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Veröffentlicht am 09.07.2024

Über die eine große Liebe des Lebens

Man sieht sich
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„Man sieht sich“ ist ein schöner, gediegener Roman, der sich viel Zeit nimmt zwei Lebensgeschichten mit allen Höhen und Tiefen zu erzählen. Diese kreuzen sich immer wieder und zwischen den Protagonisten ...

„Man sieht sich“ ist ein schöner, gediegener Roman, der sich viel Zeit nimmt zwei Lebensgeschichten mit allen Höhen und Tiefen zu erzählen. Diese kreuzen sich immer wieder und zwischen den Protagonisten besteht eine sehr enge Verbindung.

Das Cover stellt eine grafische Verbildlichung des Plotts dar, was ich als sehr gelungen empfinde. Mich hat das Cover angesprochen - nur typografisch hätte man die Aufteilung so gestalten können, dass der Text ausgeglichener platziert werden kann.

Frie und Robert lernen sich als Teenager in der Schule kennen und entwickeln eine sehr enge freundschaftliche und vertrauensvolle Beziehung. Doch während der eine auf mehr hofft, strebt die andere, geprägt von ihrer Familie, nach Freiheit und Unabhängigkeit.

Als Leser begleiten wir die beiden Protagonisten nun auf ihren Lebenswegen, die sich immer mal wieder trennen und auch wieder kreuzen. Die Liebe der beiden, Hoffnung, Enttäuschung, Trauer und Glück spielen dabei eine zentrale Rolle. Auch der Freiheitsbegriff wird auf unterschiedliche Art und Weise beleuchtet. Dabei wird auch thematisiert, dass das Leben nicht immer so verläuft, wie man es als junger Mensch plant.

Wir begleiten die beiden Freunde insgesamt über mehr als 30 Jahre, beginnend in den späten 1980ern. Meiner Meinung nach werden das Lebensgefühl und der Alltag in den jeweiligen Zeiten sehr gut eingefangen und wiedergegeben.

Insgesamt erzählt der Roman sehr ausführlich, langsam und unaufgeregt - teilweise fast schon wie eine Auflistung an Geschehnissen. Wenn man im hinteren Teil des Romans an den Anfang zurück denkt, hat man tatsächlich das Gefühl, dass diese Handlung schon ewig her ist. Als hätte man das Leben mitgelebt. Interessanterweise hat mich die Handlung dennoch mitgenommen - ich habe es nicht als langatmig empfunden, wahrscheinlich einfach, weil man die Charaktere so gut kennen lernt.

Ich muss aber auch sagen, dass die Liebesbeziehung mich nicht so richtig gepackt hat. Egal ob Drama oder Glück - ich habe es so hingenommen ohne emotional stark mitzufiebern.

In der Hörbuchfassung wird die Geschichte von Katrin Daliot gelesen. Ich kannte die Sprecherin zuvor nicht und musste mich auch erst hineinhören. Nicht so sehr wegen der Stimmfarbe, die ich als angenehm empfinde, sondern eher wegen des Vorlesestils. Der kam mir anfangs etwas unemotional, teils fast geleiert vor. Je länger ich gehört habe, desto mehr bin ich aber zu der Überzeugung gekommen, dass der Stil sehr gut zum Stil des Buches passt und ich konnte mich gut darauf einlassen. Sehr gut gefallen hat mir eine kurze Passage, in der Robert und Frie zweistimmig singen oder wenn Mundart zum Einsatz kam. Das wurde wirklich sehr schön umgesetzt und war ein kleines akustisches Highlight.

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Veröffentlicht am 04.07.2024

Fesselnd, faszinierend, bedrückend

Darwyne
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Darwyne wächst zusammen mit seiner Mutter in einem Slum am Rande des Amazonas Regenwaldes auf. Geboren mit einer Fehlstellung der Füße liebt er seine Mutter abgöttisch während diese ihn verachtet und mit ...

Darwyne wächst zusammen mit seiner Mutter in einem Slum am Rande des Amazonas Regenwaldes auf. Geboren mit einer Fehlstellung der Füße liebt er seine Mutter abgöttisch während diese ihn verachtet und mit erschreckenden Mitteln versucht zu „richten“.

Nur eine Mitarbeiterin des Jugendschutzes erkennt die Begabung des Jungen, der eine starke Verbindung zum Dschungel und der darin lebenden, vielfältigen Tierwelt spürt und lebt.

Die Situation, in der Darwyne aufwächst ist aus seiner Sicht sehr nüchtern, fast relativierend beschrieben und verdeutlicht wie stark die Liebe des Kindes zu seiner Mutter ist und was er alles zu akzeptieren bereit ist, um ihr zu gefallen. Als außenstehender Leser ist diese Beziehung sehr bedrückend, ja verstörend. Umso mehr als Darwyne hier exemplarisch für viele physisch oder emotional misshandelte Kinder steht.

Im Wald findet der Junge Ruhe und zu sich selbst und der Autor nimmt uns mit in den Amazonas und lässt die schützenswerte Tierwelt, die Vegetation und die Geräuschkulisse für uns lebendig werden. Hierbei lässt er sich von der lokalen Mythologie rund um das zauberhafte Waldwesen Maskilili bzw. Curupira inspirieren, was wirklich meisterhaft und auf eine sehr dezente und authentische Weise gelungen ist.

Darwyne ist vielleicht kein klassischer Thriller, aber ein spannendes Buch, das mich mehr und mehr in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen hat. Ein Buch mit einer starken Botschaft und einer gelungenen Mischung aus Realität mit leichten phantastischen Einflüssen. Ein absolutes Highlight.

