Über die eine große Liebe des Lebens
Man sieht sich„Man sieht sich“ ist ein schöner, gediegener Roman, der sich viel Zeit nimmt zwei Lebensgeschichten mit allen Höhen und Tiefen zu erzählen. Diese kreuzen sich immer wieder und zwischen den Protagonisten ...
„Man sieht sich“ ist ein schöner, gediegener Roman, der sich viel Zeit nimmt zwei Lebensgeschichten mit allen Höhen und Tiefen zu erzählen. Diese kreuzen sich immer wieder und zwischen den Protagonisten besteht eine sehr enge Verbindung.
Das Cover stellt eine grafische Verbildlichung des Plotts dar, was ich als sehr gelungen empfinde. Mich hat das Cover angesprochen - nur typografisch hätte man die Aufteilung so gestalten können, dass der Text ausgeglichener platziert werden kann.
Frie und Robert lernen sich als Teenager in der Schule kennen und entwickeln eine sehr enge freundschaftliche und vertrauensvolle Beziehung. Doch während der eine auf mehr hofft, strebt die andere, geprägt von ihrer Familie, nach Freiheit und Unabhängigkeit.
Als Leser begleiten wir die beiden Protagonisten nun auf ihren Lebenswegen, die sich immer mal wieder trennen und auch wieder kreuzen. Die Liebe der beiden, Hoffnung, Enttäuschung, Trauer und Glück spielen dabei eine zentrale Rolle. Auch der Freiheitsbegriff wird auf unterschiedliche Art und Weise beleuchtet. Dabei wird auch thematisiert, dass das Leben nicht immer so verläuft, wie man es als junger Mensch plant.
Wir begleiten die beiden Freunde insgesamt über mehr als 30 Jahre, beginnend in den späten 1980ern. Meiner Meinung nach werden das Lebensgefühl und der Alltag in den jeweiligen Zeiten sehr gut eingefangen und wiedergegeben.
Insgesamt erzählt der Roman sehr ausführlich, langsam und unaufgeregt - teilweise fast schon wie eine Auflistung an Geschehnissen. Wenn man im hinteren Teil des Romans an den Anfang zurück denkt, hat man tatsächlich das Gefühl, dass diese Handlung schon ewig her ist. Als hätte man das Leben mitgelebt. Interessanterweise hat mich die Handlung dennoch mitgenommen - ich habe es nicht als langatmig empfunden, wahrscheinlich einfach, weil man die Charaktere so gut kennen lernt.
Ich muss aber auch sagen, dass die Liebesbeziehung mich nicht so richtig gepackt hat. Egal ob Drama oder Glück - ich habe es so hingenommen ohne emotional stark mitzufiebern.
In der Hörbuchfassung wird die Geschichte von Katrin Daliot gelesen. Ich kannte die Sprecherin zuvor nicht und musste mich auch erst hineinhören. Nicht so sehr wegen der Stimmfarbe, die ich als angenehm empfinde, sondern eher wegen des Vorlesestils. Der kam mir anfangs etwas unemotional, teils fast geleiert vor. Je länger ich gehört habe, desto mehr bin ich aber zu der Überzeugung gekommen, dass der Stil sehr gut zum Stil des Buches passt und ich konnte mich gut darauf einlassen. Sehr gut gefallen hat mir eine kurze Passage, in der Robert und Frie zweistimmig singen oder wenn Mundart zum Einsatz kam. Das wurde wirklich sehr schön umgesetzt und war ein kleines akustisches Highlight.