er ein absolut machohaftes Arschloch, das nicht unbedingt durch einen geringen Frauenverschleiß Aufsehen erregt, und das erste, was er an seiner Neuen bemerkt, sind deren körperliche Merkmale. Welch Seltenheit in der aktuellen Buchkultur!
Nun habe ich nichts gegen Klischees und typisierte Charaktere. Ich lese solche Geschichten wie diese eigentlich recht gern. Auch mit einer ziemlich großen Ansammlung von Sexszenen habe ich kein Problem (ich habe Feuer und Stein von Diana Gabaldon (und alle Folgebände) überstanden – das härtet diesbezüglich ab.). Was mich stört, sind die flachen Charaktere ohne Tiefgang, ohne Hintergrund; das Fehlen von interessanten Nebenfiguren; die stagnierende Handlung. Es gab nichts, was mich überrascht hat. Absolut gar nichts. Und auch das ist nicht immer schlecht, denn manchmal möchte man als Leser eben auch mal recht haben. Es ist die Kombination aus all dem, die dazu führt, dass für mich bei Lucy & Gabriel einfach nicht der Funke übergesprungen ist.
Monica Murphy holt viel aus dieser flachen Story mit noch farbloseren Figuren heraus, indem sie so ansprechend wie möglich schreibt. Trotzdem bin ich von Lucy & Gabriel ziemlich enttäuscht. Mir fehlt das gewisse Etwas, Punkt.
Fazit
Es ist eine nette Geschichte für zwischendurch, um vom Alltag abzuschalten oder sich einfach fallen zu lassen, aber wer Inspiration, eine emotionale Achterbahnfahrt oder auch einfach das nächste Lieblingsbuch erwartet, der wird vermutlich enttäuscht werden.