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Veröffentlicht am 04.07.2024

Beeindruckendes Unterwasser-Worldbuilding

Secrets in the deep
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Protagonistin Linnéa wünscht sich nichts mehr, als endlich als Journalistin durchzustarten und einen großen Artikel zu veröffentlichen. Doch während einer Recherchereise findet sie sich plötzlich in den ...

Protagonistin Linnéa wünscht sich nichts mehr, als endlich als Journalistin durchzustarten und einen großen Artikel zu veröffentlichen. Doch während einer Recherchereise findet sie sich plötzlich in den Fängen einer unbekannten Spezies, viele Meter unter der Meeresoberfläche wieder. Dort lernt sie ihren Entführer näher kennen und es ist spannend zu lesen, wie sich die beiden Charaktere annähern.

Besonders gelungen ist das Worldbuilding. Mit viel Detailreichtum und Phantasie hat die Autorin eine beeindruckende Unterwasserwelt geschaffen. In jedem Satz scheint ihre Liebe für unsere Meere und die darin lebenden Tiere und Pflanzen durch. Bei dem Zusammentreffen der Protagonistin mit Mantas, Putzerfischen und Delfinen wird das Setting lebendig und ruft einem einmal mehr in Erinnerung, wie schützenswert die bunte Artenvielfalt in den Weltmeeren ist.

Hinzu kommt die Spezies der Aqua‘lu, die sich evolutionär und kulturell schon vor tausenden von Jahren anders entwickelt hat und nun mit allen Mitteln versucht, ihren Fortbestand und ihr Überleben im Geheimen zu sichern. Auch hier hat die Autorin eine große Phantasie bewiesen und der Clash zwischen den Kulturen ist sehr einfallsreich und unterhaltsam beschrieben.

Stilistisch musste ich mit dem Buch ehrlich gesagt erst etwas warm werden. Es liest sich insgesamt sehr flüssig und gut, benutzt hier und da aber ein paar eigenwillige Formulierungen, über deren Sinn ich dann erst nachdenken musste. Daran konnte ich mich aber gewöhnen, denn die Geschichte war wirklich schön und fesselnd - kann ich durchaus empfehlen.

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Packend und vielschichtig erzählt

Mordsmann
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Autor des Buches ist Ernst Geiger, der in den 1990er Jahren leitender Ermittler in einem der bekanntesten und aufsehenerregendsten Fälle Österreichs war. Er arbeitet den kompletten Fall Jack Unterweger ...

Autor des Buches ist Ernst Geiger, der in den 1990er Jahren leitender Ermittler in einem der bekanntesten und aufsehenerregendsten Fälle Österreichs war. Er arbeitet den kompletten Fall Jack Unterweger noch einmal auf und bringt dabei eine Vielzahl an Perspektiven mit ein. Darauf muss man sich auf jeden Fall einstellen, denn außer seiner eigenen kommen auch die Sichtweisen einiger Opfer und ihrer Angehörigen, der Presse, der internationalen Ermittler, der Gutachter und die des Täters zum Tragen.

Auch wenn der Fall und dessen Ausgang bekannt sind, bietet „Mordsmann“ mit seinen kurzen, wechselnden Kapiteln und der Erzählung rund um einen faszinierenden Narzissten, eine gute und spannende Unterhaltung und vermittelt viele Einsichten und Details.

Insbesondere die psychologischen Aspekte haben mich sehr gefesselt - die Beschreibung, wie Jack sich verhalten hat, wie er von den Menschen - überwiegend Frauen - wahrgenommen wurde, welche manipulative Kraft und Selbstsicherheit er ausstrahlte und was die Gutachter dazu gesagt haben.

Ein rundum gelungener True Crime Roman, in dem der Autor auch einen sehr persönlichen Einblick in sein Leben als Mordermittler erlaubt. Für alle Fans wahrer Kriminalfälle eine absolute Empfehlung.

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Veröffentlicht am 21.06.2024

Rasante Jagd - ein wahrer Pageturner

Das falsche Blut (Ishikli-Caner-Serie 2)
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„Das falsche Blut“ ist schon der zweite Fall für die frühere Auftragskillerin der türkischen Mafia, Ishikli Caner. Mittlerweile arbeitet sie für den Militärischen Abschirmdienst in Deutschland und wird ...

„Das falsche Blut“ ist schon der zweite Fall für die frühere Auftragskillerin der türkischen Mafia, Ishikli Caner. Mittlerweile arbeitet sie für den Militärischen Abschirmdienst in Deutschland und wird in einen komplexen Fall rund um windige Unternehmer, Menschenhandel und Mord hineingezogen.

Ich kenne den ersten Band nicht und auch wenn dieser sicherlich noch einiges mehr an Informationen und Hintergrund über die toughe Kämpferin bereithälthabe ich bei der Lektüre nichts vermisst.

Besonders gut gefallen haben mir die Charaktere in dem Buch. Sowohl die Frauen als auch die Kinder zeigen allesamt Rückgrat und Selbstbewusstsein, sind schlagfertig und werden nicht zu armen schwachen Opfern stilisiert. Und das geschieht, ohne die Männer zu lächerlichen Figuren zu machen. Ganz im Gegenteil sind die Handelnden sich unabhängig vom Geschlecht ebenbürtig. Im Rahmen der rasanten Verfolgungsjagd, die auch stilistisch durch schnell wechselnde Perspektiven unterstützt wird, ist im Vorhinein nie klar, wer den Kürzeren zieht, was die Spannung natürlich enorm steigert.

Mir hat das Buch viel Spaß gemacht und spätestens ab dem letzten Drittel konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Den ersten Band werde ich auf jeden Fall nachholen während ich auf eine Fortsetzung hoffe.

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